Vor 50 und vor 100 Jahren

Kalte Klassen, elektrische Zahnbürsten und Start der Jugendarbeit – was damals wichtig war

Blick zurück: Kalte Klassen, elektrische Zahnbürsten und Start der Jugendarbeit

Blick zurück: Kalte Klassen und Start der Jugendarbeit

Jürgen Ostwald
Jürgen Ostwald Freier Mitarbeiter
Nordschleswig
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Der sogenannte Vorhangstreit am Wiener Burgtheater brach auch vor 50 Jahren wieder aus, wie am 23. Februar 1972 zu lesen. Foto: Wikipedia.com

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Was hat im Januar vor 100 und vor 50 Jahren für Schlagzeilen gesorgt? Jürgen Ostwald hat im Archiv die Zeitungen durchforstet und aufgelistet, was die Menschen 1922 und 1972 bewegt hat.

Foto: DN

Freitag, 3. Februar 1922

Der Winter hat uns jetzt mit seiner ganzen Heeresstärke angegriffen, Frost, Schnee und Wind. Von Tag zu Tag fällt eine Schranke nach der anderen und sperrt Weg auf Weg. Bisher waren es vor allem die Fahrwasser der östlichen dänischen Inseln, die verschlossen wurden. Jetzt ist auch unsere Gegend an der Reihe. Mengen von Schnee haben sich zusammengewirbelt auf Landstraßen und Bahngleise gelegt. Kraftwagen werden kaum noch die Landstraßen befahren können. Bei der Alsener Kleinbahn blieben gestern zwei Züge stecken, einer bei Lysabbel und einer bei Augustenburg. Heute morgen sind nach beiden Richtungen Schneepflüge abgegangen, als Antrieb die neuen großen Feldlokomotiven. Man hofft, die Strecken bewältigen zu können. Auf den Haderslebener Kleinbahnen wird gefahren, soweit die Verhältnisse es eben zulassen.

 

Sonnabend, 4. Februar 1922
Leserbrief
Häufig in der letzten Zeit kamen die Schüler der deutschen Mittelschule (in Sonderburg) eine Stunde vor Beendigung des Unterrichts nach Hause, weil sie es vor Kälte in den Klassen nicht mehr aushalten konnten und der Lehrer die Schüler deshalb nach Hause geschickt hatte. Die Lehrerin der deutschen Mädchen-Mittelschule rettete sich mit ihren Schülern in das Rektoratszimmer und führte den Unterricht dort weiter, weil sie es in der Klasse vor Kälte ebenfalls nicht aushalten konnte. Wie kommt es, dass die Klassen in dieser kalten Jahreszeit nicht genügend geheizt sind? Will man Kohlen sparen oder liegt es an dem zu späten Anfeuern. Man sollte doch glauben, dass gerade in dieser Zeit, in der viele Kinder sich eben erst von der Grippe erholt haben, alles getan werde, um sie vor neuen Erkältungen zu schützen. Hoffentlich bedarf es nur dieser Zeilen, um von zuständiger Seite Abhilfe zu schaffen.

Ein Vater

Der Hilferuf des Leserbriefes fand Gehör. Übers Wochenende setzte sich einer der verantwortlichen Lehrer hin und schrieb eine Antwort, die am Montag veröffentlicht wurde.

 

Montag, 6. Februar 1922
Sprechsaal
Auf die im Sprechsaal gestellten Fragen, wie es komme, dass die Unterrichtsräume der Mittelschule in der letzten Zeit häufig ungenügend geheizt gewesen seien, ob man Kohlen sparen wolle oder zu spät anheize, gestatte ich mir folgendes zu erwidern:

Das Schulgebäude ist infolge seiner bedeutenden Höhe und freien Lage jedem Wind und Wetter stark ausgesetzt. Namentlich bei starkem Ostwind ist eine ausreichende und vor allem gleichmäßige Durchwärmung aller auf vier Stockwerke sich verteilenden Unterrichtsräume nicht immer zu erreichen gewesen. Es war jedoch kaum vorauszusehen, dass in diesem Winter nennenswerte Störungen eintreten würden, da die Heizkessel erst kürzlich einer gründlichen Reinigung und Ausbesserung unterzogen worden sind und gutes Heizmaterial in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Dass trotzdem Schwierigkeiten entstanden sind, ist bei der abnormen Kälte erklärlich. Ein Frostschaden an den Rohrleitungen des Dachgeschosses hat die Benutzung des Zeichensaales und des Physikzimmers vorläufig unmöglich gemacht, im übrigen aber erfreulicherweise die Benutzbarkeit der regulären Klassenräume nur in geringerem Grade beeinflusst. Eine an zuständiger Stelle beantragte Nachprüfung wird ergeben, ob die Heizungsanlage, die selbstverständlich Tag und Nacht in Betrieb ist und bis zur Höchstgrenze ihrer Leistungsfähigkeit angespannt wird, einer Verbesserung bedürftig und fähig ist.

