Vor 100 und vor 50 Jahren

Großes Schiff, kleine Buchstaben und Millionen Zeitungen

Großes Schiff, kleine Buchstaben und Millionen Zeitungen

Großes Schiff, kleine Buchstaben und Millionen Zeitungen

Jürgen Ostwald
Jürgen Ostwald Freier Mitarbeiter
Nordschleswig
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„Rickeracke! Rickeracke! / Geht die Mühle mit Geknacke.“ Vor 50 Jahren wurde die Mühle gerettet, in der Max und Moritz ihre Taten teuer bezahlen mussten. Zur Rettung der Mühle lese man die Nachricht unter dem 25. April 1972. Foto: wilhelm-busch.de

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Was hat im April vor 100 und vor 50 Jahren für Schlagzeilen gesorgt? Jürgen Ostwald hat im Archiv die Zeitungen durchforstet und aufgelistet, was die Menschen 1922 und 1972 bewegt hat.

Foto: DN

Bürgermeister

Dienstag, 4. April 1922

Drahtlos Berlin-Kopenhagen

Wir lesen in der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“: „Hallo, hier Deutsche Allgemeine Zeitung, technische Schriftleitung“ – „Hier Radiostation Lyngby-Kopenhagen.“ Aus dieser schönen Einleitung entspann sich heute morgen ein kleines Zwiegespräch mit unseren dänischen Kollegen über einige interessante Tagesereignisse. Wir konnten die Kopenhagener über das dort herrschende Regen- und Schneegestöber damit trösten, dass es bei uns auch nicht besser sei, und schieden als gute Telephonbekannte. Die Verständigung war, wenn die Worte auch etwas leise tönten, doch recht deutlich. Das Gespräch wurde hier von einem gewöhnlichen Hausapparat ausgeführt und ging vom Berliner Stadttelephonnetz auf dem Draht bis zur Station Königswusterhausen. Von Königswusterhausen und der dänischen Gegenstation Lyngby überbrückten vier Kilowatt-Lorenz-Poulsen-Sender die etwa 400 Kilometer lange Strecke. Mit eigenen Ohren konnten wir uns überzeugen, wie erfreulich die Erfolge der deutschen Radiotelephonie sind, und dass ein regelmäßiger radiotelephonischer Fernverkehr technisch keine Schwierigkeit mehr bietet.

 

Mittwoch, 5. April 1922

Die Geschäftssprache in der Tonderner Stadtvertretung

Mit einer gewissen Spannung hatte mancher der Lösung der Sprachenfrage im neuen Tonderner Stadtparlament entgegengesehen. Zu einer grundsätzlichen Aussprache darüber ist es bisher nicht gekommen und vielleicht wird eine solche überhaupt nicht nötig sein, nachdem man bei der Bürgermeisterwahl einen ebenso einfachen wie loyalen Ausweg gefunden hat. Alterspräsident und Bürgermeister hielten ihre kurzen Ansprachen auf Deutsch, die gesetzlichen Bestimmungen wurden auf Dänisch verlesen, der neugewählte Bürgermeister sprach zu den deutschen Stadtverordneten deutsch, zu den dänischen dänisch, jeder Stadtverordnete sprach in seiner Mundart, und das Protokoll wurde in beiden Sprachen, sowohl auf deutsch wie auf Dänisch geführt. Mit solcher praktischen Lösung wird, so sagt die „Neue Tondernsche Zeitung“ jeder fruchtlose Prinzipienstreit vermieden und dem persönlichen Bedürfnis jedes Mitgliedes der Stadtvertretung Genüge geleistet. Möge es also bei dieser einfachen Regelung bleiben.

 

Donnerstag, 6. April 1922

Raub an deutschem Gut: Die Ablieferung der „Bismarck“

Das größte Schiff der Welt, der auf der Werft von Blohm & Voß fertiggestellte Turbinen-Schnelldampfer „Bismarck“, hatte am letzten Dienstag den Hamburger Hafen verlassen, um nach den vor Cuxhaven noch zu erledigenden Probefahrten von der White Star Line in Liverpool übernommen zu werden. Der Dampfer musste infolge des schnell fallenden Wasserstandes nach dem Eintreten der Ebbe seine Fahrt einstellen, da er bei Schulau auf Grund geriet und sitzen blieb. Der Dampfer wurde nach mehrtägigem Festsitzen wieder frei und setzte die Fahrt nach Cuxhaven fort, wo er Montag eintraf.

