Arbeitsmarkt

Auf Sylt schlechter bezahlt als auf dem Festland? Unternehmer halten dagegen

Auf Sylt schlechter bezahlt als auf dem Festland? Unternehmer halten dagegen

Unternehmer bestreiten schlechtere Bezahlung auf Sylt

SHZ
Sylt
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Für viele Unternehmer auf Sylt gehen die Zahlen des Arbeitsmarktes zum Thema Gehalt an der Wirklichkeit vorbei. Foto: Patrick Pleul Foto: 90037

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Laut Arbeitsagentur verdienen Arbeitnehmer auf Sylt durchschnittlich weniger als Kollegen auf dem Festland. Sylter Unternehmer zeigen sich verwundert über die Statistik und bezeichnen sie als „fragwürdig“.

Die Verwunderung bei vielen Sylter Unternehmern war groß, als die Sylter Rundschau jetzt berichtete, dass ausgerechnet auf der Insel weniger Lohn gezahlt werde als auf dem Festland. Laut Statistik der Agentur für Arbeit Flensburg erhalten Arbeitnehmer zwischen List und Hörnum demnach 12,1 Prozent weniger als Kollegen im restlichen Nordfriesland (317 Euro) und ganze 35,5 Prozent (920 Euro) weniger als in gesamt Westdeutschland.

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„Die Meldung über den deutlichen Gehaltsunterschied im Bundesvergleich hat uns überrascht, wissen wir doch, dass viele Arbeitgeber der Insel übertariflich bezahlen“, äußert sich auch Ron Glauth, Geschäftsführer des Vereins Sylter Unternehmer. „Unabhängig von der Einordnung der Zahlen lässt sich ganz klar sagen: In Zeiten des Fachkräftemangels kommen die Arbeitgeber gar nicht umhin, das Lohnniveau passend auszurichten. Sylt ist Jobmotor über die Inselgrenzen hinaus, was eindeutig für unseren Wirtschaftsstandort spricht. Trotzdem ist die vorgelegte Statistik ein Impuls, das Thema auf die Agenda zu nehmen und über Wege wie beispielsweise einen Sylter Tarifvertrag in bestimmten Branchen oder Ähnliches nachzudenken.“


Moritz Bals spricht aus, was viele seiner Kollegen denken, wenn er die statistischen Angaben der Arbeitsagentur als „fragwürdig“ bezeichnet: „Wir zahlen überdurchschnittlich und sorgen so dafür, dass unsere Mitarbeiter nicht nur arbeiten, um die Miete zu zahlen, sondern auch, um gut auf der Insel leben zu können“, so der Geschäftsführer der „Appartement-Vermietung Bals“.


Darüber hinaus gebe es für seine 15 auf Sylt lebenden Mitarbeiter geregelte Arbeitszeiten und frei an Sonn- und Feiertagen. Zudem werde auf eine gute Kommunikationskultur im Unternehmen geachtet. „Das Thema Teamcoaching und Teambuilding wird bei uns großgeschrieben und wir bieten Firmensport an“, so Bals weiter.

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Auch für Ole König gehen die Zahlen aus Flensburg an der Wirklichkeit vorbei: „Mir ist niemand aus meiner Branche bekannt, der auf der Insel untertariflich bezahlt“, so der Geschäftsführer von König Immobilien. „Die Zeiten, in denen die Leute für wenig Geld gearbeitet und in einem Kellerloch gewohnt haben, sind schon lange vorbei. Wir selbst machen sehr viel für unser Personal und lassen uns das auch einiges kosten“, führt er aus.


Neben verschiedenen Benefits und Schulungsmaßnahmen für die Mitarbeiter denkt er da vor allem an die Personalunterkünfte, die gerade für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Festland entscheidend sind, um sich für einen Arbeitgeber zu entscheiden und auch dortzubleiben. Viele Arbeitgeber würden Wohnungen oder Häuser für das eigene Personal mieten oder kaufen. Zudem hätten sich die Gehaltsforderungen in den letzten Jahren deutlich nach oben verschoben. „Manchmal habe ich den Eindruck, dass sich die Gehälter schneller entwickeln als die dazugehörigen Geschäftsmodelle“, so König. Zahlen nennt er wie auch die anderen befragten Unternehmer nicht.


Michael Knote glaubt ebenfalls nicht daran, dass die Entlohnung auf Sylt schlechter ist. „Wir zahlen mindestens so viel wie auf dem Festland. Derzeit sind bei uns nur Insulaner angestellt, aber Mitarbeitern vom Festland zahlen wir auch das Bahnticket“, erklärt der Inhaber von Harley Davidson Fashion Sylt.


Auch die Busfahrer der SVG würden durch Zusatzleistungen über Tarif bezahlt und der Haustarif für die Mitarbeiter der Adler-Schiffe liege ebenfalls über dem Niveau auf dem Festland, sagt Sven Paulsen, Geschäftsführer von beiden Unternehmen: „Wenn man die einzelnen Branchen miteinander vergleicht, schneidet Sylt sicherlich nicht schlechter ab als das Festland.“

Arbeitsagentur erläutert die Zahlen

Wie die Zahlen genau zustande gekommen sind, erklärt Christian Groborsch, Pressesprecher der Agentur für Arbeit in Flensburg: „Bei den Daten handelt es sich um das sogenannte Medianentgelt.“ Das werde ermittelt auf Grundlage der Gehälter, die ausschließlich für Vollzeitstellen von den Arbeitgebern bei den Krankenkassen gemeldet werden. Beschäftigte in Teilzeit oder Minijobber tauchen hier nicht auf, machen in der Gastronomie und der Dienstleistungsbranche aber einen erheblichen Teil aus.

Strukturell sieht Groborsch bei den Arbeitsmärkten in Nordfriesland und auf Sylt keine großen Unterschiede: „Beide sind geprägt von kleinen und mittelständischen Unternehmen.“ Die hohe Zahl an Gastronomieunternehmen auf Sylt könne aber Einfluss auf die Zahlen haben, so Groborsch weiter.

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