(unterzeichnet:) N. Jörgensen, Oberlehrer.

Nis Christian Jörgensen wurde 1868 in Rinkenis als Sohn eines Tischlermeisters geboren und besuchte das Haderslebener Lehrerseminar. Er war zunächst Lehrer in Feldstedt. Nachdem er auch das Rektor-Examen bestanden hatte, leitete er zunächst eine Mädchenschule in Kiel und wurde 1919 Rektor der Knaben-Bürgerschule in Sonderburg. Als Oberlehrer für den deutschsprachigen Zweig wurde er nach der Eingliederung Nordschleswigs übernommen. 1938 wurde er pensioniert. Er starb in Sonderburg 1940.

 

Sonnabend, 11. Februar 1922
Der Kaffee in der Schneeburg
Ein Leser schreibt uns: Fleißige Hände haben auf dem Hofe des Hauses Alsenstraße  16 (in Sonderburg) eine große Schneeburg gebaut. Eine Bewohnerin des Hauses, Frau Lehrer Palmus, hatte das rege Treiben der Jugend mit Freude betrachtet. Da nun die Schneeburg fertig war, hatte sie die Jugend samt ihren Eltern zum Kaffee und Kuchen in der Schneeburg eingeladen. Insgesamt nahmen 12 Personen teil, welche alle darin Platz hatten. Vorher hielt Frau Lehrer Palmus eine kleine Ansprache an die Jungens, in der sie sie unter anderem lobte, dass das Baumaterial, das ihnen der liebe Gott gesandt hatte, so gut verwendet worden war. Für Wärme war gesorgt. Auch der Ofenschirm fehlte nicht, damit die Wand nicht heiß werde und spurlos verschwand.

„Frau Lehrer Palmus“ war keine Lehrerin, sondern vielmehr in der Sprechweise der  Zeit die Ehefrau des Lehrers Palmus, Henrik Hansen Palmus. Er wurde 1854 in Düppel geboren  und starb 1937 in Sonderburg. Er war Lehrer an verschiedenen Schulen, zuletzt in Tandslet. Er war 1922 bereits pensioniert. Seine Ehefrau, die er wohl geheiratet hatte, während er in Broacker Lehrer war, hieß Hanna Kathrine Maria Tullesen. Sie stammte aus Süderlügum, wo sie 1857 als Tochter eines Gastwirts geboren worden war. Sie starb kurz nach dem Krieg 1945. Die kleine Nachbarschafts-Geste unseres typischen nordschleswigschen Kaffeekränzchens der Frau Palmus von 1922 verdient, es kurz aus dem Dunkel der Geschichte hervorgeholt zu werden.

 

Montag, 13. Februar 1922

Anzeige in der Sonderburger Zeitung vom 13. Februar 1922 Foto: Det Kgl. Bibliotek

Nicht nur im Sonderburger Lichtspielhaus „Kosmorama“ wurde die Verfilmung der „Ratten“ von Gerhart Hauptmann gezeigt. Ähnliche Anzeigen und Ankündigungen wie in unserem Blatt finden sich auch in den damaligen Zeitungen in Aarhus, Aalborg, Kopenhagen usw., wobei immer wieder auf Emil Jannings hingewiesen wird, der eine der Hauptrollen im Film übernommen hatte und der in den Folgejahren zu einem der berühmtesten deutschen Schauspieler wurde.

Dass „Die Ratten“ von Hauptmann allerdings nicht als Roman bezeichnet werden können, wie in der Anzeige behauptet, hätte dem Besitzer des Sonderburger Kinos, aber auch der Anzeigen-Akquisition unserer Zeitung allerdings auffallen müssen. Es ist, wie Hauptmanns Untertitel lautet, eine „Berliner Tragikomödie“ und wurde Anfang 1911 im Berliner Lessing-Theater uraufgeführt. Die Aufführung hatte große Resonanz. Auch ein damals bekannter Theaterkritiker aus Nordschleswig hatte daran Anteil. Im Jahr darauf, 1912, bekam Hauptmann den Literatur-Nobelpreis.

