IAA in Frankfurt

Abstecher in die motorisierte Zukunft

Abstecher in die motorisierte Zukunft

Abstecher in die motorisierte Zukunft

Tingleff/Frankfurt a. M.
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Gegenläufige Türen gehören zur modernen Ausstattung. Foto: Alex Søndergaard

Die beiden Tingleffer Alex Søndergaard und Florian Uhlig haben erstmals in ihrem jungen Leben die Internationale Automobil-Ausstellung in Frankfurt besucht – und waren „hammerbegeistert“.

Mit einem geliehenen Benz sind zwei Tingleffer   in die Zukunft gefahren. Sie  waren zwar nicht   in einer Zeitreise-Maschine unterwegs, aber immerhin mit einem 170 PS starken Mercedes C 180 Mietwagen, der sie in nur sechs Stunden die rund 670 Kilometer nach Frankfurt/Main „flog“ – zur Internationalen Automobil-Ausstellung. Zum ersten Mal in ihrem jungen Leben.

Von dem, was sie  auf der Messe  zu sehen bekamen, waren die beiden Freunde Alex Søndergaard (20)  und  Florian Uhlig (22) „hammerbegeistert“, wie Alex erzählt. „Wir wollten uns gern die  neuesten Modelle anschauen. Allein schon der Name Internationale Automobil-Ausstellung klingt ja wie ein Traum, und  wir wollten das, wovon man sonst nur hört, einfach mal sehen.“


 

Alex Søndergaard (l.) und Florian Uhlig haben viele, viele Fotos von der IAA auf ihrem Laptop gespeichert. Foto: Karin Riggelsen

„Wenn man Science-Fiction denkt, dann denkt man nicht mehr rund“

Was die beiden dort zu sehen  bekamen, war nicht nur reichlich, sondern auch reichlich zukunftsorientiert. Die Autohändler präsentieren auf der Messe natürlich ihre neuesten Modelle, und so gab es nicht nur alltagstaugliche Gefährte zu sehen, sondern auch gepanzerte Ministerautos,  mit Fernseher und gemütlichen Liegesitzen ausgestattete Luxus-Vans sowie einen selbst fahrenden VW Bus, der noch gar nicht in Produktion gegangen ist. „Statt  Außenspiegel hat er  eine Kamera, und das Lenkrad ist viereckig“, erinnert sich Alex noch immer begeistert und ist sicher: „Wenn man Science-Fiction denkt, dann denkt man nicht mehr rund.“

Modelle mit gegenläufigen Türen, Autos, die mit einer Chipkarte statt mit einem Schlüssel anspringen – und selbst fahrende Modelle. „Da gab es zum Beispiel einen Wagen von Bosch, der  allein in den Carport oder in die Parklücke fährt – der Fahrer kann dann  schon mal seine Einkäufe ins Haus tragen“, erzählt der
20-Jährige. Fasziniert war er auch von dem Aeromobil, das halb Auto, halb Flugzeug ist. „Wenn man es eilig hat oder  der Verkehr sich staut, fährt man die Tragflächen aus, und es erhebt sich in die Luft.“ Das  gefällt nicht nur den beiden Tingleffern, sondern würde  ganz sicher auch den Spion Ihrer Majestät, James Bond, entzücken.

 

Beim VW Bus ersetzt eine Kamera den Außenspiegel. Foto: Alex Søndergaard

Faszinierende Technik – unbezahlbare Preise

Doch zurück ins Hier und Jetzt und  auf den Boden der Realität. „Ich habe auf der Messe auch festgestellt: Egal was ich beim Jugendverband verdiene, das kann ich mir nicht leisten. Selbst für deutsche Standards sind das gepfefferte Preise.“ Unbezahlbar ist    für Alex als Range-Rover-Fan auch ein  Modell, mit dem sich je nach Beschaffenheit der Fahrbahn auf „Sport“ (Autobahn), „Offroad“ (Gelände) oder „Öko-Modus“ (sparsamer) scrollen lässt. „Da drin zu sitzen war ein hammergeiles Erlebnis.“

Die Anschaffung jedoch in weiter Ferne für die jungen Männer, die als  Sportlehrer beim Deutschen Jugendverband für Nordschleswig und an der Deutschen Nachschule Tingleff (wie Alex im  Sabbatjahr) und als Maurer (wie Florian bei A.C. Murerforretning) arbeiten.