Die „Fürst Bismarck“ musste nach dem Krieg ausgeliefert werden und bediente seit 1922 für die Londoner White Star Line unter dem neuen Namen „Majestic“ die Atlantikroute. Foto: Wikipedia.org

Freitag, 7. April 1922

Die Abschaffung großer Buchstaben bezweckt ein Antrag dänischer Lehrervereine an die Regierung. Man will große Buchstaben nur noch bei Eigennamen und bei Satzanfängen zulassen.

Hinter dieser kurzen Notiz verbirgt sich ein jahrzehntelanger Kulturkampf, der bereits Mitte des 19. Jahrhunderts begann und erst nach dem Zweiten Weltkrieg mit einer offiziellen Empfehlung, die der heutigen Schreibweise entspricht, endete. Nicht alle Verlage, Zeitungen usw. setzten die Empfehlung sofort um. Es dauerte Jahre, bis sich die neue Schreibweise vollständig etabliert hatte.

 

Montag, 10. April 1922

Luftverkehr Kopenhagen-Hamburg

Es ist nun definitiv beschlossen worden, dass die dänische Luftfahrtgesellschaft Anfang Mai eine Flugverbindung Kopenhagen-Hamburg eröffnet. Es werden hierfür drei Flugzeuge der Gesellschaft und drei Flugzeuge des Deutschen Luftrhedervereins verwendet werden. Die Linie soll bis Ende September geöffnet sein. Der dänische Staat hat einen Zuschuss von 100.000 Kronen zum Betriebe bewilligt. Dafür sollen die Flugzeuge Post mitführen. Die von Kopenhagen Nachmittags drei Uhr abgehenden Güter, Passagiere und Post können in Paris und London am nächsten Mittag zwischen zwölf und ein Uhr sein. Post usw. von London und Paris, die zwei bis drei Uhr nachmittags abgesandt wird, kann am nächsten Vormittag 11 ½ Uhr in Kopenhagen sein.

 

Montag, 10. April 1922

Auch-Wissenschaftler: Von einer Einladung der Deutschen „Abstand genommen“

Nach Zeitungsmeldungen beschloss eine Versammlung belgischer Historiker 1923 einen internationalen Historiker-Kongress in Brüssel abzuhalten. Die englischen Historiker waren der Ansicht, es sollten dazu auch Historiker der Weltmächte eingeladen werden. Der belgische Vorsitzende, Historiker Pirenne, erklärte es aber für unmöglich, die Deutschen an diesem Kongress teilnehmen zu lassen, auf dem die Grundlagen für die Geschichte des Weltkrieges festgestellt würden, und überdies würde die Ankunft deutscher Historiker in Brüssel die Öffentlichkeit in gefährlicher Weise aufreizen. Nach einer Havasmeldung sollen die Engländer diesen Einwendungen Gehör geschenkt haben, sodass von einer Einladung der Deutschen Abstand genommen wird. Die Belgier sind also ängstlich, dass eine objektive Untersuchung über die Grundlagen des Weltkrieges angestellt wird. – Und das wollen Historiker sein!

Am Ende des Jahres 1921 war man übereingekommen, den nächsten Internationalen Historikerkongress in Brüssel 1923 stattfinden zu lassen. (Der letzte hatte 1913 in London stattgefunden.) Zum Präsidenten des Kongresses bestimmte man Henri Pirenne, den großen belgischen Historiker. Er war seit 1886 Professor an der Universität in Gent und wurde während des Ersten Weltkrieges von den deutschen Truppen wegen der Weigerung der Zusammenarbeit nach dem Überfall auf Belgien verschleppt und in Deutschland interniert. Die wissenschaftlichen Akademien und Universitäten der Deutschen, Österreicher, Ungarn und Türken erhielten keine Einladungen zum Kongress. Das stand ganz im Einklang mit der Isolation der deutschen Wissenschaften bis Ende der 1920er Jahre. Gleichwohl gab es auch Widerstand gegen die Nicht-Einladung der deutschen u. a. Historiker. Er kam besonders aus Dänemark, von Aage Friis (1870-1949). Der heftige Gegner der Bismarck-Politik und der Wilhelms II. (Nordschleswig) war 1922 ein ausgesprochener Befürworter der deutschen Beteiligung am Brüsseler Kongress. Die Kontroverse führte dazu, dass Dänemark seinerseits – aber aus freien Stücken – nicht am Kongress von 1923 teilnehmen wird.