 

Montag, 13. Februar 1922

Apenrade. Für das nächste Schuljahr sind 33 Kinder in die deutschsprachige, 83 Kinder in die dänischsprachige Abteilung eingemeldet worden.  Am Jahreswechsel wurden hier 336 Kinder in der deutschsprachigen und 596 Kinder in der dänischsprachigen Abteilung unterrichtet.

 

Mittwoch, 15. Februar 1922
Ausschluss Eberts aus der Sattlergewerkschaft
Die Hauptversammlung der Sattler und Tapezierer Kölns hat mit 200 gegen 8 Stimmen den Ausschluss des Reichspräsidenten Ebert aus der Organisation wegen „seiner, die Gewerkschaftsbewegung schädigenden Verordnungen“ beschlossen.

Die drastische Maßnahme war der Höhepunkt des Unwillens der Gewerkschaften gegen Friedrich Ebert, der seit 1919 Reichspräsident war. Die Krisen des Jahreswechsels 1921/22 und die Maßnahmen, die sich auch gegen Gewerrkschaften richteten, erklären wohl den Entschluss der Sattlergewerkschaft, den ehemaligen Sattlerlehrling, ihr jahrzehntelanges Mitglied und den Vorsitzenden der SPD von 1913 bis 1919, aus der Gewerkschaft auszuschließen.

 

Dienstag, 16. Februar 1922
Wie oft geht der Deutsche ins Kino?
Nach den statistischen Mitteilungen der „Lichtbildbühne“ gibt es in Deutschland zurzeit 3.851 Kinos mit 1.304.605 Plätzen. Es kommt also je ein Kino auf 15.250 Einwohner. Die Zahl der Vorstellungen ist verschieden, in manchen Orten spielen die Kinos ihr Programm drei bis viermal täglich, mindestens aber zweimal. Bei einer Mindestzahl von zwei Vorstellungen, deren jede zu drei Vierteln besetzt ist, müssen danach täglich rund zwei Millionen Deutsche ins Kino gehen: jährlich also 730 Millionen. Das heißt: jeder Deutsche geht durchschnittlich zwölfmal im Jahr ins Lichtspielhaus, oder, um der Wahrscheinlichkeit noch näher zu kommen, jeder dritte Deutsche alle zehn Tage einmal.

 

Montag, 20. Februar 1922
Die „elektrische“ Zahnbürste
Wie aus New York mitgeteilt wird, gehört es jetzt zum guten Ton, sich die Zähne mit Elektrizität zu bürsten, was angeblich die Zähne viel besser säubert als die bisher beliebte Handbetrieb-Zahnbürste. Zudem braucht, wie der Erfinder versichert, die einzelne Familie nur einen Apparat, da der Borstenhalter so eingerichtet ist, dass die Borsten jederzeit ausgewechselt werden können. Der Bohrer eines Zahnarztes sieht der Vorrichtung allerdings verzweifelt ähnlich, die Borsten werden an den Mund eines Schlauches gesteckt, und sodann wird verfahren, wie eben der Zahnarzt auch mit seinen Borsten verfährt, bloß mit dem Unterschiede, dass es nicht schmerzhaft ist.

Wir benutzen die Zahnbürste täglich mehrfach, Gedanken über ihre Herkunft machen wir uns nicht. Allerdings lässt die Zahnbürsten-Forschung, Kapitel Geschichte derselben, auch zu wünschen übrig. – Schon der römische Dichter Martial spricht von „Dentifricium“. Wie mir ein Altphilologe sagte, war das aber keine Zahnbürste, sondern Zahnpulver, mit dem man die Zähne abrieb. Es war pulverisierter Bimsstein und geriebener Marmorstaub. So reinigte man die Zähne bald 2.000 Jahre lang. Noch Erasmus von Rotterdam (1466-1536), dessen Lehrbücher auch in Nordschleswig über Jahrhunderte Tag für Tag in Gebrauch waren (zumindest an der Lateinschule in Hadersleben), legte den Kindern eindrücklich die Pflege der Zähne ans Herz. (Den Brauch, während der Tafel sich die Zähne mit dem Mundtuch zu scheuern, lehnte er ab.) Die Zahnbürste selbst wurde erst Mitte des 18. Jahrhunderts erfunden. Kurz davor hieß es noch: „Man muss sich die Zunge auch abkrazen mit einem Messerlein von Helfenbein oder Silber, so nicht scharf, oder einen Stücklein Fischbein: um diesen Theil des Schlammes, so die Nervensträußlein überziehet, zu befreyen; hernach reibt man die Zähne mit einem kleinen Tüchlein oder zartem Schwamme, so mit lauem Wasser benetzet worden, ab.“

