Gesellschaft

Wie kann ein Kind so viel Aufmerksamkeit brauchen?

Wie kann ein Kind so viel Aufmerksamkeit brauchen?

Wie kann ein Kind so viel Aufmerksamkeit brauchen?

Mahé Crüsemann/shz.de
Flensburg
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Kinder brauchen oft viel Aufmerksamkeit. Wir sollten sie ihnen ab und zu schenken. Foto: imago stock&people

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Oft wollen Kinder im Mittelpunkt stehen. Das ist für Eltern und Freunde nicht leicht. Warum man trotzdem nicht zu schnell genervt sein sollte, findet Mahé Crüsemann in dieser Kolumne heraus.

„Mama, guck mal!“ Der Besuch bei Freunden gestaltet sich als kommunikative Herausforderung. „Mama, willst du ein Eis bei mir kaufen?“ Denn nach jedem Halbsatz, den ich mit meiner Freundin gesprochen habe, kommt ein gar nicht so leises Stimmchen und fordert Aufmerksamkeit ein.

„Mama!“ Ich werde immer wieder aus meinen Gedanken gerissen, verzettele mich und vergesse meinen roten Faden. „Ich möchte in die Sandkiste.“ Meine Freundin auf der anderen Seite, die Mutter des Kindes, das so völlig selbstverständlich im Mittelpunkt stehen möchte, schafft es, ihre Aufmerksamkeit scheinbar mühelos zwischen mir und ihrer Tochter aufzuteilen. Wie kann es sein, dass dieses Kind so viel Zuwendung braucht, frage ich mich etwas genervt – und denke an meine eigene Kindheit zurück: Habe ich meine Eltern auch so in Beschlag genommen? Wie sind sie damals damit umgegangen?

Bedingungslose Elternliebe

Ich muss mir selber eingestehen: Ich habe wirklich viel Aufmerksamkeit bekommen, habe aber durchweg positive Erinnerungen daran. Natürlich gab es auch mal ein Nein. Ich durfte bei Weitem nicht alles, und wenn meine Eltern sich unterhalten haben, bekam ich auch mal zu hören: „Jetzt nicht“. Genauso oft haben sie ihr Gespräch unterbrochen und geguckt, wenn ich etwas zeigen wollte, sie haben Eis in meinem Eisladen gekauft und sind mir in die Sandkiste gefolgt. Diese Erkenntnis stimmt mich milde: Ich war mit Sicherheit nicht ganz einfach. Dass meine Eltern sich die Zeit genommen haben, rechne ich ihnen hoch an. Ich habe gelernt, dass meine Stimme gehört wird, dass ich für Dinge einstehen kann, die mir etwas bedeuten. Aber viel wichtiger: Ich habe nie daran gezweifelt, dass meine Eltern mich bedingungslos geliebt haben.

Also schenke ich dem kleinen Wesen im Wohnzimmer meiner Freundin die Aufmerksamkeit, die es haben möchte und denke dabei: Hoffentlich wird sie sich eines Tages daran erinnern und zu einer starken Frau heranwachsen.

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