Von Mexiko-City an die Flensburger Förde

Mexikaner Levi Estrada kocht jetzt für die Gäste im Hotel Wassersleben

Mexikaner Levi Estrada kocht jetzt für die Gäste im Hotel Wassersleben

Mexikaner kocht jetzt für die Gäste im Hotel Wassersleben

Sebastian Iwersen/shz.de
Flensburg
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Der 25-Jährige ist der erste Teilnehmer des Programmes „Comex“ der Bundesagentur für Arbeit, der eine Anstellung in Schleswig-Holstein gefunden hat. Foto: Sebastian Iwersen/shz.de

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Der Hotelinhaber Eicke Steinort und Hoteldirektor Pio Bienia begründen die ungewöhnliche Wahl auch mit der brisanten Personallage in der Gastronomie.

„Nichts ist momentan brisanter als der Arbeitsmarkt“: Der Eigentümer des Hotels Wassersleben, Eicke Steinort, findet deutliche Worte für die Personalsituation in der Gastronomie und Hotellerie. Nach erfolgloser Suche in Deutschland hat das Hotel direkt an der Förde jetzt einen Koch aus Mexiko eingestellt. Seit Ostern verstärkt Levi Estrada das Küchenteam und hat dafür das Großstadtleben gegen die Idylle an der Flensburger Förde eingetauscht.

Rund 9.300 Kilometer Luftlinie liegen zwischen dem bisherigen Lebensmittelpunkt des Kochs Levi Estrada und seinem neuen Arbeitsort im Hotel Wassersleben in Harrislee. Ein Schritt, den er bislang nicht bereut hat, auch wenn er Familie und Freund zunächst zurücklassen musste. Der 25-Jährige ist der erste Teilnehmer des Programmes „Comex“ der Bundesagentur für Arbeit, der eine Anstellung in Schleswig-Holstein gefunden hat.

Das Fachkräfteproblem in seiner Branche sei allgegenwärtig und habe sich durch die Corona-Pandemie noch einmal deutlich verschärft. Beim Vorschlag der Arbeitsagentur, auf eine Fachkraft aus Mexiko zurückzugreifen, habe man zunächst skeptisch reagiert, dann aber doch das Abenteuer gewagt.

Kosten für Flug und Sprachkurs des neuen Mitarbeiters

Und dann ging alles ganz schnell: Der erste Kontakt fand Ende Januar statt, und zu Ostern stand Levi Estrada schon in Wassersleben am Herd. „Die Kosten hielten sich im Rahmen“, sagt Hotelinhaber und Küchenchef Eicke Steinort. Rund drei- bis viertausend Euro hätten der Flug und der Sprachkurs für den neuen Mitarbeiter aus Mexiko gekostet. Nach seiner Ankunft wurde er zunächst im Hotel untergebracht. Mittlerweile hat er aber eine eigene Wohnung.

„Das große Glück für uns war, dass wir über Wohnraum verfügen und Levi so unterbringen konnten“, erzählt Steinort von einem glücklichen Umstand, der den Schritt erleichterte. Gleichwohl wissen sowohl er als auch Markus Biercher von der Arbeitsagentur, dass die Suche nach einer Unterkunft für andere Hoteliers und Gastronomen zu einem Problem werden könne. Dennoch möchte er auch andere Unternehmer ermutigen, diesen Schritt zu gehen. „Wir helfen da gerne unbürokratisch weiter, wie man an diesem Beispiel sieht“, verspricht Markus Biercher. Neben Mexiko habe die Bundesagentur für Arbeit auch Absprachen mit anderen Ländern wie den Philippinen, Indonesien, einem indischen Bundesstaat und Jordanien.

Idee eines Welcome-Centers, um Bürokratie zu minimieren

Um das Fachkräfteproblem weiter zu entschärfen und vor allem die bürokratischen Hindernisse wie Visum, die Anerkennung des Berufs, die Arbeitsmarktzulassung und ausländerrechtliche Angelegenheiten zu vereinfachen, hat Markus Biercher bereits weitere Ideen. „Wir könnten uns gut sogenannte Welcome-Center vorstellen, in denen die Behörden nicht wie bisher isoliert voneinander arbeiten, sondern gemeinsam. Und wo Lotsen die Betreuung der Zuwanderer übernehmen“, erklärt er.

Hinsichtlich der Bürokratie wünscht sich auch Eicke Steinort ein Umdenken in Deutschland. „Wir stehen eigentlich ständig unter Feuer“, sagt er und verdeutlicht: „Unseren Betrieb finanziert der Gast, der sich auf der Terrasse einen Kaffee bestellt – und nicht eine Behörde, die ein 17-seitiges Formular ausgefüllt haben möchte“. Levi Estrada spricht die Sprache seines neuen Heimatlandes mittlerweile gut und kann sich verständigen. „Aber in der Küche“, sagt er lachend, „gibt es eigentlich nochmal eine eigene Sprache.“

Küche plant mexikanische Highlights auf der Sommer-Karte

Manchmal plagt ihn trotz der guten Stimmung im Betrieb die Einsamkeit, dennoch würde er, wie er sagt, „den Schritt nach Deutschland zu gehen, niemals rückgängig machen“.

Und während der Mexikaner momentan noch typisch norddeutsche Gerichte wie Krabbensuppe oder Rumpsteak zubereitet, könnten seine Kochkünste in Zukunft auch für weitere Akzente auf der Speisekarte sorgen. „Wir planen tatsächlich einige mexikanische Highlights auf der Karte für den Sommer“, verrät Hoteldirektor Pio Bienia. Gut möglich also, dass man im Hotel Wassersleben mit Blick auf die Förde bald neben heimischen Gerichten auch Tacos oder Burritos genießen kann.

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