Leitartikel

Volkstreffen ohne Volk

Volkstreffen ohne Volk

Volkstreffen ohne Volk

Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
Borholm ist bereit für das Volkstreffen. Foto: Scanpix

Am kommenden Wochenende ist es wieder soweit - das Volkstreffen auf der Ostseeinsel Borholm. Wer glaubt, dass es beim Volkstreffen um ein Treffen mit dem Volk geht, liegt ganz falsch - meint Gwyn Nissen.

Am kommenden Wochenende ist es wieder soweit - das Volkstreffen auf der Ostseeinsel Borholm. Wer glaubt, dass es beim Volkstreffen um ein Treffen mit dem Volk geht, liegt ganz falsch - meint Gwyn Nissen.

Zu den Traditionen im Sommer gehört auch das „Folkemøde" auf Bornholm – am Wochenende ist es wieder so weit auf der Ostseeinsel. Doch wer glaubt, dass es bei dem Volkstreffen um ein Treffen mit dem Volk geht (!), liegt ganz falsch. Es ist eher ein jährliches Stelldichein von Politikern, Lobbyisten, Vertretern von Organisationen und Journalisten.

Die gute Idee für das Folkemøde hatte seinerzeit der langjährige Venstre-Minister Bertel Haarder. Seit 2011 findet das Treffen jährlich in Allinge auf Bornholm statt. Es ist laut Haarder das „Roskilde Festival der Politik – mit weniger Bier und mehr Gesprächen“.  Die Inspiration holte er sich aus Schweden, wo auf Gotland jeden Sommer die Almedalsveckan stattfindet.

Die dänische Ausgabe hat sich aber schnell in ein Tête-à-Tête für alles andere als das Volk entwickelt. Organisationen, Medien und Unternehmen buchen ganze Hotels, und für Herrn und Frau Jensen ist kaum mehr Platz auf der Insel. Es sei denn, sie wohnen fest auf der Urlaubsinsel.
Politiker und Organisationsvertreter machen keinen Hehl daraus, warum sie beim „Folkemøde" sind: um Einfluss bei den richtigen Leuten – sprich Regierungsvertretern – zu suchen. Nicht also, um sich mit dem Volk zu treffen. Ja, es ist schon so weit gekommen, dass immer mehr geschlossene Veranstaltungen durchgeführt werden – dort ist die Öffentlichkeit nicht einmal willkommen.

Aber der Steuerzahler begleicht dennoch die Rechnung auf Bornholm: Mehr als 48 Millionen Kronen Steuergelder werden laut Radio 24/7 in den kommenden Tagen verbraucht, wenn Vertreter aus Kommunen und Ministerien sich auf die Insel begeben. Nicht inbegriffen sind die Gehälter derer, die sich auf Bornholm aufhalten.

Ein Großteil der Ausgaben geht in die Sicherheit: Die Polizei hat ein Hotelschiff gemietet und eine Luftbrücke zwischen Roskilde und Rønne eingesetzt. Kosten für den Polizeieinsatz: rund 24 Millionen Kronen. Bornholm sei das Folkemøde gegönnt, aber sind wir ehrlich: Es ist ein Polittreffen, und dazu braucht man kein millionenteures „Volkstreffen“ auf einer Insel. Ein Zugticket in die Hauptstadt genügt.

Mehr lesen

Diese Woche In Kopenhagen

Walter Turnowsky ist unser Korrespondent in Kopenhagen
Walter Turnowsky Korrespondent in Kopenhagen
„Hurra, der Kindersegen ist ausgeblieben!“
Amelie Petry, Wencke Andresen

„Mojn Nordschleswig“

Jetzt im Podcast: Mit 18 nach Brüssel und die Trophäe aus Barcelona

Apenrade/Aabenraa Cornelius von Tiedemann begrüßt die Politik-Juniorinnen Amelie Petry und Wencke Andresen, die ihm von ihrer Reise nach Brüssel berichten – und Chefredakteur Gwyn Nissen, der aus Katalonien eine Überraschung mitgebracht hat. Walter Turnowsky befragt die Glaskugel nach dem Termin für die nächste Folketingswahl, und Helge Möller fordert Hannah Dobiaschowski in „Wer hat’s gesagt?“ heraus.