Schleswig-Holstein

Wie Robert Habeck der „Heizungshammer“ auf die Füße fällt

Wie Robert Habeck der „Heizungshammer“ auf die Füße fällt

Wie Robert Habeck der „Heizungshammer“ auf die Füße fällt

Simone Schnase/shz.de
Schleswig-Holstein
Zuletzt aktualisiert um:
Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) lässt sich beim Besuch eines Krankenhauses mit nachhaltigem Energiekonzept in Horenka nahe Kiew den Tank einer Wärmepumpe zeigen. Foto: Christoph Soeder/dpa

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Robert Habeck wird von seinen politischen Gegnern vorgeworfen, mit dem neuen Gebäudeenergiegesetz Schrecken zu verbreiten. Doch dabei sind sie es, die Ängste durch Falschinformationen schüren.

Der grüne Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck ist abgestürzt: War er einst der beliebteste Minister im Kabinett von Olaf Scholz, sind laut einer Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos mittlerweile 53 Prozent der Bundesbürger mit seiner Arbeit „sehr unzufrieden“ – das sind elf Prozent mehr als noch im März. Das liegt sicher auch an der „Trauzeugen-Affäre“ um Habecks mittlerweile entlassenen Wirtschaftssekretär Patrick Graichen. Aber kann das wirklich der einzige Grund sein?

Schließlich hat sich, anders als bei den Masken-Deals der CSU, hier niemand finanziell bereichert und schließlich gibt es auch bei anderen Parteien Klientelpolitik und Vetternwirtschaft: So wurde fast gleichzeitig mit dem Bekanntwerden der familiären Verstrickungen von Graichen publik, dass FDP-Verkehrsminister Volker Wissing Vertraute ohne Ausschreibung auf Abteilungsleiter-Posten gehievt hat.

Und die Schwägerin von CDU-Generalsekretär Mario Czaja, der sich kürzlich im Bundestag sehr stark dafür gemacht hat, dass die Autobahn A100 quer durch Berlin verlaufen soll, ist Referentin für Länderangelegenheiten bei der Autobahn GmbH. Ihr Mann, also Czajas Bruder, ist übrigens Politiker bei der autobahnfreundlichen FDP.

Natürlich entschuldigt oder relativiert das keine Verletzung der sogenannten Compliance-Regeln bei den Grünen und es war absolut richtig, dass Graichen gehen musste, aber Wissing ist für die Enthüllungen aus seinem Ministerium lange nicht so abgestraft worden wie Habeck: Seine Unbeliebtheitswerte sind nur um vier Prozent auf insgesamt 47 Prozent gestiegen.

Der „Heizungshammer“ ist im Koalitionsvertrag festgeschrieben

Nein, es ist eher anzunehmen, dass die Bürger Habeck für etwas bestrafen, was mittlerweile auch in Teilen des Bundestages als „Heizungshammer“ bezeichnet wird. Diese Bezeichnung, in die Welt gesetzt von deutschen Boulevardmedien, steht für das geplante Gebäudeenergiegesetz und nicht nur medial, sondern auch politisch wird Robert Habeck höchstpersönlich dafür verantwortlich gemacht, vor allem aus den Reihen der AfD und CDU.

So sagte der bereits genannte Mario Czaja in einer Rede im Bundestag, dass „der Heizungshammer mit voller Wucht“ zuschlage und „dieser Minister Angst und Schrecken im ganzen Land“ verbreite. 

Dabei ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG) oder besser gesagt die geplante Änderung des GEG bereits im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Nicht allein Robert Habeck, sondern SPD, Grüne und FDP haben hier gemeinsam schriftlich festgelegt, dass zum ersten Januar 2025 „jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden“ soll.

Die CDU hat den Wandel verhindert, hat an Gasheizungen festgehalten

Angesichts des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine wurde der Starttermin dann um ein Jahr vorverlegt, und zwar ebenfalls nach einem gemeinschaftlichen Beschluss der Ampel-Koalition. Der sogenannte „Heizungshammer“ kommt also lediglich zwölf Monate früher als ohnehin geplant und wäre als „Hammer“ im übrigen vermeidbar gewesen.

Denn die CDU, die jetzt am vernehmbarsten gegen das neue GEG wettert, hat als Regierungspartei trotz bereits lange feststehender Klimaziele und trotz der massiven Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas immer weiter an der Förderung von Gasheizungen festgehalten.

Die Folge: Deutschland ist beim Thema klimafreundliche Heizungen nun abgehängt. Während hierzulande im vergangenen Jahr gerade einmal sechs Wärmepumpen pro eintausend Haushalte verkauft wurden, waren es in den Niederlanden und in Frankreich dreimal und in Finnland sogar mehr als elfmal so viele.

Niemand muss eine funktionstüchtige Heizung austauschen

Auch bezüglich des GEG-Inhalts wird mit Un- und Halbwahrheiten Stimmung gemacht. So sprach die CDU-Abgeordnete Anne König von einem „Zwangstausch“ und die AfD behauptete, mit einem „Zwang zur Anschaffung von Wärmepumpen“ würden die Eigentumsrechte der Bürger missachtet. Dabei betrifft das GEG lediglich den Einbau neuer Heizungen.

Es geht also entweder um neugebaute Häuser oder Wohnungen, die ab 2024 überhaupt erst eine Heizungsanlage bekommen oder um Fälle, in denen eine Öl- oder Gasheizung irreparabel kaputt ist und ohnehin eine neue Heizung her muss. In diesen Fällen müssen ein Gerät oder eine Kombination von Geräten verbaut werden, die mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.

Niemand muss also seine funktionstüchtige Heizung austauschen und jeder kann seine defekte Gas- oder Ölheizung so oft reparieren lassen, wie er mag. Erst ab dem Jahr 2045, also 21 Jahre später, soll dann endgültig Schluss sein mit Öl und Gas. Das ist zumutbar und wird voraussichtlich auch nicht mehr sehr viele Haushalte betreffen.

Angst und Schrecken wird verbreitet - allerdings durch Falschinformationen

Es wird in der Tat, da hat Mario Czaja recht, Angst und Schrecken in diesem Land verbreitet – allerdings durch viele Falschinformationen, die auch von seiner Partei in die Welt gesetzt werden. Dass solche Töne in der Diskussion um das Thema „Wärmewende“ überhaupt die Überhand gewinnen konnten, ist ein Zeichen einer miserablen Kommunikation der Bundesregierung und in diesem Falle explizit auch von Robert Habeck, die sicherlich nicht zuletzt dem permanenten Streit in der Ampelkoalition geschuldet ist.

Nicht nur an einigen Inhalten des GEG wie beispielsweise eine höhere Förderung für neue Heizungen, eine sozialere Staffelung dieser Förderung oder Sicherheiten für Mieter muss die Ampel unbedingt noch arbeiten, sondern sehr dringend auch an dieser Baustelle. Ansonsten wird sie das ohnehin angeschlagene Vertrauen der Bürger nur noch schwer wiedererlangen.

Mehr lesen