OB-Wahl in Flensburg

Das sind die Unterschiede zwischen den Stichwahl-Kandidaten

Das sind die Unterschiede zwischen den Stichwahl-Kandidaten

Das sind die Unterschiede zwischen den Stichwahl-Kandidaten

Ove Jensen
Flensburg
Zuletzt aktualisiert um:
Oberbürgermeister oder Oberbürgermeisterin? Fabian Geyer und Simone Lange treten bei der Stichwahl in Flensburg am 2. Oktober an. Foto: Uli Nobis

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Am Abend des 2. Oktober 2022 steht fest, wer für die nächsten sechs Jahre Oberbürgermeisterin oder Oberbürgermeister in Flensburg ist. Für die Wähler in der Stadt ist das auch eine Richtungsentscheidung.

Fabian Geyer oder Simone Lange. Diese Frage spaltet die Stadt. Oder zumindest den Teil der Stadt, der sich dafür interessiert, wer im Rathaus das Sagen hat. Geht man nach der Wahlbeteiligung beim ersten Wahlgang am 18. September, ist das gut ein Drittel der Wahlberechtigten. Das Ergebnis hat gezeigt: In den Wohnvierteln am Stadtrand wählt man überwiegend Fabian Geyer. Im Stadtzentrum liegt Simone Lange in der Gunst der Wähler klar vorn.

Wie kommt das? Was sind die Unterschiede der beiden Kandidaten bei der Oberbürgermeister-Stichwahl am 2. Oktober? Oberflächlich betrachtet, wird das gar nicht so klar. Schließlich versuchen beide im Wahlkampf, möglichst viele Zielgruppen anzusprechen und viele viele Wünsche aufzugreifen.

Bei Diskussionen in den sozialen Netzwerken, aber auch auf der Straße, geht es manchmal mehr um den persönlichen Charakter der Kandidaten oder das, was man darüber zu wissen meint, als um die inhaltlichen Unterschiede. Dabei unterscheiden sich Simone Lange und Fabian Geyer bei der Frage, was sie für Flensburg erreichen wollen, durchaus.

Die Politik

Wo Simone Lange politisch steht, das ist bekannt. Die 45-Jährige gehört der SPD an und ist dort eher auf dem linken Flügel zu verorten. Sie war Landtagsabgeordnete und machte bundesweit Schlagzeilen, als sie 2018 bei der Wahl zur SPD-Vorsitzenden gegen Andrea Nahles antrat.

Fabian Geyer ist parteilos, was er in seinem Wahlkampf deutlich betont. Aber macht das den 53-Jährigen automatisch zu einem unpolitischen Oberbürgermeister? Kann ein Oberbürgermeister überhaupt unpolitisch sein? Prof. Torben Lütjen, Politikwissenschaftler an der Europa-Universität Flensburg, sagte dazu kürzlich gegenüber shz.de: „Auch auf lokaler Ebene werden nicht einfach nur unpolitische Sachentscheidungen getroffen, wo es nur richtig und falsch gibt. Es stehen fast immer bestimmte Einstellungen und Werte dahinter, vielleicht könnte man auch sagen: politische Ideologien.“

Simone Lange setzt auf das Thema Klimaschutz

Simone Lange hat in ihrem Wahlkampf klare politische Prioritäten benannt. „Klimaschutz bleibt Aufgabe Nummer 1“, sagt sie – und erklärt auch, was das konkret für ihre Arbeit in Flensburg bedeutet. Da geht es nicht zuletzt um Verkehrspolitik mit dem Fokus auf für Bus, Bahn und Fahrrad.

Vor diesem Hintergrund vermuten manche Kritiker, dass Maßnahmen wie die Sperrung der Rathausstraße für den Durchgangsverkehr oder die zahlreichen neuen Tempo-30-Bereiche in Wahrheit dem Ziel der Verkehrswende dienten, auch wenn Lange sie formal mit Verkehrssicherheit und Lärmschutz begründete.

Fabian Geyer setzt auf das Thema Wirtschaft

Fabian Geyer hingegen sagt, dass für ihn kein Thema grundsätzlich Vorrang vor einem anderen habe. Wer sein Wahlkampf-Faltblatt zur Hand nimmt, kann dennoch Prioritäten erkennen. Gar nicht so sehr in Geyers Äußerungen selbst, wohl aber in dem, was die Unterstützer, die er zu Wort kommen lässt, sagen. Da geht es unter anderem um die Hoffnung, dass mit Fabian Geyer im Rathaus die Interessen der Autofahrer wieder mehr berücksichtigt werden. Und es geht darum, dass „die Wirtschaft mehr Gewicht“ (so zum Beispiel Immobilienkaufmann Thore Feddersen) brauche.

Diese Unterstützer sind überwiegend Unternehmer und Unternehmens-Geschäftsführer. Das ist wenig verwunderlich, sind dies doch Menschen, die Geyer als langjährigen Geschäftsführer des Arbeitgeberverbands besonders gut kennen.

Im Wahlkampf hat er seine Nähe zur Wirtschaft immer wieder als Trumpf ausgespielt. Zu beobachten war das unter anderem, als er in der Diskussionsveranstaltung auf shz.de von den Nöten der Firma Tecalemit („Pumpen Horn“) berichtete und Simone Lange, die davon offenbar nichts oder nur wenig wusste, auf dem falschen Fuß erwischte. Der Gedanke, der in Geyers Wahlkampf immer im Hintergrund mitschwingt: Wenn es den Unternehmen in der Stadt gut geht, dann geht es auch der Stadt insgesamt gut.

Zwar wirbt auch Simone Lange mit wirtschaftlichen Erfolgen und verweist auf Rekordeinnahmen bei der Gewerbesteuer, ihre Schwerpunkte, die sie im Wahlkampf zusätzlich zum Thema Klimawende setzte, waren aber andere. Da ging es um Freizeit- und Sport-Angebote, und sie präsentierte sich als Kümmerin für Menschen in sozialer Not.

Der Rückhalt in der Ratsversammlung

Ein Oberbürgermeister ist kein Alleinherrscher. Viele wichtige Entscheidungen trifft die Ratsversammlung. Dort haben weder Lange noch Geyer automatisch eine Mehrheit hinter sich. SPD und Grüne, die Unterstützer von Simone Lange, haben 14 der 43 Mandate. CDU, FDP und WiF (Fabian Geyer) kommen ebenfalls auf 14 Mandate. Um sich Mehrheiten zu organisieren, wären beide in der Regel entweder auf das jeweils andere Lager oder die 8 Stimmen des SSW angewiesen. Klare Fronten zwischen Regierung und Opposition, wie man sie aus dem Landtag oder dem Bundestag kennt, sind in der Kommunalpolitik allerdings eher unüblich.

Die Qualifikation

Fabian Geyer ist Jurist und hat damit klassische Ausbildung eines Spitzenbeamten. Was ihm fehlt, ist Erfahrung in der öffentlichen Verwaltung und in der Politik. Allerdings war er in seiner Tätigkeit beim Arbeitgeberverband viel mit politischen Themen befasst und bringt auch Führungserfahrung mit.

Simone Lange hat einen Abschluss als Diplom-Verwaltungswirtin der Fachrichtung Polizei und war 13 Jahre als Kripo-Beamtin tätig, bevor sie für die SPD in den Landtag einzog. Seit knapp sechs Jahren ist sie Flensburgs Oberbürgermeisterin.

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