Leitartikel

„Einer drinnen – einer draußen“

Einer drinnen – einer draußen

Einer drinnen – einer draußen

Nordschleswig
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Zwei Ex-Bürgermeister – zwei Wege: Im Stadtrat in Tondern könnte in den kommenden vier Jahren Ruhe einkehren, während in Apenrade der Ärger vorprogrammiert ist, so die Einschätzung von Chefredakteur Gwyn Nissen.

Die Wähler haben am vergangenen Dienstag ihr Kreuz gesetzt, doch die Kommunalwahl 2021 ist in Dänemark noch lange nicht vorbei. In diesen Tagen wird immer noch an den Absprachen zwischen den Parteien gefeilt, lukrative Posten werden verteilt, und es werden Wunden geleckt.

Vor allem die beiden Bürgermeister in Tondern (Tønder) und Apenrade (Aabenraa) haben an ihrer Wahlniederlage zu knabbern. Zumal es sich überhaupt nicht wie eine Wahlniederlage anfühlte, als ihre persönlichen Stimmenzahlen feststanden.

Henrik Frandsen hatte als Ausbrecher und Parteigründer der Tønder Listen 3.763 Stimmen bekommen – fast doppelt so viele wie Jørgen Popp Petersen von der Schleswigschen Partei, der noch im Laufe der Nacht den Bürgermeister-Posten bekommen sollte.

Thomas Andresen sicherte sich in der Kommune Apenrade gar 4.426 Wählerstimmen – mehr als doppelt so viele wie sein Kontrahent Erik Uldal Hansen (Soz.) und viermal so viele wie Jan Riber Jakobsen von den Konservativen, der sich nach dem Jahreswechsel Bürgermeister nennen darf.

Das war und ist sowohl für Frandsen als auch für Andresen schwer zu schlucken, beide haben sich in der Wahlnacht übergangen gefühlt. Auch einige Wählerinnen und Wähler verstehen nicht, wie es angehen kann, dass man die größten Stimmenmagneten außen vor hält.

Aber es zählen in erster Linie eben nicht die persönlichen Stimmenzahlen oder gar das Ergebnis der Partei, sondern wer mit anderen Koalitionspartnern eine Mehrheit bilden kann.

Das wissen auch Frandsen und Andresen, die beide bei früheren Wahlen dasselbe Spiel gespielt haben. Die Enttäuschung über den Verlust der Macht in der Kommune und eines Spitzenjobs ist mehr als verständlich. Sie haben beide viel Herzblut und vor allem viele Stunden in ihre Arbeit gesteckt und müssen sich jetzt neu orientieren.

Beide bleiben in der Politik – allerdings steht Thomas Andresen in Zukunft draußen vor, während Henrik Frandsen zähneknirschend – und wie er sagt: mit der Pistole vor der Brust – letzten Endes Teil einer breiten Konstituierung in Tondern ist.

Bei Andresen und seiner Partei scheint die Enttäuschung einfach zu groß gewesen zu sein. Venstre wolle weder kriechen noch Krümel abhaben, so der Tenor aus Apenrade. Nun stellt sich die liberale Partei stattdessen an die Seitenauslinie und hat keinen Einfluss darauf, wie der Ball gespielt wird. Harte Oppositionspolitik hört sich eher an wie überflüssige Oppositionspolitik, denn in der Kommunalpolitik geht es vor allem darum, gemeinsam Lösungen zu finden.

Das hat Henrik Frandsen in Tondern eingesehen, und seine Tønder Liste wird in den kommenden vier Jahren daher am Ball bleiben. Damit könnte die harte Gangart an der Westküste endlich von einem milderen Ton abgelöst werden, während in Apenrade erst einmal Ärger vorprogrammiert ist.

So haben die beiden Bürgermeister-Verlierer in ihrer Enttäuschung und Bitterkeit über die Wahlniederlage unterschiedliche Taktiken gewählt: Einer ist drinnen – der andere draußen.

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