Minderheiten

Was sich Dänen und Friesen in Nordfriesland für die Erhaltung ihrer Kultur wünschen

Was sich Dänen und Friesen in Nordfriesland wünschen

Was sich Dänen und Friesen in Nordfriesland wünschen

Husumer Nachrichten
Flensburg
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Der Besuch von Dänemarks Königin Margrethe II. im September 2019 in der der Risum Skole/Risem Schölj in Risum-Lindholm war eine große Anerkennung für die dänische und die friesische Minderheit. Foto: Volkert Bandixen/shz.de

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Die Sprachenvielfalt ist ein Alleinstellungsmerkmal für Deutschlands nördlichsten Landkreis. Elf Jahre nach dem ersten hat der Kreis Nordfriesland jetzt den zweiten Minderheiten-Bericht veröffentlicht.

Die friesische Volksgruppe und die dänische Minderheit sind nach den Worten von Landrat Florian Lorenzen „Schätze, die unseren Alltag bereichern“. Und dann kommt das Aber: „Aber insbesondere die friesische Kultur ist gefährdet – deshalb müssen wir sie hegen und pflegen.“ So äußert sich der Kreischef in einer Pressemitteilung zum jüngsten Minderheitenbericht aus seinem Haus. Der erste erschien 2011, mit dem zweiten befasste sich der Kreistag im Juni dieses Jahres. Nun wurde die endgültige Version veröffentlicht.

Verfasserinnen sind laut der Mitteilung der Pressestelle die damaligen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen des Kreis-Fachdienstes Kultur, Katharina Frey und Johanna Neubauer. Ehrenamtlich tätige Mitglieder der Arbeitsgruppe Mehrsprachigkeit des Kreistages haben sie den Angaben zufolge unterstützt. Zudem wurden die Minderheiten selbst beispielsweise mit Online-Umfragen beteiligt, etwa zu der Frage: „Wie lebendig ist die friesische Sprache in Nordfriesland?“

Der Minderheitenbericht schildert, wie vielfältig die friesische Kultur im Alltag präsent ist: So förderten der Nordfriesische Verein und die Friisk Foriining neben der Sprache auch Theater-, Musik-, Tanz- und Trachtengruppen, bemühten sich um die Bewahrung historischer Denkmäler und unterstützten historische, landschaftsgeschichtliche und volkskundliche Vorträge und Veröffentlichungen.

Wie bei der dänischen Minderheit spiele die Jugendarbeit eine große Rolle: Mit Kindertagen, Schultheatertreffen oder durch Sportvereine mit friesisch-sprachigen Trainern werde die Jugend an die Kultur der Heimat herangeführt.

Auch die vielfältigen Angebote der „sehr gut organisierten dänischen Minderheit“ werden in dem Bericht dargestellt: Sie verfüge über eigene Schulen und Kindergärten, ein Gesundheitssystem, eine Kirche, eine Zentralbibliothek und sogar eine eigene Zeitung.

Arbeit der Minderheitenverbände würdigen

„Die beiden Autorinnen haben schwerpunktmäßig die aktuellen sprach- und minderheitspolitischen Entwicklungen beleuchtet. Das Ziel war eine kompakte Darstellung der Chancen, Herausforderungen und Aufgaben, denen die Minderheiten gegenüberstehen und mit Erfahrung, Engagement und Aufgeschlossenheit begegnen“, so Johanna Jürgensen, Leiterin des Fachdienstes Kultur. Zudem wollten die Autorinnen die Leistungen der Minderheiten sichtbar machen, um deren Arbeit zu würdigen und um Handlungsbedarfe aufzudecken.

Ein besonders wichtiges Kapitel des Berichts sind deshalb die Handlungsempfehlungen der Minderheiten an den Kreis Nordfriesland. Dort wird beispielsweise angeregt, bei allen Image- und Tourismuskampagnen die friesische Sprache und Identität als Besonderheit der Region mit in den Blick zu nehmen und die friesischen Verbände und Institutionen als Diskussionspartner einzubeziehen. Die dänische Minderheit fordere unter anderem eine stärkere Sichtbarmachung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die Durchführung einer Erhebung über freiwillige finanzielle Förderungen aus den Gemeinden an die Institutionen der dänischen Minderheit.

Auch Platt ist Thema

Im Unterschied zum ersten Minderheitenbericht wird im zweiten auch die Situation des Niederdeutschen thematisiert. „Es gibt viele Parallelen zwischen den Belangen der Minderheiten und den Organisationen, die sich für den Erhalt der plattdeutschen Sprache einsetzen. Deshalb lag es nahe, den Fokus zu erweitern“, sagt Johanna Jürgensen. Eine Forderung aus diesem Bereich ist die Unterstützung von Initiativen, die das Bewusstsein für den Wert der Mehrsprachigkeit stärken.

„Da sind gerade in den 1950er bis 1970er Jahren erhebliche Fehler gemacht worden, als man dachte, dass Regional- und Minderheitensprachen in der modernen Welt gar nicht mehr benötigt werden. Deshalb haben Eltern sie ihren Kindern nicht mehr beigebracht. Darunter leidet auch die plattdeutsche Sprache noch heute“, so Landrat Florian Lorenzen.

Was vor Jahrzehnten als provinziell und rückwärtsgewandt empfunden wurde, werde heute oft als wertvolle Kindheitserfahrung und Prägung für das spätere Leben angesehen. „Wer in einer Familie aufwachsen durfte, in der im Alltag Friesisch, Plattdeutsch oder Dänisch gesprochen und die damit verbundene Kultur gelebt wurde, trägt diese Erinnerungen lebenslang im Herzen. Das ist ein großer Vorteil. Und es schafft schneller eine Verbindung zu Menschen, die die gleichen Erfahrungen gemacht haben“, weiß Lorenzen.

Der nächste Minderheitenbericht soll in etwa drei Jahren erscheinen. Die Autorin steht bereits fest: Birte Überleer aus dem Fachbereich Jugend, Familie und Bildung der Kreisverwaltung. Sie hat die Arbeitsgruppe Mehrsprachigkeit von Beginn an begleitet.

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