Leitartikel

Wer nicht will deichen ...

Wer nicht will deichen ...

Wer nicht will deichen ...

Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
Der Deich bei der Wiedauschleuse. Foto: Archiv Thomsen

Fachleute des für den Küstenschutz zuständigen dänischen Küstenschutzdirektorates erklären momentan, dass es keinen Grund zur Sorge hinsichtlich der Deichsicherheit gebe. Doch beunruhigend wirkt, dass viele andere Deichabschnitte gerade einmal eine Höhe von sechs Metern über Normalnull aufweise, meint Volker Heesch.

Wer in diesen warmen Sommertagen an der nordschleswigschen Westküste unterwegs ist, kann an der Wiedauschleuse bei Hoyer oft Besucher staunend vor der dortigen Sturmflutsäule stehen sehen. Der  bisherige Höchststand bei von einer Sturmflut an den Deich gedrückten Wassermassen ist mit 4,97 Metern an dem Holzmast gekennzeichnet – viel mehr Spielraum nach oben  ist auf dem Stamm nicht  vorhanden. Niemand kann angesichts des fortschreitenden Klimawandels  ausschließen, dass es in den nächsten  Jahrzehnten    nicht neue Rekordwasserstände gibt, denn Wissenschaftler haben berechnet, dass der Meeresspiegel weltweit jährlich aufgrund der abschmelzenden Gletscher mehrere Millimeter steigt – mit der Tendenz, dass sich die Entwicklung noch beschleunigt.  

Fachleute des für den Küstenschutz auch an der nordschleswigschen Westküste zuständigen dänischen Küstenschutzdirektorates erklären momentan, dass es keinen Grund zur Sorge hinsichtlich der Deichsicherheit gebe. Man verweist auf die Standfestigkeit des neuesten Deiches, des 1982  eingeweihten deutsch-dänischen Deiches von Emmerleff Kliff bis zum Hindenburdamm, der 7,45 Meter über Normalnull hoch ist, das ist der bisherige   Mittelwert des Meeresspiegels.  

Doch beunruhigend wirkt, dass  viele andere Deichabschnitte beispielsweise auf der Insel Röm oder im Raum Ballum  gerade einmal eine Höhe von sechs Metern über Normalnull aufweisen, der Römdamm erhebt sich  teilweise auch nicht einmal sechs Meter über Normalnull.

Panikmache ist nicht angesichts, aber angesichts der weltweit bisher nicht erkennbaren Bereitschaft, wirksame Maßnahmen zum Klimaschutz zu ergreifen, sollten gerade an der Wattenmeerküste rechtzeitig die Deiche erhöht werden – in Schleswig-Holstein passiert das bereits. Auch in Städten wie Hamburg und Bremen, wo steigende Wasserstände  besonders große Schäden nach sich ziehen können, wenn es zu Überflutungen kommt, werden ebenfalls systematisch Hochwasserschutzanlagen verbessert.

Hierzulande sollten Deichverstärkungen angepeilt werden, bevor es zu Deichbrüchen und Zerstörungen kommt. Vor Gefahr für Menschenleben ganz zu schweigen.  Das ist auch aus wirtschaftlichen Gründen ratsam, die  Regierung  weigert sich ja bekanntlich weiter, etwa früher selbstverständliche Kostenanteile bei Deicharbeiten zu übernehmen, die im Bereich der Marsch- und Koogslandschaften ganz andere Bedeutung haben als Hochwasserschutz an Sommerhausgebieten, deren Überflutung in den vergangenen Jahren eher zu politischen Reaktionen in Regierung und Parlament  führten als die Mahnungen von der Nordseeküste. Hoffen wir auf Einsicht vor einer katastrophalen Sturmflut, denn es gilt weiter der jahrhundertealte Spruch: Wer nicht will deichen, der muss weichen.

Mehr lesen

Leitartikel

Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
„Europäischer Erdrutsch“

Leitartikel

Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
„Die Bonus-Milliarden für die Minkzuchten sind eine Farce“