Die Zeilen stammen aus dem Buch „Abhandlung von Zahnkrankheiten, nebst der Kunst, die Zähne schön weiß und gesund zu erhalten“ von 1754. Das Buch war eine Übersetzung aus dem Französischen von 1734 und stammt von Claude Jaquier de Geraudly, dem Zahnarzt des französischen Königs Ludwig XV., der auch ein Förderer der medizinischen Wissenschaften war. Das Louis-quinze, nach ihm benannt, beherrschte als Stil in ganz Europa, auch (mit der üblichen provinziellen Verspätung)  in Nordschleswig.

Der König kannte die Zahnbürste also noch nicht. Man begreift den obigen Text allerdings nur, wenn man weiß, dass „Schlamm“ eine heute nicht mehr verstandene Bedeutung besaß. Es bezeichnete damals die im Munde befindlichen Speisereste und den Speichel. (vgl. noch heute „schlemmen“).

Die elektrische Zahnbürste musste noch 200 Jahre auf ihre Einführung warten. Erst um 1955 gab es die ersten Serienmodelle. Was aus unserem Ungetüm von 1922  geworden ist, blieb mir unbekannt.

Prospekt des Magasin du Nord, Kopenhagen Foto: Det Kgl. Bibliotek

Der Leser vor 100 Jahren legte unsere Zeitung nun beiseite, nahm den Prospekt des Magasin du Nord in die Hand, der auf seinem Teetischchen lag und den der Zeitungszusteller vor Tagen mitgeliefert hatte. (Sein Exemplar hat sich naturgemäß nicht erhalten, aber die Königliche Bibliothek in Kopenhagen sammelt bekanntermaßen alle Druckwerke.) Unser Leser konnte nun beim Durchblättern der Angebote der Herreskrædden Afdeling prüfen, ob er angemessen gekleidet war und eine gute Figur machen würde, wenn er seine Wohnung in oder um Sonderburg alleine oder mit Gattin verließe.

Foto: DN

Freitag, 11. Februar 1972
EWG-Gegner und -Befürworter halten sich fast die Waage
Die Gegner des dänischen Eintritts in die EWG bekommen stärkeren Wind in die Segel, wenn man den jüngsten Gallup-Untersuchungen trauen darf, die Donnerstag von „Berlingske Tidende“ veröffentlicht wurden. 38 Prozent traten bei der Zählung im Januar für eine dänische Mitgliedschaft in der EWG ein, 35 Prozent sprachen sich dagegen aus. Zugleich ist der Prozentsatz derjenigen, die noch keinen Standpunkt bezogen haben, von 32 auf 27 Prozent zurückgegangen. Befürworter und EWG-Gegner halten sich also fast die Waage.

 

Sonnabend, 12. Februar 1972
Vor 25 Jahren neuer Start der Jugendarbeit in Nordschleswig
Am 15. und 16. Februar sind 25 Jahre vergangen, seitdem in Tingleff der deutsche Jugendausschuss als Vorläufer des Deutschen Jugendverbandes für Nordschleswig gegründet wurde. In einer zwei Tage dauernden Jugendtagung, an der mehrere Hundert Jugendliche (an den Beratungen etwa 200, an den beiden Festabenden etwa 600) teilnahmen, legte die Jugend die Grundlage für den späteren Aufbau der Jugendorganisation.

Einer der Männer des Aufbaus von 1920, Bibliothekar Fr. Christensen, schilderte, wie damals die Jugendarbeit aufgebaut wurde. 1923 gab es bereits 30 Jugendbünde mit 3.000 Mitgliedern.

Was vor 50 Jahren Hunderte Jugendliche auf die Beine brachte, wird wohl in diesem Jahr zum 75-jährigen Bestehen nicht stattfinden. Man hat das Datum beim Jugendverband offenbar ohnehin vergessen. Wie auch immer: Selbst die Wohlmeinendsten werden die heute möglichen Teilnehmerzahlen nicht mit den damaligen vergleichen wollen.

