24. Wackener Teichgespräche

Von Wasserstoffflugzeugen und dem Design von Elektrofahrzeugen

Von Wasserstoffflugzeugen und dem Design von Elektrofahrzeugen

Wasserstoffflugzeuge und Elektrofahrzeuge

SHZ
Wacken
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Im angeregten Austausch über die Mobilität der Zukunft: Ove Petersen (CEO GP Joule, von links), sh:z-Autor Jürgen Muhl, Martin Henne (Vorstandsvorsitzender Elecricbrands AG) und Theo Weirich (CEO Stadtwerke Norderstedt/Wilhelm Tel. GmbH). Foto: Micael Ruff / SHZ

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Wie werden wir uns in Zukunft fortbewegen und wie können Elektroautos das Stromnetz beeinflussen: Um diese Fragen handelte es sich bei den 24. Wackener Teichgesprächen.

Langsam senkt sich die Sonne hinter dem Jagdhaus „Schweinehof“ in Wacken. Sie taucht das große weiße Zelt auf der Wiese in goldenen Glanz. Diese friedliche Atmosphäre will so gar nicht zu dem aufgebrachten Vortrag von Theo Weirich passen: „Es wird kein Flugzeug geben, das mit Wasserstoff fliegt. Alleine für die Entwicklung passender Triebwerke braucht man Jahrzehnte“, braust der CEO der Stadtwerke Norderstedt auf.

Ove Petersen, Geschäftsführer bei GP Joule, entlockt dies nur ein schelmisches Grinsen. Er beugt sich zu Moderator und sh:z-Autor Jürgen Muhl, der zwischen den Kontrahenten steht, und flüstert ihm etwas ins Ohr. „Jaja, er muss ja etwas dagegen sagen“, kommt es promt von Weirich. Sowohl das Podium als auch die Zuschauer lachen.

Besondere Stimmung

Es ist diese Stimmung, die die Wackener Teichgespräche auszeichnet. In lockerer, humorvoller Atmosphäre diskutieren angesehene Experten über die wirtschaftlichen Herausforderungen der Zukunft. Auch in der 24. Auflage, die am Freitag stattfand, hat die Diskussion nichts von ihrer Schärfe und gleichzeitiger Freundschaftlichkeit verloren.

Und so wundert es nicht, dass Petersen nach dem engagierten Vortrag des Stadtwerke-Chefs zur Gegenrede anhob. „Es gibt doch schon Flugzeuge, die mit Wasserstoff fliegen. Ich bin davon überzeugt, dass interkontinentale Flüge in Zukunft mit Wasserstoff betrieben werden“, sagt er.

Weirich kritisiert, dass von politischer Seite alles auf die Entwicklung von Wasserstoff gesetzt wird. „Ich glaube, dass man genauso engagiert an synthetischen Kraftstoffen forschen müsste“, sagt er.

Eine dritte Meinung

Zwischen den beiden Streithähnen steht noch Martin Henne. Er ist der Vorstandsvorsitzende der ElectricBrands AG aus Itzehoe. Zur Wasserstoff-Thematik kann er nichts beitragen und deshalb lässt er das Mikrofon sinken. Eine Geste, die der sh:z-Moderator sofort registrierte.

Gekonnt dreht er dem Wasserstoff den Hahn ab und widmet sich dem Elektrofahrzeug-Pionier. Grinsend holt er zum Schlag aus: „Ihr wollt elektrische Leichtfahrzeuge marktreif machen. Einer Studie zufolge entscheiden aber 68 Prozent der Käufer nach dem Äußeren und euer Designer war da wohl gerade im Urlaub.“

Die Quittung kommt aus dem Publikum: „Ich finde das Design absolut gelungen“, ruft einer. Das nimmt Henne sofort auf. „Über Aussehen kann man immer streiten. Unser Designer war früher allerdings früher mal bei Ferrari“, sagt er. Der Gegenschlag hat gesessen, das bemerkt auch das Publikum.

Von Elektroautos

Dass die Fahrzeuge neu und ungewohnt aussehen, ist gewollt. Man wolle sich abheben. Außerdem ist das Konzept viel weiter gedacht als nur Mobilität. „Man braucht keine riesige Reichweite. Die meisten Autos stehen 23 Stunden am Tag. Wenn man nun unsere Fahrzeuge mit Solarfolie ausstattet, produzieren sie sogar ihre eigene Energie“, erklärt Henne.

Ein Vorstoß, den auch Ove Petersen aufnimmt. „Die können dann ja auch Strom zurück ins Netz geben, wenn es benötigt wird“, sagt er. Seiner Meinung nach werde sich der Strombedarf und die Verfügbarkeit in Zukunft drastisch ändern. Weg vom fossilen hin zu nachhaltigen, grünen Energieformen. Dazu gehört es dann aber auch, dass die Menschen ihren Verbrauch planen.

Neue Denkweisen

„Wenn viel Strom da ist, kann viel abgenommen werden“, sagt er. Autos mit Batterien könnten in diesem Szenario als Zwischenspeicher dienen, die bei Bedarf den Strom aus ihren Zellen zurück ins Netz geben und so Schwankungen ausgleichen.

Alle drei Experten sind sich sicher, dass Strom in Zukunft billiger sein wird. „Schon jetzt liegen wir unter den Preisen von 2008. Dass das kaum einer merkt liegt auch dran, dass Dreiviertel des Preises aus Abgaben besteht“, so Weirich. Was ihn besonders stört ist, dass momentan viel des schleswig-holsteinischen Stroms nach Frankreich und Polen „verramscht“ werde.

Strom produzieren wo er gebraucht wird

Auch Petersen betont, dass die beste Lösung wäre, den Strom dort zu produzieren, wo er gebraucht wird. So könnte der regionale Bedarf durch innovative Ideen und Einfallsreichtum gedeckt werden. So sehen die Experten den Weg in eine neue, grüne Zukunft gesichert. Wovon jedoch keiner auf dem Podium etwas hält, sind politische Verbote. „Politik muss den Rahmen für eine CO2-neutrale Zukunft schaffen. Den Rest regelt der Markt“, betont Petersen.

Die kurzweilige, mitunter angriffslustige Diskussion hat vor allem eins gezeigt: Die Unternehmer in Schleswig-Holstein strotzen vor Zuversicht und Ideen. An ihnen wird es nicht liegen, wenn die Energiewende nicht gelingt. Seien es Wasserstoff-Busse oder elektrische Fahrzeuge. Der Norden ist bei grüner Energie spitze.

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Cornelius von Tiedemann
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