 

Mittwoch, 12. April 1922

Apenrade. Die Sammlung für das Gefallenen-Denkmal hat bisher reichlich 6.000 Kronen ergeben. Der Ausschuss beschloss, an die Stadt und an die Kirche mit einem Antrag auf Bewilligung einer erheblichen Summe heranzutreten. Außerdem sollen die verschiedenen Vereine der Stadt um einen Beitrag gebeten werden. – Weiter wurde beschlossen, ein Preisausschreiben zu erlassen. Architekt Niels Jacobsen-Odense und Direktor Dr. Sauermann-Kiel sollen gebeten werden, zusammen mit dem Denkmalskomitee den Prüfungsausschuss für die eingehenden Entwürfe zu bilden.

Es wird sich nach dem Wettbewerb um das bemerkenswerte Denkmal von Axel Poulsen vor der Apenrader Stadtpfarrkirche handeln. Wir werden bei Gelegenheit ausführlich darauf zurückkommen.

 

Sonnabend, 15. April 1922

Sonderburg. Der Zirkus Giovanni Belli ist hier eingetroffen und hat auf dem Ringreiterplatz seine Zelte aufgeschlagen. Am Ostermontag wird die erste Vorstellung stattfinden, und zwar nachmittags vier Uhr; abends acht Uhr ist wieder eine Vorstellung. In einer Besprechung des „Apenrader Tageblatt“ über die Leistungen des Zirkus heißt es: „Wie der Zirkus schon früher seine Besucher durch seine hervorragenden Darbietungen fesselte, so war dieses bei der gestrigen Vorstellung noch mehr der Fall, indem ein ständig neues und reichhaltiges Programm geboten wurde. Unter den hervorragenden Leistungen kann man besonderrs hervorheben die beiden Borchardts „Attraktions-Kombinations-Akt“ und „The Roges“ Sensations-Kugel-Akt. Auch die übrigen Darbietungen sowie die Dressuren von Herrn Direktor Belli boten diesmal etwas Neues und übertrafen frühere Leistungen erheblich. Wir können den Besuch nur empfehlen.“ Auch der „Hejmdal“ lobt die Aufführungen, er sagt, nachdem er die Hauptnummern aufgezählt hat: „Es wird ein gutes Programm geboten, die Ausführung ist vortrefflich, und die Kostüme und die übrige Ausstattung ist hübsch.“

Der deutsche Zirkus Belli trat in Dänemark bereits am Ende des 19. Jahrhunderts auf. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg gründeten Familienmitglieder einen dänischen Zweig des Zirkus. Er bestand bis 1957. Der österreichische Zweig des Zirkus Belli etwa bestand bis in die 60er Jahre. Das Zirkussterben setzt sich bis in unsere Tage fort.

 
Foto: DN

Mittwoch, 5. April 1972

Moskau verhindert Nobelpreis-Übergabe

Die Sowjetunion hat nach einem Bericht des schwedischen Rundfunks dem Sekretär der Schwedischen Akademie, der Solschenizyn am 9. April im Moskau den bereits 1970 verliehenen Nobelpreis für Literatur überreichen sollte, das Einreisevisum verweigert. Deshalb sei die Preisverleihung abgesagt worden, heißt es in dem Bericht.

 

Mittwoch, 5. April 1972

A. G. Nissen 65 Jahre alt

Fern der Heimat feiert Kunstmaler A. G. Nissen am Sonnabend seinen 65. Geburtstag. Er besucht mit seiner Familie Istanbul und Rhodos, von wo er vor etwa fünfzehn Jahren mit knapp 450 Zeichnungen zurückkehrte. Dieses mal will er nur ausspannen, doch den Skizzenblock hat er sicherlich – auch wenn er es nicht verrät – wieder im Koffer.

 

Donnerstag, 6. April 1972

Bertel Dahlgaard gestorben

Der frühere Minister Bertel Dahlgaard starb am Freitag im Alter von 84 Jahren. Die Familie wünschte die Bekanntgabe des Todesfalles erst nach der Beisetzung, die Mittwoch in Gentofte stattfand. Der Verstorbene hinterlässt seine Frau, drei Söhne – darunter der frühere Arbeitsminister Lauge Dahlgaard – und sieben Enkelkinder. Sein alter Parteifreund und Ministerkollege Jörgen Jörgensen erklärte in einem Nachruf: „Mit Bertel Dahlgaard ist eine der großen politischen Persönlichkeiten dieses Jahrhunderts von uns geschieden. Mehr als 30 Jahre lang standen Bertel Dahlgaard und ich in nahezu täglicher politischer Zusammenarbeit. Er besaß politisches Talent wie wenige nur, und er war weitsichtiger als die meisten von uns. Und er wusste, dass wir großes Vertrauen in seine politische Urteilskraft hatten.“

