Energiekrise in Flensburg

PV-Anlage für Mieter: Solar-Strom vom Balkon – lohnt sich das?

PV-Anlage für Mieter: Solar-Strom vom Balkon – lohnt sich das?

Solar-Strom vom Balkon – lohnt sich das?

Mira Nagar
Flensburg
Zuletzt aktualisiert um:
Solarpanele an einem Balkon – muss der Vermieter sie zulassen? Foto: www.imago-images.de

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Der Stadtwerke-Strom ist zu teuer und kommt nur aus fossilen Quellen? Wann Energie aus eigenem Anbau auch für Mieter interessant sein könnte.

Eine eigene kleine Erdbeer-Ernte und das Sommercamp des Basilikums: Der Balkon ist für viele Mieterinnen und Mieter nicht nur Erholungsort sondern trägt auch mit Mini-Erträgen für die Küche bei. Doch was, wenn der Kühlschrank nicht nur gefüllt, sondern auch mit Strom gefüttert wird? Eine eigene Photovoltaik-Anlage kann immerhin die Stromrechnung senken und die CO2-Bilanz verbessern.

Autark wird man mit dem Balkon-Panel allerdings ebenso wenig wie mit den Erdbeerpflänzchen. Wie viel Strom erzeugt wird, hängt von individuellen Faktoren ab, wie Leistung und Ausrichtung. So bekommt man in unbeschatteter Südrichtung natürlich mehr heraus als am Nordbalkon. Und Panels mit einer Leistung von 600 Wp erzeugen mehr aus solche mit 300 Wp. Wp steht für Watt-Peak und dient dazu, unterschiedliche Solarzellen und Solarmodule unter genormten Testbedingungen vergleichen zu können.

Doch auch mit einer Mini-Stromernte trägt man mit der Anlage dazu bei, CO2 einzusparen. Denn noch produzieren viele Stromanbieter, wie auch die Stadtwerke Flensburg, Strom aus fossilen Rohstoffen wie Kohle und Gas.

Ab wann sich eine Anlage aber auch finanziell lohnt, hängt vom aktuellen und künftigen Strompreis und natürlich von den Anschaffungskosten des Panels ab. Das Problem bei Mietwohnungen: Die Anschaffungskosten – zwischen 800 und 1200 Euro sollte man einrechnen – hat man je nach Ertrag erst nach acht Jahren oder gar zwölf Jahren wieder drin. Wer also kein langfristiges Wohnen plant und nicht weiß, wie die Bedingungen nach einem Umzug aussehen, geht ein finanzielles Risiko ein.

Die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin hat daher einen „Stecker-Solar-Rechner“ ins Netz gestellt, mit dem man sich ausrechnen kann, ab wann sich die Kosten amortisiert haben, wieviel Strom man in etwa erzeugen und wieviel CO2 einsparen kann.

Überraschende Herausforderungen

Eine weitere Hürde ist die Anmeldung der Solaranlage. „Der Betrieb der Mini-Anlagen in Deutschland ist mit überraschenden aber überwindbaren Herausforderungen verbunden“, sagt Uwe Bottermann, Rechtsanwalt und Partner bei der Berliner Kanzlei Bottermann-Khorrami. Schwierig wird es, wenn man den Strom auch ins Netz einspeisen möchte. Hierfür hat die SH-Netz-Agentur ein sehr ausführliches Fragen und Antworten-Stück verfasst.

Doch auch, wenn der Strom ausschließlich selbst genutzt werden soll, gilt: Selbst kleinste Anlagen mit einer Leistung bis 600 Wp, die nicht in das Netz einspeisen, sind sicherheitshalber beim Netzbetreiber anzuzeigen. „Ein vereinfachtes Anmeldeverfahren ist für steckerfertige Erzeugungsanlagen geplant“, so die SH-Netz auf ihrer Internetseite.

Nicht in die Fassade dübeln

Baurechtlich stellen die Geräte laut Bottermann keine besondere Herausforderung dar, sofern sie mit einer geeigneten Aufhängung befestigt seien. Balkongitter beispielsweise könnten deutlich größere Lasten tragen als 20 Kilogramm, was als durchschnittliches Gewicht der aktuell angebotenen Panels angenommen werden dürfe.

„Der Anbau bedarf der Zustimmung der Vermieterseite“, erklärt Bottermann. „Hierauf haben die Mieter aber regelmäßig einen Anspruch, wenn der Anbau nicht in die Bausubstanz eingreift.“ Soll heißen: Das Panel sollte man nicht ungefragt in die Fassade dübeln. Zudem muss ein Fachmann oder eine Fachfrau den Einbau übernehmen: Wichtig ist der Anschluss an einen sogenannten FI-Stecker (Fehlerstrom-Schutzschalter).

Rückbau-Verpflichtung nach Auszug

„Grundsätzlich hält die LEG Balkon-PV-Anlagen da, wo technisch und baulich möglich und zulässig, für eine überlegenswerte Ergänzung zu anderen alternativen Energiequellen“, erklärt Mischa Lenz, Sprecher des Vermieters LEG. „Es ist allerdings erforderlich, dass die Installation über eine Elektrofachkraft mit Kenntnissen in der Gebäudeinstallation und PV-Anlagentechnik vorgenommen wird, da die Sicherheit gewährleistet und der Rückbau problemlos möglich sein muss.“

Bei Balkonanlagen an FAB-Häusern müsse für die Anlage eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen bzw. in die Bestehende aufgenommen werden, ergänzt Michael Kohnagel, Direktor beim Flensburger Arbeiter-Bauverein (FAB). Zudem gibt es eine Rückbauverpflichtung nach Auszug. Der FAB zeigt sich Solarstrom gegenüber aber aufgeschlossen. „Für einige unserer Liegenschaften können wir schon heute Mieterstrom über die von uns installierten PV-Anlagen auf unseren Dachflächen anbieten“, erklärt Kohnagel.

Aktuell werden nur wenige Balkonkraftwerke in Flensburg betrieben. Anfragen gab es auch nur vereinzelt, wie eine nicht repräsentative Umfrage bei mehreren Vermietern ergab. Der FAB hatte bislang zwei Anfragen, der SBV „eine Handvoll“. Abgelehnt wurde dabei zwar noch keine. Doch die Installation von Balkon-Panels wird für viele Mieter zu kompliziert und kostspielig bleiben. Die große, kollektive Solar-Wende in Flensburg ist derzeit also weder auf den Dächern noch am Balkon zu erwarten.

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