Impfstoff wohl nicht zugelassen

Polizei stoppt Impfaktion im Lübecker Flughafen

Polizei stoppt Impfaktion im Lübecker Flughafen

Polizei stoppt Impfaktion im Lübecker Flughafen

SHZ
Lübeck
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Das Gelände, auf dem die Polizei die Impfaktion stoppte, gehört dem Unternehmer und promovierten Mediziner Winfried Stöcker. Foto: Holger Kröger,dpa, Montage: Raissa Waskow / SHZ

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Beamte haben im Lübecker Flughafen Impfproben, Spritzen und Listen sichergestellt sowie Personalien aufgenommen – dort könnte ein nicht zugelassener Impfstoff verabreicht worden sein.

Am Flughafen Lübeck hat die Polizei am Sonnabend eine unzulässige Impfaktion mit großem Andrang beendet. Es bestehe der Verdacht, dass der Impfstoff nicht zugelassen ist und damit eine Straftat nach dem Arzneimittelgesetz darstellt, teilte die Polizeidirektion am Abend mit.

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50 Personen seien wahrscheinlich damit geimpft worden, bevor die Aktion von Polizei und Kommunalem Ordnungsdienst gestoppt worden sei. Bei Eintreffen der Beamten gegen 15 Uhr seien 80 Personen vor dem Flughafengebäude festgestellt worden, weitere Menschen seien zugeströmt. Etwa 150 Impfwillige hätten sich in der Abfertigungshalle aufgehalten.

Winfried Stöcker erneut im Fokus der Ermittler

Der Flughafen gehört dem Unternehmer und promovierten Mediziner Winfried Stöcker. Seit April 2020 wird dem 75-Jährigen vorgeworfen, ohne behördliche Erlaubnis Sars-Cov2- Antigene hergestellt und sich sowie weiteren Personen verabreicht zu haben. Gegen ihn wurde Strafanzeige gestellt.

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Der Lübecker fühlt sich nach wie vor im Recht, doch sein Antigen-Impfstoff bis heute nicht zugelassen. Zu Gesprächen mit dem Paul-Ehrlich-Institut PEI, zuständig für die Zulassung, ist der Unternehmer nicht mehr bereit. Trotz mehrfacher Angebote habe Stöcker das standardisierte Zulassungsverfahren abgelehnt, heißt es auf der PEI-Webseite.

Mediziner und Unternehmer wird rechtlich von Kubicki vertreten

Dabei würde das Institut, so heißt es weiter, gerne das Stöcker-Verfahren prüfen, zumal es weltweit mehrere ähnliche Ansätze gebe. Stöckers Anwalt, der Kieler FDP–Bundestagsabgeordnete Wolfgang Kubicki, wollte sich am Sonntag nicht zu den neuen Vorwürfen äußern, dafür fehlten ihm aktuelle Informationen, erklärte er shz.de.

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Stöcker hatte vor vier Jahren für 1,3 Milliarden Euro seine Firma „Euroimmun“ an einen US-Konzern verkauft. Er besitz nach wie vor in Lübeck ein Labor, kaufte sich in den maroden Regionalflughafen ein und sanierte ein Görlitzer Kaufhaus, das heute weltweit als Filmkulisse begehrt ist.

Kontakt zu Christian Drosten und Hendrik Streeck

Bekannt ist, dass Stöcker Kontakt zu Berufskollegen wie Christian Drosten und Hendrik Streeck aufgenommen hat mit der Bitte, seinen Immunitätsstatus zu untersuchen. In dem Zuge sind sogenannte Neutralisationstest durchgeführt worden, die bestätigten, dass die Immunisierung bei Stöcker und seinem Anhang funktioniert hat.

Wie der Spiegel seinerzeit meldete, ergaben die Testergebnisse von mehr als 60 Freiwilligen, denen Stöcker seinen Stoff in mehreren Dosen gespritzt hatte: „Die banale Impfung war nahezu nebenwirkungsfrei und äußerst effektiv.“ Mehr als 90 Prozent der Impflinge hätten schützende Antikörper in hoher Konzentration entwickelt.

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Herstellungsort des Corona-Vakzin weiterhin unklar

Die Ermittlungsverfahren hindern Stöcker offenbar nicht, sein selbstgemischtes Corona-Vakzin unter die Leute zu bringen, wie die Lübecker Aktion zeigt. Auf seinem Blog nennt er zwei Mail-Adressen zur Bestellung. Wie frühere Recherchen der „Zeit“ ergaben, führen die Adressen zur Salzburger Firma MediHoc GmbH. Der Chef der Firma, Martin Herbst, erklärte gegenüber der Wochenzeitung, er mache „nur die Logistik“; produziert werde der Impfstoff „an anderen Standorten in Europa“. Wo die sind, verriet er nicht.

Ähnliche Aktionen in der Vergangenheit

Die Impfaktion im Lübecker Flughafenterminal ist übrigens nicht die Erste. Schon im Sommer gab es Berichte über ähnliche Aktionen in der Lausitz, wo weder die Polizei noch die Ärztekammer intervenierte. Für die Entwicklung des Impfstoffes hat Stöcker nach eigenen Aussagen langjährige Erfahrungen bei der Autoimmundiagnostik, Infektions-Serologie und seine Kenntnisse in der Molekulargenetik genutzt. Ihm sei gelungen, ein Antigen, einen sogenannten Totimpfstoff, zu entwickeln, sagte er im Mitteldeutschen Rundfunk.

Stöcker und seine politischen Bewertungen

Stöcker ist nicht nur ein „innovativer“ Mediziner sondern sorgt auch regelmäßig mit seinen politischen Bewertungen für Aufregung . So rief er schon 2015 anlässlich der Flüchtlingskrise zum „Sturz der Kanzlerin Merkel“ auf, wetterte wiederholt gegen Flüchtlinge, Journalisten und Feministinnen und würdigte Vertreterinnen der Me-Too-Bewegung herab.

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