Dahlgaard, Politiker der Radikalen Venstre, wurde 1887 in einem Dorf unmittelbar an der Rødding Au nordwestlich von Skive geboren. Er war von 1929 bis 1940 Innenminister und von 1957 bis 1960 Wirtschaftsminister Dänemarks. Seine Bedeutung liegt besonders in der ersten Zeit seiner ministeriellen Tätigkeit. Die Erfahrungen seiner politischen Laufbahn legte er in seiner Schrift „Kamp og samarbejde. Nærbilleder af politik og politikere gennem 40 år“ von 1964 nieder. Die im Nachruf erwähnte Zusammenarbeit mit seinem Ministerkollegen und Parteikollegen der Radikale Venstre, Jørgen Jørgensen (1888-1974), ist dokumentiert in „Bertel & Jørgen. Bertel Dahlgaard og Jørgen Jørgensen i glimt i anledning af 100-års dagene i 1987 og 1988“, eine Sammelschrift, die u. a. der Historiker Sigurd Rambusch herausgegeben hat.

 

Donnerstag, 6. April 1872

Auf dem Odinsplatz in Woyens wird eine Skulptur von Helge Holmsgaard, dessen Finanzierung die Sparkasse durch ein 10.000-Kronen-Geschenk anlässlich der Eröffnung der Woyenser Abteilung vor vier Jahren ermöglichte. Die Skulptur wird etwa vier Meter hoch und Mitte dieses Sommers fertig sein.

Foto: arkiv.dk

Unserem Redakteur ist ein Fehler unterlaufen: Einen Bildhauer Holmsgaard hat es nie gegeben. Es war vielmehr Helge Holmskov (1912-1982), der die Plastik geschaffen hat. Holmskov war nach 1945 ein vielbeschäftigter Mann. Wir finden ihn mehrfach in Nordschleswig: im Haderslebener Dammpark („Fliegendes Segel“). Aber er ist nicht nur mit abstrakten Skulpturen hervorgetreten. Zu nennen ist seine bekannte Granitskulptur mit den beiden Kindern und ihrem Karren, ebenfalls im Dammpark.

 

Sonnabend, 8. April 1972

Roda Roda: Rote Weste und Monokel

Roda Roda, geboren vor genau 100 Jahren, am 13. April 1872 in dem slowenischen Dorf Puszta Zdenci, überlebte seinen Bruder im Geiste Jaroslav Hasek um 22 Jahre. Im Gegensatz zu dem tschechischen Armeesatiriker, der seinen literarischen Ruhm nicht mehr erleben sollte – Hasek starb bereits 1923 –, durfte er die Früchte seiner humorigen Kleinkunst ernten. Seine Schriftstellerarbeit setzte erst so richtig ein, als er die Uniform auszog, um in jene zivile Drapierung zu schlüpfen, zu deren wichtigsten Attibuten die berühmte rote Weste und ein Monokel gehörten. Zwischen 1918 und 1933 beherrschten Roda Rodas Kurzerzählungen das weite Feld der deutschsprachigen Presse Europas. Inhaltlich widerspiegelten sie in immer neuen Varianten die liebenswerten Unzulänglichkeiten, die „Schlampereien2 und Missverständnisse in dem k. Und k. Vielvölkerstaat. Er lebte, immer nur „vorübergehend“, in München, Paris, Helsinki, Lissabon, Rom, Berlin, Wien, Graz, Zürich, Genf, um schließlich 1940 nach New York zu emigrieren, wo er fünf Jahre später, am 20. August 1945, starb.

Wer sich das alte Kakanien durch die Lektüre von Robert Musil und mehr noch durch Joseph Roth erschlossen hat, der sollte, da er nun im Urteilen geübt ist, unbedingt zu den Büchern von Roda Roda greifen. Dessen Humoresken, Anekdoten, bissige Kleinerzählungen erzielen in ihrer feingeschliffenen Brillanz immer noch ihre Wirkung. Der Jurist und Berufsoffizier war kurz nach der Jahrhundertwende von 1900 Mitarbeiter des „Simplizissimus“ geworden, was bald den Unmut seiner österreichischen Vorgesetzten hervorrief und 1907 zur Aberkennung seines Offizierstitels führte. Seit 1904 in Berlin ansässig, zog er nach dem Krieg wieder nach München, um dann die Stationen zu durchlaufen, die unsere Zeitung oben angibt. Der „begabte und ritterliche Roda Roda“ (Thomas Mann) ist auf dem deutschen Buchmarkt derzeit kaum vorhanden. Aber in den Antiquariaten warten seine Bücher für ein paar Euro auf dann überraschte Leser.

