Kappeln

Mehr als nur ein Imbiss: Die „Giftbude“ in Schleimünde

Mehr als nur ein Imbiss: Die „Giftbude“ in Schleimünde

Mehr als nur ein Imbiss: Die „Giftbude“ in Schleimünde

Stephan Schaar/shz.de
Kappeln
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Das erste, was Wassersportler nach der Einfahrt in die Schleimündung sehen, sind die „Giftbude“ (rechts) und das Hafenmeister-Häuschen mit Schlei-Kiosk auf der Lotseninsel. Foto: Stephan Schaar/shz.de

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Die legendäre „Giftbude“ auf der Lotseninsel hat schon viele Betreiber gesehen, mit wechselndem Erfolg. Mit dem Inklusions-Projekt der Schleswiger Werkstätten und Inselmanager Kevin Dolan sind in den kleinen Imbiss am Hafen von Schleimünde wieder gute Stimmung und ein buntes Team eingekehrt.

Bei gutem Wetter kann es schon mal eng werden im kleinen Hafen auf der Lotseninsel. Dann liegen in dem eigentlich für 19 Boote vorgesehen Hafenbecken auch gern mal 40 bis 60 Boote hinter- und nebeneinander, festgemacht im Päckchen. Schleimünde ist bei Wassersportlern seit Generationen sehr beliebt, sie kommen mit Segel- oder Motorbooten und auch mit Kajaks, um den spartanischen und naturnahen Charme der Lotseninsel zu genießen.

Gäste suchen Ruhe und Schlichtheit auf der Lotseninsel

„Ich komme seit gut 30 Jahren immer wieder sehr gern hierher“, sagt Segler Frank, der die Sonne auf einer Bank vor der „Giftbude“ mit Schleiblick genießt. „Schleimünde ist ein wunderbarer und einzigartiger Ort“, meint er.

Sein Sitznachbar Gerald ist erst zum zweiten Mal auf der Lotseninsel: „Ich hatte beim ersten Mal schon gleich Blut geleckt und wollte das unbedingt wiederholen. Es ist so schön hier. Die Ruhe, die netten Menschen, man ist sofort raus aus allem“, sagt er.

Kein Müll auf Schleimünde: Gäste müssen Abfälle wieder mitnehmen

Einig sind sich die beiden, dass auf Schleimünde alles so bleiben sollte, wie es ist: „Es wäre fürchterlich, wenn hier modernisiert würde. Die Sanitärräume sind zwar alt, aber super gepflegt“, sagt Gerald. Es gibt auf Schleimünde weder Frischwasser noch Müllentsorgung. „Aber das ist gar kein Problem und die meisten Besucher halten sich auch dran und nehmen ihren Müll wieder mit, auch die Hundekotbeutel“, erzählt Nina vom Nebentisch.

Die Kielerin ist das erste Mal hier und ganz begeistert. Auch dass die Insel als Inklusionsprojekt betrieben werde, findet sie eine tolle Sache. „Insgesamt ist die Stimmung hier so entspannt, freundlich, liebevoll und nett. Dazu die Natur und das Inselgefühl, das holt einen wirklich runter“, erzählt sie.

Schleimünder Inklusionsprojekt ein voller Erfolg

Dass die Lotseninsel mit Hafen, Lotsenhaus und „Giftbude“ seine Gäste so glücklich machen kann, dafür ist unter anderem Inselmanager Kevin Dolan verantwortlich. Er mag zwar die Bezeichnung „Manager“ nicht, aber tatsächlich kümmert er sich darum, dass der Laden läuft, jeder seine Aufgaben hat und es allen gut geht. Er ist Angestellter der Schleswiger Werkstätten, die mit dem Förderverein naturnaher Wasserwanderplatz Schleimünde und der Besitzerin der Insel, der Lighthouse Foundation, zusammenarbeiten und die „Giftbude“ und den Hafen betreiben. „Das ist echt ein cooles Inklusions-Projekt, das zeigt, was die Beschäftigten der Werkstätten alles können. Außerdem ist Schleimünde ein besonderer Ort und die Arbeit dort für die Beschäftigten eine willkommene Abwechslung“, erklärt Dolan. Auch die Begegnung mit den Gästen sei sehr wichtig und für beide Seiten ein schönes Erlebnis.

