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Tourismus im Krisenmodus: Auf Corona folgt Hochwasser

Tourismus im Krisenmodus: Auf Corona folgt Hochwasser

Tourismus im Krisenmodus: Auf Corona folgt Hochwasser

dpa
Berlin/Bad Kreuznach
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Dutzende Wohnwagen, Autos und Wohnmobile, die von der Flutwelle mitgerissen wurden, hängen zusammengequetscht an einer Ahrbrücke in Altenahr. Foto: Boris Roessler/dpa

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Hoteliers, Gastwirte, Campingplatzbetreiber und Co. in den Hochwasserkatastrophe-Gebieten stehen vor den Trümmern ihrer Existenz. Die Folgen für den Tourismus könnten über die Krisengebiete hinausreichen.

Verwüstete Campingplätze, zerstörte Ferienhäuser und Hotels, beschädigte Brücken, Gleise und Straßen: Nach dem Corona-Lockdown stürzt die Hochwasserkatastrophe den Tourismus in den betroffenen Regionen in die nächste Krise.

So gibt es beispielsweise im Kreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz so gut wie keine Wirtshäuser oder Hotels, die innerhalb der kommenden zwölf Monate wieder Gäste empfangen könnten, wie der Landesverband des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) berichtet. Die Sorge der Tourismusbranche vor einer Stornowelle in nicht betroffenen Nachbargebieten ist groß.

«Das Leid der Menschen und die zahlreichen Opfer machen tief betroffen», sagte der stellvertretende Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes (DTV) Dirk Dunkelberg. «Im Ahrtal, im Kreis Euskirchen und im Rhein-Erft-Kreis ist in dieser Situation kein Tourismus denkbar und möglich.» Zugleich betonte er, dass das Hochwasser ein örtlich begrenztes Ereignis gewesen sei. In Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen sei Urlaub in den meisten Reiseregionen in ganzer Vielfalt möglich. «Eine Stornowelle, weil die Menschen verunsichert sind, wäre eine Katastrophe für den Deutschland-Tourismus.»

Die Sorge scheint berechtigt. Nach Angaben des Dehoga in Rheinland-Pfalz haben zahlreiche Gäste ihre Buchungen auch in Landesteilen storniert, die überhaupt nicht von den Überflutungen betroffen waren, wie beispielsweise Rheinhessen oder die Pfalz. «Wir gehen davon aus, dass trotz Hochsaison Tausende von Betten leer bleiben», sagte Dehoga-Präsident Gereon Haumann. Das liege daran, dass das Bundesland insgesamt als Katastrophengebiet betrachtet werde.

Dabei seien selbst Urlaubsgebiete entlang der Mosel mittlerweile schon wieder auf Gäste eingestellt. Dort hatten extreme Niederschläge in der vergangenen Woche zwar auch für Hochwasser gesorgt, zum Teil hätten die dort mit Überschwemmungen erfahrenen Gastronomen aber ihre Betriebe schon wieder geöffnet.

«Für die Gastgeber, die nach dem langen Corona-Lockdown nun im schlimmsten Fall ihre Existenzgrundlage verloren haben, ist es eine absolute Katastrophe», sagte auch Michelle Schwefel, Geschäftsstellenleiterin des Deutschen Ferienhausverbandes. Insbesondere die Regionen im ländlichen Raum seien dringend auf den Tourismus angewiesen.

«Das ganze Ausmaß der Flut und die Effekte auf den Tourismus lassen sich derzeit allerdings noch nicht abschätzen», sagte Schwefel. Unklar sei wie viele Beherbergungsbetriebe von der Flut betroffen seien und wie viele Urlauber aktuell ihre Reise nicht antreten könnten.

Nach ersten Schätzungen des Bundesverbandes der Campingwirtschaft (BVCD) in Deutschland sind vier Campingplätze in Nordrhein-Westfalen und elf in Rheinland-Pfalz so verwüstet, dass sie auf unbestimmte Zeit nicht öffnen können. Bundesweit gibt es mehr als 3000 Campingplätze, die in der Regel etwa 70 Prozent ihres Umsatzes in den Ferienmonaten Juli und August machen. «Hoffnung macht, dass es bisher überdurchschnittlich viele Buchungen für September gibt», sagte BVCD-Geschäftsführer Christian Günther. «Wir sehen Corona-Nachholeffekte.»

Die Folgen für Anbieter von Flusskreuzfahrten halten sich nach Einschätzung des Reiseverbandes DRV in Grenzen. «Es ist nicht zu so vielen Absagen gekommen wie zunächst befürchtet», sagte Benjamin Krumpen, Mitgeschäftsführer von Phoenix Reisen. «Wir haben immer wieder mit den Folgen von Hoch- und Niedrigwasser zu kämpfen. Die Reedereien können damit grundsätzlich umgehen.» Einige Kreuzfahrten mussten abgesagt werden, bei anderen der Fahrplan geändert. Es werde damit gerechnet, dass die Donau ab Passau zum Wochenende wieder befahrbar sei, ebenso die Mosel und die gesamte Rheinstrecke.

Welche Auswirkungen die Katastrophe auf die Gesamtbilanz des Deutschland-Tourismus hat, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Besonders beliebt bei Urlaubern aus dem Inland sind in Deutschland traditionell die Ost- und Nordsee, die nicht betroffen sind, sowie Bayern. Zwar hatten Hochwasser-Fluten und Erdrutsche am Wochenende im Berchtesgadener Land Verwüstungen angerichtet - Touristenunterkünfte blieben aber offenbar weitgehend verschont. «Sie können anreisen!», schreibt der Zweckverband Bergerlebnis Berchtesgaden auf seiner Internetseite. Der Katastrophenfall für den oberbayerischen Landkreis war am Dienstag aufgehoben worden.

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