 

Dienstag, 11. April 1972

Nixon ordnete Einsatz der US-Fernbomber an

Amerikanische Fernbomber vom Typ B-52 haben gestern bei ihrem bisher weitesten Vorstoß nach Nordvietnam Treibstofflager am Rande der Hafenstadt Vinh rund 230 km nördlich der ehemals entmilitarisierten Zone bombardiert. Wie vom amerikanischen Oberkommando in Saigon verlautete, hat Präsident Nixon die Bombardements persönlich angeordnet.

In den Tagen darauf wurden auch die Hauptstadt Hanoi und Haiphong von den USA bombardiert. Damit nahmen die USA den Luftkrieg wieder auf, Hanoi wurde zuletzt im März 1968 bombardiert.

 

Dienstag, 11. April 1972

Verbot der B-Waffen

In Washington, Moskau und London wurde gestern die neue Konvention zur Ächtung biologischer und bakteriologischer Waffen feierlich unterzeichnet. Die Konvention verbietet die Entwicklung, Herstellung und Lagerung von B-Waffen, außerdem gebietet sie die Vernichtung noch vorhandener Kampfstoffe und Gifte. Die USA haben einen großen Teil ihrer B-Waffen schon vor Unterzeichnung der Konvention vernichtet. Ob die Sowjetunion ebenso verfahren ist, ist nicht bekannt.

 

Donnerstag, 13. April 1972

In Eckernförde starb im Alter von 83 Jahren Kino-Direktor Iver Callö. Er war ein führender Mann der dänischen Minderheit und stammte aus Nordschleswig. Eine Zeitlang war er Zweiter Vorsitzender der Sydslesvigsk Forening.

Iver Callø wurde im Oktober 1888 in Erleff (Erlev) südlich Haderslebens (heute längst eingemeindet) geboren und nahm als Soldat der deutschen Truppen am Ersten Weltkrieg teil. Er ließ sich in Eckernförde als Kaufmann nieder und übernahm dort das Hansa-Theater, ein lange Jahrzehnte bestehendes Lichtspielhaus. Den Zeitläuften vermochte er sich anzuschmiegen, er wurde Mitglied der NSDAP. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er Mitbegründer des SSW.

 

Dienstag, 18. April 1972

Deuter und Weichensteller des Geschehens im Grenzland

Heute, am Düppeltag, vollendet der Chef des dänischen Konsulats in Flensburg, Generalkonsul Prof. Dr. Troels Fink, sein 60. Lebensjahr. Er begeht den Tag „in vollem Einsatz“ in Kopenhagen mit dem offiziellen Besuch des Ministerpräsidenten Gerhard Stoltenberg in der dänischen Hauptstadt. Ist die Überschneidung von rundem Geburtstag und schleswig-holsteinischer Visite in Kopenhagen auch ein Zufall, so fügt er sich doch nahtlos in das Bild der Persönlichkeit Finks ein, dessen Lebensweg von der Problematik Dänemark/Schleswig-Holstein geprägt ist, und der in den letzten Jahrzehnten mit am Schaltwerk stand, wo es sich um die Dinge unseres Grenzlands handelte.

 

