Schleswig-Holstein

Neue Methode für nachhaltige Landwirtschaft

Neue Methode für nachhaltige Landwirtschaft

Neue Methode für nachhaltige Landwirtschaft

Kay Müller/shz.de
Schleswig-Holstein
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Hat auf biologische Wirtschaft umgestellt: Stefan Wendtland auf seinem Hof in Horst. Foto: Marcus Dewanger

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Mehrere Landwirte in Schleswig-Holstein haben vom Deutschen Institut für Nachhaltige Agrarkultur überprüfen lassen, wie gut sie arbeiten. Dabei geht es nicht nur um Umwelt-, Tier-und Klimaschutz, sondern auch wie profitabel und sozial gerecht die Bauern wirtschaften. Ein Vorbild auch für andere?

Stefan Wendtland hat es getan. Der Landwirt aus Horst (Kreis Steinburg) hat seinen Ackerbau- und Milchviehbetrieb über drei Jahre lang durchchecken lassen. „Es ging darum, wie nachhaltig wir schon wirtschaften“, sagt Wendtland.

Überprüft hat seinen Hof im Auftrag der Initiative „Land schafft Verbindung“ das Deutsche Institut für Nachhaltige Agrarkultur (Dinak) aus Leipzig, deren Geschäftsführer Martin Schneider das Analysekonzept nun den Mitgliedern des Agrar- und Umweltausschusses des Landtages vorstellt. Seine Methode sei die einzige, nach der die Nachhaltigkeit auf den Höfen nicht nur an Umweltstandards gemessen werde, sondern auch die Ökonomie und soziale Faktoren mitbewertet – und zwar in gleichem Maße, sagt Schneider.

Spezielles Gutachten wird erstellt

Das bedeutet, dass die Dinak-Gutachter auch schauen, wie sozial und profitabel ein einzelner Betrieb arbeitet. 20 Höfe haben Schneider und seine Kollegen nach dieser Methode schon begutachtet, davon neben dem von Stefan Wendtland noch zwei weitere in Schleswig-Holstein. „Uns hat gefreut, dass die alle nachhaltig wirtschaften.“

Politiker kritisieren die Methode

Die wissenschaftliche Methode, die Schneider vorstellt, wird allerdings nicht von allen Ausschussmitgliedern positiv bewertet. Die Gewichtung sei schwierig, sagt Christian Dirschauer (SSW): Wenn ein Betrieb ökonomisch und sozial gut aufgestellt sei – also viel Geld verdiene und die möglichst weiblichen Mitarbeiter gut bezahle – könne er schlechte ökologische Bilanzen in der Gesamtbetrachtung ausgleichen und werde somit als nachhaltig eingestuft. „Die Bewertung ist schief. Da müssen Sie nachschärfen“, fordert auch Dirk Kock-Rohwer (Grüne) von Schneider. Denn manche Höfe hätten bei dem Konzept allein durch ihre geografische Lage oder die Bodenbeschaffenheit einen ökologischen Vorteil. „So kann man Betriebe nicht einfach als nachhaltig bezeichnen.“

Grüne wollen genauer hinschauen

Schneider verteidigt sich, weist darauf hin, dass die Dinak wissenschaftsbasiert die Kriterien gegeneinander abwäge und alle Daten transparent gemacht habe. Da könne jeder in die Details schauen. Am Ende müsse man aber zu einer Gesamtnote kommen. „Wir tun uns schwer, ein Abbruchkriterium zu finden, an dem ein Betrieb aufgrund eines Wertes nicht mehr als nachhaltig gewertet werden kann.“

Für „Land schafft Verbindung“ ist wichtig, „dass wir ein Tool finden, das so neutral wie nur irgend möglich ist“, sagt Fachgruppensprecher Jann Petersen – und unabhängig von Industrie und Politik. Man müsse jeden Betrieb einzeln betrachten, um beurteilen zu können, wie klimaneutral der sei, wie viel Treibhausgase er produziere und was er genau fürs Tierwohl tue.

Das sei mit den Kriterien der Dinak möglich, mit denen gezeigt werde, wie nachhaltig manche Bauern schon wirtschaften, aber auch wo sie noch besser werden können. „Wir Landwirte wollen nicht ständig auf der Anklagebank sitzen“, sagt Petersen, der eine staatliche Förderung will, damit sich die Landwirte überprüfen lassen können. Das könne das Land selbst machen oder mit einer Bundesratsinitiative für ganz Deutschland anstoßen.

Wer finanziert die Gutachten?

Ein Gutachten über mindestens zwei Jahre sei sinnvoll, sagt Schneider. Das koste bei einem 1000 Hektar großen Betrieb rund 2700 Euro pro Jahr. „Das ist aus meiner Sicht sehr günstig“, meint Schneider, dessen Dinak allerdings noch keine offizielle Zertifizierung hat, sodass die Gutachten nicht öffentlich anerkannt werden können. „Wir sind dran“, sagt Schneider. Allerdings hat bislang weder ein Bundesland seine Methode anerkannt, noch hatte das Bundeslandwirtschaftsministerium bis vor einigen Wochen überhaupt Kontakt zu dem Institut.

„Ich halte es für schwer vorstellbar, dass diese Methode für jeden bezahlbar und handhabbar ist“, sagt Thomas Hölck (SPD). Oliver Kumbartzky (FDP) meint hingegen: „So wird Nachhaltigkeit greifbar.“ Und Heiner Rickers (CDU) meint: „So ein Standardverfahren ist eine gute Möglichkeit, Landwirtschaft objektiv auf Nachhaltigkeit zu überprüfen.“ Solch eine Bewertung sei auch für andere Lebens- und Wirtschaftsbereiche sinnvoll.

Das findet auch Stefan Wendtland. Er hat seinen Hof mittlerweile zum Bio-Betrieb umgebaut – und will sich weiter von der Dinak begleiten lassen: „Ich kann dadurch sehen, wo ich mich verbessern kann.“

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