Leitartikel

Steuern und Flüchtlinge werden zum Haushaltspoker

Steuern und Flüchtlinge werden zum Haushaltspoker

Steuern und Flüchtlinge werden zum Haushaltspoker

Apenrade/Aabenraa
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Die Regierung verhandelt den Haushalt für das kommende Jahr. Foto: Scanpix

Die Regierung steht bei den Haushaltsverhandlungen mit schlechten Karten da – und einem Regierungschef, der diese Hand am liebsten gar nicht spielen würde. Jetzt muss er aber seine Karten voll ausreizen in einer Partie, die er so oder so fast nur verlieren kann, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

Dänemark hat noch keinen Haushalt für das kommende Jahr, was für dänische Verhältnisse eher ungewöhnlich ist. Zum einen kam die Kommunal- und Regionswahl dazwischen – und zum anderen gestalten sich die entscheidenden Regierungsverhandlungen mit der Dänischen Volkspartei (DF) schwierig.

Die Regierung möchte Steuererleichterungen durchsetzen – und zwar „von oben“, damit Besserverdienende weniger zahlen. Das ist aber gar nicht DF-Politik und die Wirtschaftszeitung Børsen will erfahren haben, dass die Dänische Volkspartei höchstens Erleichterungen für Gehälter  unter 479.000 Kronen zustimmen will. Bei diesem Betrag beginnt nämlich die dänische Spitzensteuer – und diesen „Reichen“ möchte DF die Steuerlast nicht erleichtern. Zumindest nicht ohne selbst gut bezahlt zu werden –  und die politische Währung heißt in diesem Fall: Noch strengere Auflagen für beispielsweise Abschiebung und Abweisung   von Flüchtlingen.

Regierungschef Lars Løkke Rasmussen (Venstre)  ist mit einem solch geschnürten Paket gar nicht glücklich, aber der Regierungspartner, die Liberale Allianz, macht Druck. Steuererleichterungen sind das Steckenpferd  der LA, die den Spitzensteuersatz am liebsten gleich  ganz abschaffen möchte.

Dabei zeigt eine aktuelle Meinungsumfrage von Greens, dass nicht einmal ein Viertel der dänischen Bevölkerung Steuererleichterungen wünscht. 45 Prozent sind  für  eine unveränderte Steuerbelastung, 22 Prozent gar für Steuererhöhungen.

Mit diesem Wissen kann DF knallhart bleiben und darauf verweisen, dass mindestens zwei Drittel der Bevölkerung keine Steuererleichterungen möchten.

Und überhaupt: Wie lange würde eine Senkung der Steuern  überleben? Voraussichtlich nur bis zur nächsten Wahl, die spätestens  im Juni 2019 stattfindet, denn eine Analyse von Greens gibt den Sozialdemokraten die besten Umfragewerte seit  zehn Jahren –  und somit steht die V-LA-K-Regierung vor dem Aus.

Alles in allem steht die  Regierung mit schlechten Karten da – und einem Regierungschef, der diese Hand am liebsten gar nicht spielen würde. Jetzt muss er aber seine Karten voll ausreizen  in einer Partie, die er so oder so fast nur verlieren kann.

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