Vielfältige Aufgaben für die Mitarbeiter mit und ohne Handicap

„Die Schleswiger Werkstätten betreiben die Gastronomie seit 2018 und inzwischen auch das Hafenbüro und den Schlei-Kiosk, wo Souvenirs und Produkte der Werkstätten verkauft werden“, erzählt Dolan. Dabei gebe es immer ein festes Team von fünf Mitarbeitern, die während der gesamten Saison auf der Insel arbeiten. „Hinzu kommen dann immer wechselnde Teams mit Beschäftigen der Werkstätten und von Betrieben in der Region, die auch zu den Werkstätten gehören. Gerade haben wir für vier Tage Beschäftige vom Hof Kubitzberg bei Kiel dabei. Die bekommen von uns täglich Aufgaben zugeteilt, wobei sie sich auch aussuchen dürfen, was sie gern machen möchten“, sagt er.

Willkommene Abwechslung für Beschäftigte der Werkstätten

Die Beschäftigten der Werkstätten sind allesamt bester Stimmung und sehr froh, auf der Lotseninsel sein zu dürfen: „Mit gefällt es total gut“, sagt Andreas Andolfatto, der sonst auf dem Biohof und im Bioladen auf dem Hof Kubitzberg beschäftigt ist.

„Ich habe schon Toiletten gereinigt, Pellets aufgefüllt und das Geländer am Hafen frisch gepinselt. Vielleicht kann ich auch noch in der Küche arbeiten“, sagt Andolfatto, der schon das zweite Mal in Schleimünde ist.

Kult-Häkelbändchen als Quittung für die Hafengebühr

Als Hafenmeister im Einsatz ist der 17-jährige Philip Steinke, der hier seit dem vergangenen Jahr sein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) verbringt. Er kassiert die Hafengebühr von den Wassersportlern und gibt die berühmten Schleimünder „Häkelbändchen“ aus, die echte Fans unter den Skippern an ihrer Reling sammeln, wie einst Sänger Wolle Petry seine Freundschaftsbänder am Handgelenk. „Früher hat die damalige Hafenmeisterin für jeden Tag ein andersfarbiges Bändchen gehäkelt. Inzwischen werden die Bänder von den Schleswiger Werkstätten hergestellt und sind immer noch Kult“, sagt Kevin Dolan. Mit Philip als Hafenmeister sei er sehr zufrieden: „Er geht abends gern noch eine Runde mit seinem SUP paddeln. Dabei kontrolliert und kassiert er auch noch die Boote ab, die in zweiter Reihe liegen“, erzählt Dolan.

Gute Zusammenarbeit der Crew mit den Aushilfen aus den Werkstätten

Die festen Crew-Mitglieder kümmern sich vor allem um die Gastronomie in der „Giftbude“, die für ihre Currywurst berühmt ist. Hier sind unter anderem Lena Lüddens und Lennart Stüwe die guten Geister am Tresen. „Wir sind zwar erst drei Wochen hier, haben aber schon viel erlebt“, erzählt Lena Lüddens. „Ich bin Sozialpädagogische Assistentin und kann das hier mit meiner Gastro-Erfahrung ideal verknüpfen“, sagt die 31-Jährige aus Rabel. Lennart Stüwe aus Böel ist gelernter Tischler und überbrückt die Zeit bis zum Start seiner Erzieher-Ausbildung Ende August mit der Arbeit auf der Lotseninsel. „Es macht richtig Spaß. Es war auch schon gut was los und die Beschäftigten sind total nett und eine super Unterstützung. Das ist schon etwas ganz Besonderes hier“, meint er.

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