Gesundheitswesen

Protest nach Nein zu teurer Arznei

Protest nach Nein zu teurer Arznei

Protest nach Nein zu teurer Arznei

Kopenhagen
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Foto: Hersteller

Die Stiftung „Muskelsvindsfonden“ protestiert gegen eine Entscheidung des Medizinrates: Kosten seien wichtiger als Menschenleben, so der Vorwurf. Eine Behandlung kostet 620.000 Kronen.

Seit Jahren wird in Dänemark über steigende Kosten bei  der medizinischen Versorgung der Bevölkerung berichtet, weil vor allem neue Arzneimittel Fortschritte bei der Heilung auch vieler ernster Leiden versprechen, aber von der pharmazeutischen Industrie nur zu sehr hohen Preisen angeboten werden. Seit dem 1. Januar 2017 ist ein unabhängiges Gremium, „Medicinrådet“, für die Zulassung neuer Arzneimittel zuständig, auf der Basis von sieben „übergeordneten Prinzipien“, die vom Folketing beschlossen worden sind.

Proteste bei der allerersten Entscheidung

Gleich die erste Entscheidung des Medizinrates, in der es um die Zulassung des neuen  Medikaments  Nusinersen/Spinraza zur Behandlung der Muskelschwunderkrankung Spinale Muskelatrophie  (SMA) geht, hat für heftige Proteste von Seiten des Patientenverbands „Muskelsvindfonden“ gesorgt. Das Gremium lehnt nämlich  Nusinersen als Standardbehandlung für Patienten mit „5q Spinaler Muskelatrophie“ ab. „Der Preis für Nusinersen ist unangemessen  hoch, deshalb empfiehlt der Medizinrat nicht Nusinersen  als Standardbehandlung für Patienten mit 5 q Spinaler Muskelatrophie“, so das Gremium und fügt hinzu, dass das neue Medikament   bei  Kleinkindern angewendet werden darf, bei denen die erbliche Erkrankung noch keine Symptome  gezeigt hat oder die an einem anderen Typ des Muskelschwunds leiden.

„Wir sind schockiert“

„Nusinersen ist ein revolutionierendes Arzneimittel, weil es erstmals die erste Behandlung spinaler Muskelatrophie ermöglicht“, erklärt der Vorsitzende des  Medizinrates, Steen Werner Hansen, und fügt bedauernd hinzu, dass das  Herstellerunternehmen  nicht bereit ist, das neue Medikament zu einem angemessenen Preis zu liefern, sodass es allen Patienten  zugutekommen kann. Pro Behandlung kostet das Medikament 620.000 Kronen.

Eine längere Therapie, an die viele Betroffene Hoffnung auf Linderung ihres Leidens knüpfen, kostet mehrere Millionen Kronen.

„Wir sind schockiert. Die  Entscheidung des Medizinrates ist schlimmer, als  wir  befürchtet haben“, so Lisbeth Koed Doktor, die Vorsitzende  von „Muskelsvindfonden“ gegenüber Danmarks Radio.  Landesweit kommen rund 90 Patienten für die neuartige Therapie infrage. Beim Fonds findet die Argumentation des Medizinrates Verständnis, u. a., dass bisher keine  ausreichende Dokumentation vorliegt,  dass die sehr teuren Medikamente   effektiv wirken.

Doch  weist die Vorsitzende  der Stiftung darauf hin, dass es bei der neuen Therapie um Menschenleben gehe und die Muskelschwundpatienten als Geiseln im Preiskrieg zwischen Gesundheitssystem und pharmazeutischer Industrie  missbraucht werden. 

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