Haus & GArten
Große Toleranz für kleine Lebewesen
Große Toleranz für kleine Lebewesen
Große Toleranz für kleine Lebewesen
Ulla Terp genießt ihren Naturgarten – schon vom Bett aus.
Wenn Ulla Terp am Morgen die Augen öffnet, sieht sie die aufgehende Sonne, im Mai die zartrosa Blüten des Quittenbaumes und kann die Vögel in ihrem Garten zwitschern hören – und sogar beobachten. Ihr Bett und das Leben draußen trennen nur wenige Schritte, denn die 77-Jährige hat ihre Schlafstatt im Wintergarten ihres Hauses platziert. – Ein 27 Quadratmeter messender Anbau, dessen große Scheiben den Blick aufs Grüne, Bunte und Gefiederte freigeben – und der zurzeit eigentlich Sommergarten heißen müsste.
„Ich genieße es sehr, so aufzuwachen“, erzählt die ehemalige Lehrerin, „es ist so spannend, was sich an den Starenkästen tut und all die schöne Natur zu sehen.“
Apropos Natur: „Unser Garten ist eigentlich ein Naturgarten“, sagt Ulla Terp, „denn wir haben noch nie Spritzmittel, Schneckenkorn oder künstlichen Dünger benutzt.“ Und wenn die Hasen den Salat abfressen, ist die Tonderanerin auf ihre spezielle Weise nachsichtig: „Die können sich ja keinen kaufen“, sagt sie lachend. Sie und ihr Mann Horst würden eben eher mit den Tieren leben als gegen sie.
„Ich putze den Garten auch nicht.“ Das hat zur farbenfrohen Folge, dass verschiedene Sorten Mohn – von Rottönen bis fast schwarz – „sehr gerne zwischen den Gehweg-Platten blühen dürfen – erst anschließend ziehe ich sie raus“. Und im nächsten Jahr sind sie wieder da. Ebenso großer Toleranz verdankt es die Brennnessel, die sich außen an das Hochbeet schmiegt, dass sie dort bleiben darf. Schließlich nimmt das grüne Kraut dem geplant Angebauten drinnen im Beet nichts weg. Dort gedeihen Radieschen-Pflänzchen, Kartoffeln und Porree, Möhren, Bohnen und Brokkoli, Grünkohl, Rhabarber – und zwischendrin Ringelblumen. Trotz der Brennnessel!
Platz ist im Garten außerdem für Apfel- und Birnenbäume, Bärlauch und Waldmeister, ein Hochbeet mit Kräutern, für Rosen und Ranunkeln, Hortensien und Fingerhut. Und immer wieder für Anarchie. So sei der wilde Lerchensporn plötzlich im Garten aufgetaucht und der Zierlauch (Allium) wachse immer mal wieder an Stellen, wo man ihn gar nicht vermutet. „Allium finde ich besonders schön“, erzählt die Frau, die außerdem sehr gern strickt und näht – und seit mittlerweile 64 Jahren in der Nordschleswigschen Musikvereinigung mit Freuden singt. Dort ist sie zurzeit das dienstälteste Mitglied.
Reise-Andenken
Von den Pflanzen, die heute im Garten der Terps gedeihen, sind einige sogar Reise-Andenken. Zum Beispiel die wilden Wald-Erdbeeren unter dem Apfelbaum. „Bei einer Wanderung in den Tiroler Bergen haben wir eine Pflanze davon mitgebracht.“ Mittlerweile reichen deren Nachkommen für so manch üppige Nachspeise. Der 1.100 Quadratmeter große Garten ist für Ulla Terp nicht nur ein spannendes Stück Lebensqualität, sondern auch „reine Meditation. Ich brauche kein Fitness-Studio“, versichert die gebürtige Lendemarkerin, „mit Fahrradfahren und Im-Garten-Sein habe ich genug Bewegung“.
Vor 41 Jahren hat das Ehepaar das Haus als Rohbau gekauft. „Deshalb konnten wir vieles mitbestimmen“, sagt Ulla Terp. Im Garten sei am Anfang nichts gewesen. Entsprechend viel Raum gab es also für ihre Kreativität. So hat sie etwa ein Vogelhaus mit Hauswurz bepflanzt, und in einer Sandkiste, in der früher die vier Kinder der beiden Söhne gespielt haben, wachsen heute Mohn, Akelei, Primeln und mehr. „Als Julia, unser jüngstes Enkelkind, zwölf war, sagte sie: ,So, Oma, nun brauchen wir die Sandkiste nicht mehr, nun kannst du sie bepflanzen.’“
Etwa zwei Jahre nach dem Hausbau wurde damals aus der überdachten Terrasse der Wintergarten, in dem sie seit etwa zehn Jahren regelmäßig schläft – bis vor einem Jahr auch im Winter, nun etwa von März bis Oktober. „Viele sagen, das ist doch viel zu hell!“ Denen antwortet sie: „Ich habe doch die Augen zu. Und bevor es nicht dunkel ist, gehe ich sowieso nicht ins Bett.“