Infrastruktur

Was die schwarz-grüne Koalition für die Schienenwege im Land plant

Was die schwarz-grüne Koalition für die Schienenwege im Land plant

Was die Koalition für die Schienenwege im Land plant

Henning Baethge/shz.de
Kiel
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Schleswig-Holsteins neue Landesregierung geht in ihrem Koalitionsvertrag über den gerade erst veröffentlichten Nahverkehrsplan hinaus – und will gleich neun stillgelegte Strecken wiedereröffnen.

Neun Wiedereröffnungen alter Trassen, sechs Elektrifizierungsprojekte, drei Neubaustrecken und der Erhalt der Bäderbahn an der Lübecker Bucht: Das sind die Pläne der neuen schwarz-grünen Landesregierung für die Schienenwege in Schleswig-Holstein. Auf diese Weise will die Koalition es schaffen, dass der Anteil des Zugverkehrs am Personenverkehr im Land von heute 7 Prozent auf 20 bis 25 Prozent steigt und ab 2030 alle Regionalzüge emissionsfrei fahren.

Zwei zu reaktivierende Strecken nicht im Nahverkehrsplan

Laut ihrem Koalitionsvertrag wollen CDU und Grüne dazu nicht nur die sieben im Landesnahverkehrsplan ohnehin vorgesehenen Strecken wiedereröffnen – von Kiel-Schönberger Strand über Neumünster-Ascheberg bis Geesthacht-Bergedorf. Vielmehr sollen noch zwei weitere stillgelegte Linien neu belebt werden. „Neben den genannten Projekten wollen wir uns für weitere Reaktivierungen und Ausbauten einsetzen“, heißt es im schwarz-grünen Koalitionsvertrag.

Die Bahn-Pläne der schwarz-grünen Koalition in Schleswig-Holstein Foto: Can Yalim/shz.de

Genauer gesagt geht es um die beiden Strecken Kappeln-Süderbrarup, auf der bisher eine Museumseisenbahn fährt, und Bad Malente-Lütjenburg, wo sich ein Verein zur Reaktivierung der Strecke gegründet hat, der zunächst mit einer Draisine starten will. Auf beiden Linien sollen nach dem Willen von Schwarz-Grün bald wieder reguläre Züge fahren.

Flensburg-Niebüll im Koalitionsvertrag nicht erwähnt

Ein Fragezeichen steht dagegen hinter der Wiedereröffnung der Strecke Flensburg-Niebüll: Zwar zählt sie zu den sieben im Nahverkehrsplan zur Reaktivierung vorgesehenen Linien – und zu dem Nahverkehrsplan bekennt sich auch die neue Regierung. Doch im Koalitionsvertrag wird diese Strecke als einzige nicht erwähnt. Auch hält sich die Begeisterung in den Gemeinden an der Trasse bisher in Grenzen.

Mittelfristig sollen alle Strecken elektrifiziert werden

Außerdem wollen CDU und Grüne mehrere Strecken rasch elektrifizieren. Neben den großen Routen nach Sylt und zum Fehmarnbelt-Tunnel sowie der Strecke Neumünster-Bad Oldesloe ist darunter auch eine, für die im gerade erst veröffentlichten Nahverkehrsplan gar keine Oberleitung vorgesehen ist: Die Trasse zwischen Heide und Büsum soll elektrifiziert werden, weil das bei Heide geplante Batteriewerk des schwedischen Herstellers Northvolt nach dessen Willen mit elektrischen Zügen erreichbar sein soll. Das hat das Land zugesagt – und will dazu auch noch ab Tiebensee eine kleine Stichstrecke zum Batteriewerk bauen. Mittelfristig will Schwarz-Grün sogar alle Strecken im Land elektrifizieren.

Eine weitere kurze Neubaustrecke ist laut Koalitionsvertrag nach Schenefeld im Kreis Pinneberg vorgesehen – zur Verlängerung der in Hamburg geplanten S 32. Die längste neue Strecke, die Schwarz-Grün plant, geht wiederum ebenfalls auf die Pläne für das Batteriewerk zurück: Weil Northvolt davon ausgeht, dass viele der voraussichtlich 3000 Beschäftigten des Heider Werks in Hamburg wohnen werden, haben die Schweden vom Land eine schnellere Zugverbindung zwischen beiden Städten gefordert – und das Land hat sie zugesichert und eine Neubaustrecke in Aussicht gestellt.

Fahrt zwischen Elmshorn und Itzehoe soll kürzer werden

Konkret will der neue Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen die Marschbahnlinie im Kreis Steinburg deutlich verkürzen. Zwischen Horst und Itzehoe will er eine neue Gleistrasse bauen lassen – ohne den bisherigen Umweg über Glückstadt. Die Fahrzeit zwischen Elmshorn und Itzehoe würde dadurch von 24 auf 14 Minuten sinken. Glückstadt soll trotzdem nicht vom Bahnverkehr abgekoppelt werden: Laut Nahverkehrsplan sollen auf der alten Trasse weiter Regionalzüge der Linie Hamburg-Itzehoe fahren.

Beim Fahrgastverband Pro Bahn sieht man die schwarz-grünen Pläne mit gemischten Gefühlen. „Der Koalitionsvertrag zeigt sich bei den Zielen im Schienenverkehr als ambitioniert“, lobt Pro-Bahn-Landeschef Stefan Barkleit. Doch bei genauem Hinsehen werde aus den ambitionierten Zielen nur „eine vage Perspektive“. Denn es sei völlig unklar, wie das Land die umfangreichen Projekte rasch verwirklichen wolle. Um mehr Tempo in die Planung zu bringen, schlägt Pro-Bahn-Ehrenvorsitzender Karl-Peter Naumann vor, die landeseigene AKN stärker für den Schienenausbau heranzuziehen. Außerdem müsse Minister Madsen sein Amt für Planfeststellung Verkehr personell deutlich stärken.

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