Bundestagswahl 2021

Politikern aus Schleswig-Holstein winken Ministerämter in Berlin

Politikern aus Schleswig-Holstein winken Ministerämter in Berlin

Politikern aus SH winken Ministerämter in Berlin

SHZ
Kiel/Berlin
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In Berlin hat bisher noch nie eine Frau aus Schleswig-Holstein ein Ministeramt innegehabt. Foto: Kay Nietfeld/shz.de

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Erstmals seit 1998 könnte der hohe Norden nach der Bundestagswahl wieder im Bundeskabinett vertreten sein – und erstmals womöglich mit ein oder zwei Frauen. Wer besonders gute Chancen hat.

Schleswig-Holsteins bisher letzter Bundesminister hatte seinen Schreibtisch noch in Bonn und arbeitete unter Helmut Kohl: Der Kieler FDP-Mann Edzard Schmidt-Jortzig leitete von 1996 bis 1998 das Justizressort. Doch nun könnte das nördlichste Bundesland nach fast einem Vierteljahrhundert endlich mal wieder zum Zuge kommen: Gleich mehrere Politiker und Politikerinnen aus Schleswig-Holstein dürfen sich nach der Bundestagswahl am 26. September gute Chancen auf einen Kabinettsposten in Berlin ausrechnen – vorausgesetzt ihre Partei regiert künftig mit.



Die besten Aussichten hat der Grünen-Bundeschef und frühere Kieler Umweltminister Robert Habeck. Kommt seine Partei in die Regierung, ist er gesetzt. Dass Habeck ein Ministeramt anstrebt, hat er schon im April verkündet, als er gerade im Ringen um die grüne Kanzlerkandidatur seiner Ko-Vorsitzenden Annalena Baerbock den Vortritt lassen musste. „Selbstverständlich würde ich gern wieder operative, exekutive Verantwortung übernehmen“, sagte der Flensburger damals gegenüber shz.de.

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Darüber, welches Ressort er gern hätte, will er jedoch nicht spekulieren. Die „taz“ sah ihn schon mal als Finanzminister. Aber auch das Umwelt- oder das Agrarressort – oder beides in einem – könnten für den 52-Jährigen reizvoll sein.

Karin Prien ist jetzt in Armin Laschets „Zukunftsteam“

Gute Chancen hat spätestens seit Freitag auch die Kieler Bildungsministerin Karin Prien. CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet hat die 56-Jährige in sein achtköpfiges „Zukunftsteam“ berufen. Damit spricht viel dafür, dass sie im Fall einer Unionsregierung Forschungsministerin Anja Karliczek beerbt – und die erste Frau aus Schleswig-Holstein wird, die ein Bundesressort leitet.

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Zwar will Karliczek weitermachen, aber ist in dieser Wahlperiode eher glücklos gewesen. Prien dagegen hat sich in Schleswig-Holstein nicht zuletzt in der Pandemie profiliert und als Kämpferin für Präsenzunterricht an Schulen gezeigt. In der CDU ist sie zudem gut verdrahtet: Sie gehört nicht nur zu Parteichef Laschets „Zukunftsteam“, sondern sitzt auch seit Januar im CDU-Bundesvorstand. Noch sagt sie zwar, sie habe „keine persönliche Ambition auf einen Ministerposten in Berlin“. Doch einem Ruf ins Forschungsressort würde die ehrgeizige Prien wohl folgen.

Midyatli könnte erste türkischstämmige Bundesministerin werden

Erste Bundesministerin aus Schleswig-Holstein könnte aber auch Schleswig-Holsteins SPD-Landes- und Fraktionschefin Serpil Midyatli werden, die gleichzeitig stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende ist. Nachdem die 46-jährige Kielerin auf die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2022 verzichtet hat, spricht manches für einen Schritt nach Berlin und vieles für einen Kabinettsposten. Nicht zuletzt könnte sich die SPD als besonders fortschrittlich zeigen, wenn sie die erste türkischstämmige Ministerin für das Bundeskabinett nominieren würde.

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Tatsächlich war Midyatli auch schon mal als Familienministerin im Gespräch, als klar wurde, dass ihre Parteifreundin Franziska Giffey den Job abgeben würde. Doch weil das nur vier Monate vor der Wahl geschah, hat Justizministerin Christine Lambrecht das Amt erst mal mitübernommen. Midyatli schließt auf Anfrage nichts aus, sondern sagt nur: „Zunächst kämpfe ich für ein gutes Ergebnis bei der Wahl und für Olaf Scholz.“

Johann Wadephul hält sich trotz Anfrage bedeckt

Im Gespräch für ein Ministeramt war auch schon der schleswig-holsteinische CDU-Landesgruppenchef im Bundestag und Unionsfraktionsvize Johann Wadephul. Als Ursula von der Leyen vor zwei Jahren das Verteidigungsressort verließ, um EU-Kommissionschefin in Brüssel zu werden, kam in der Debatte über die Nachfolge auch Wadephuls Name ins Spiel. Allerdings reklamierte dann die damalige CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer den Job für sich.

Ob sie nach der Wahl weitermacht, ist offen. Wenn nicht und wenn die CDU das Ressort behält, ist Wadephul nicht zuletzt deshalb ein ernstzunehmender Kandidat, weil er sich in der Afghanistan-Krise weiter profiliert hat. Zu möglichen Ambitionen äußert der 58-Jährige sich aber trotz Anfrage nicht.

Wolfgang Kubicki kein Interesse mehr am Ministeramt

Kein Interesse an einem Kabinettsposten hat dagegen Wolfgang Kubicki. Ließ der FDP-Bundesvize vor vier Jahren noch Ambitionen auf das Finanzressort erkennen, ist der 69-Jährige aus Strande bei Kiel nun mit seinem jetzigen Job wunschlos glücklich. „Ich möchte kein Ministeramt übernehmen, sondern Vizepräsident des Deutschen Bundestags bleiben“, erklärt er.

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Auch Kubickis einstiger Kieler Dauerrivale Ralf Stegner dürfte trotz seiner bundesweiten Prominenz und seiner Erfahrung als früherer SPD-Vize ohne Ministerjob bleiben: Wenn der 61-Jährige in den Bundestag einzieht, muss er sich wohl vielmehr erst mal wieder weiter hinten anstellen.

Und der Grünen-Bundestagsfraktionsvize Konstantin von Notz aus Mölln hätte zwar durchaus das Zeug zum ersten grünen Innenminister – aber dass neben Habeck noch ein zweiter Grüner aus dem kleinen Landesverband Schleswig-Holstein ins Kabinett kommt, ist unwahrscheinlich.


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