Also bleibt die Verwirklichung eventuell geweckter Träume in weiter Ferne – wie auf der Messe auch manche Modelle, denen sich die Besucher nur mit einigen Metern Abstand nähern durften. So haben sich  die beiden Tingleffer mit dem Ansehen und Fotografieren  der Ausstellungsstücke  getröstet – darunter ein Bugatti,  der   in Nullkommanix von  0 auf 400 beschleunigt   und  in Dänemark jeden Bußgeldkatalog sprengen würde, und ein Porsche, der  im Rennen von Le Man Rekorde einfährt.

„Aber in viele Autos konnte man sich reinsetzen. Für die Messe  extra geschulte Studenten haben dann sehr freundlich alles gezeigt  – und  die  sehr hochwertigen Musikanlagen aufgedreht, damit man das ganze Feeling  genießen konnte“, so Alex.

Fast alle Hersteller hätten zudem mindestens eine Person beschäftigt, die die edlen Karossen fortwährend von Staub und Fettflecken   befreien. Die Zukunft präsentiert sich also blitzsauber – jedenfalls auf dem Lack. Und die Hintergrund-Deko  an den jeweiligen  Messeständen ist  nicht etwa eine Fototapete, sondern  eine mit  den Zukunftsmodellen harmonierende  LED-Show, die nicht nur Infos  liefert, sondern auch Nahrung für die Träume der Besucher.

 

In den Porsche hätte sich Florian zu gern mal reingesetzt. Foto: Florian Uhlig

Platz für Begeisterung

Insgesamt war es für Florian und Alex eine richtig gelungene Aktion. Wir wussten erst gar nicht, in welcher der elf Hallen wir anfangen sollten, so überwältigt waren wir. Manchmal  waren da so viele Leute, dass wir uns   wie Sardinen in der Dose oder wie Kühe auf der Weide gefühlt haben, die alle einer Leitkuh folgen. Dann haben wir gedacht: Puha,  bloß schnell wieder raus“, so Alex. Aber dann fanden sie ruhigere Ecken – da gab es  Platz für sie  und ihre Begeisterung. Florian, der  sich selbst als „Autofanatiker“ bezeichnet, hätte sich am liebsten mal in den Porsche 911 GT2 RS reingesetzt, der es auf 700 PS bringt und den 22-Jährigen besonders fasziniert hat. „Aber da war die Schlange zu lang.“ „Nicht so schön“, fand er hingegen, dass man für einige Fahrzeuge eine VIP-Karte für 50 Euro hätte kaufen müssen für das Privileg, einmal am Lenkrad  beispielsweise  eines rund 270.000 Euro teuren Ferraris zu sitzen.

Aber die  Begeisterung für die IAA insgesamt hat das nicht geschmälert.  In zwei Jahren wollen Florian und Alex    wieder nach Frankfurt fahren, dann aber  mindestens einen Tag länger, um auch mal auf dem Außengelände einige Fahrmanöver zu erleben, die sonst  eher Bestandteile von   Action-Filmen sind.

Dass die Tingleffer sich für die Fahrt von  Flensburg nach Frankfurt  ein „dickes“ Auto gemietet haben, liegt daran, dass sie „selbst ein bisschen Spaß haben wollten – und  nicht nur gucken“, wie Alex sagt. Auch das Zimmer in der 38. Etage eines 5-Sterne-Hotels fällt in die Kategorie: „Wir haben gedacht, wir gönnen uns mal was, und wir  haben wie die Könige gelebt.“

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