 

Dienstag, 22. Februar 1972
Der Nordatlantik wird immer schmutziger
Für die Völker, die wirtschaftlich von der See abhängen, wird die Lage im Nordatlantik immer schlimmer. Verschmutzung des Wassers und Raubfischerei sind die Gründe. Am schwersten betroffen wird die Bevölkerung von Grönland, Island und von den Färöern, heißt es in einem Vorschlag des Rechtsausschusses beim Nordischen Rat, über den der Rat morgen beraten soll. Er wird aufgefordert, sich bei den entsprechenden Regierungen für eine schärfere Gesetzgebung zum Schutz der Meere einzusetzen.

Wir bestätigen nochmals, dass diese Meldung tatsächlich vom 22. Februar 1972 stammt.

 

Mittwoch, 23. Februar 1972
Schafft die Wiener „Burg“ das Vorhangverbot ab?
Zwei Jahre vor seinem zweihundertjährigen Bestehen scheint das Wiener Burgtheater das vieldiskutierte Vorhangverbot auflockern, wenn nicht gar abschaffen zu wollen. Die Tradition, dass die Schauspieler nach Ende der Vorstellung nicht vor den Vorhang kommen dürfen, stammt noch aus der Zeit, da das Haus kaiserliches Hoftheater war. Es wurde beibehalten, weil man unwürdiges Gedränge der Darsteller um den stärksten Applaus unterbinden und die Ensembleleistung betonen wollte. Schon lange gab es Ausnahmen für einzelne, besonders neu engagierte Schauspieler und Regisseure.

Während auf der ganzen Welt die Schauspieler nach Schluss der Vorstellung sich vor dem Vorhang feiern ließen, galt das für das Burgtheater nicht. Dort war es verboten.

Es ging zurück auf eine Polizei-Verordnung  vom 19. August 1798. Die  Ensemblemitglieder des Burgtheaters waren Schauspieler „Seiner Majestät des Kaisers“, und es war schier unmöglich, dass sich diese vor dem Volk verbeugten. Schon zu Kaiser Josefs Zeiten wurde die Aufhebung des Vorhangverbotes diskutiert. In der Republik-Zeit ohnehin. Aber erst zur Spielzeit 1983/84 wurde das Vorhangverbot aufgehoben. Und zwar mit der Darbietung von Nestroys Höllenangst. Das ist ein etwas unbekannteres Stück der überbordenden Produktion Nestroys (1801-1862), dessen frühere Arbeiten bereits seit um 1830 in Nordschleswig von wechselnden Schauspiel-Truppen zur Aufführung kamen.

 

Donnerstag, 24. Februar 1972
Schwarzbrot wird teurer
Kopenhagen. Die Monopolaufsicht hat mit Wirken vom 6. März westlich des Großen Belts eine Preiserhöhung für helles und dunkles Schwarzbrot genehmigt. Die Preiserhöhung ist nur für solches Brot zulässig, das auch westlich des Großen Belts hergestellt wird.

Auf Packungen mit zehn Scheiben können fünf Öre aufgeschlagen werden. Wenn mehr Scheiben darin enthalten sind, ist ein Preisaufschlag von einer halben Öre je Scheibe zulässig. Für geschnittenes Brot ist anstelle der vorgenannten Preisberechnung auch ein Aufschlag von einer halben Öre je 30 Gramm Gewicht erlaubt. Die maximale Preiserhöhung für abgepacktes Schwarzbrot wird auf sieben Öre je Packung begrenzt.

Dunkles Schwarzbrot, eingepackt oder unverpackt, kann je Laib von 900 Gramm Gewicht acht Öre Preisaufschlag erhalten. Beim doppelten Gewicht eines Laibs darf der Preisaufschlag 16 Öre nicht übersteigen. Bei anderen Gewichtsgruppen können die Preise je Kilogramm um neun Öre angehoben werden.

Als Grundlage der Preiserhöhungen gelten die von der Monopolaufsicht festgesetzten Preise. Die neuen Preise sind bis zum 5. September dieses Jahres gültig.

Der heutige Leser liest die Meldung mit ungläubigem Staunen. Mit dem Beitritt Dänemarks zur EWG werden Preisvorschriften bald jedoch Zug um Zug abgebaut.

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