Donnerstag, 20. April 1972

Als Emil Nolde noch die „Utenwarf“ bewohnte

Früher, als Lisbeth Paulsen noch jünger war, hatte sie auf ihrem Hof am Deich eine ganze Menge zu tun, aber heute, nachdem sie 72 geworden ist, lassen sie und ihr Mann Cornelius es etwas langsamer gehen. Darum hat Lisbeth Paulsen jetzt Zeit, manchmal an früher zu denken, als sie am Haus am Deich aufwuchs, und sie Emil Nolde begegnete, der sich 1914 die „Utenwarf“, einige hundert Meter weiter drüben, kaufte. Damals war Lisbeth (sie hieß noch Petersen) gerade konfirmiert worden und natürlich interessierte sie sich brennend für den Maler da drüben. Nolde freundete sich schnell mit seinen Nachbarn an, nur in sein Atelier durfte keiner kommen. Sobald er aber ein Bild fertig hatte und es in der Stube aufhängte, rief er alle seine jungen Freunde zusammen, damit sie ihm sagten, wie es ihnen gefalle. Der Maler fand nicht immer Zustimmung, aber er fragte sie doch immer wieder. Oft warf er auch angefangene und sogar fertige Zeichnungen in den Papierkorb, weil er sie nicht gut genug fand. „Wenn ich die damals alle aufgesammelt hätte“, sagte Lisbeth Paulsen, wären wir heute reich.“ Für das Bild nämlich, das Emil Nolde eigens für sie malte und ihr zur Hochzeit schenkte, hat man ihr schon viel Geld geboten. Aber die Paulsens trennen sich nicht davon. Die „Utenwarf“ gehörte Nolde bis 1926. Dann verkaufte er sie und zog weiter nach Süden.

Über zehn Jahre wohnten Ada und Emil Nolde auf Utenwarf in der Nähe von Tondern, das sie 1916 bezogen. Als das neue Haus in Seebüll fertig war, zogen sie 1927 dorthin.   

 

Montag, 24. April 1972

Alle Milchtrinker in Norwegen sollen zum Feldzug gegen die norwegische EWG-Mitgliedschaft beitragen. Die Vereinigung der norwegischen Milchproduzenten beschloss am Wochenende, 0,1 Öre je Liter Milch aus den Jahren 1971 für die Ant-EWG-Bewegung bereitzustellen. Sie hat damit von der Landwirtschaft bisher 1,2 Millionen Kronen bekommen.

 

Dienstag, 25. April 1972

Die vom Verfall bedrohte „Wilhelm-Busch-Mühle“ in Ebergötzen (Kreis Göttingen) will ein Verein aus Privatleuten und Kommunalpolitikern retten, der jetzt in Göttingen gegründet wurde. Der Initiator des Förderkreises nannte es das vorrangigste Ziel, rund 200.000 Mark „aufzutreiben“, die voraussichtlich zur Restaurierung der 200 Jahre alten Wassermühle notwendig sind.

Die Mühle in Ebergötzen kannte Wilhelm Busch bereits in seiner Kindheit. Mit dem Müller verband ihn eine lebenslange Freundschaft. Vor 50 Jahren wurde die Mühle, in der Max und Moritz Jahrzehnte zuvor „fein geschroten und in Stücken“ sich wiederfanden, gerettet. Foto: Wikipedia.org

Jeder kennt natürlich Max und Moritz, die wenigsten aber die Mühle, die Wilhelm Busch zum Ort des Geschehens gemacht hatte. Die Mühle bei Göttingen wurde damals gerettet und beherbergt heute u. a. ein Museum.

 

Donnerstag, 27. April 1972

Täglich 365 Millionen Zeitungen

1969 erschienen in aller Welt 7.680 Tageszeitungen. Das sind nur rund 300 mehr als ein Jahrzehnt zuvor. Erheblich zugenommen hat aber die Auflagenhöhe. Sie stieg von 275 auf 365 Millionen. Auf die Weltbevölkerung umgerechnet bedeutet das, dass 1959 jeweils tausend Menschen 122 Zeitungsexemplare lesen konnten, 1969 dagegen 130. In der relativ geringer wachsenden Pro-Kopf-Rate spiegelt sich die Zunahme der Weltbevölkerung von knapp drei Milliarden Menschen (1959) auf mehr als 3,5 Milliarden (1969). Angaben darüber finden sich im neuen Statistischen Jahrbuch der UNESCO. Am besten versorgt mit Tageszeitungen ist nach wie vor Ostasien (vor allem durch Japan) mit 341 Exemplaren für tausend Menschen, die Sowjetunion mit 321, Nordamerika mit 299, Ozeanien mit 296 und Europa mit 259 Exemplaren. Mangelhaft ist die Produktion in Lateinamerika mit 65 Exemplaren, ausgesprochen schlecht in Südasien und Afrika, wo sich jeweils Tausend Personen in 16 bzw. 11 Zeitungsexemplaren teilen müssen. Das Land mit der größten Zeitungsleserschaft blieb Schweden. Dort können jeweils tausend Menschen über 528 Exemplare verfügen. Es folgen Großbritannien mit 460 und die DDR mit 450 Exemplaren. Das Angebot in der Bundesrepublik liegt bei 331 Exemplaren pro tausend.

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