Alltag beim DRK

Leben und Tod liegen oft dicht beieinander

Leben und Tod liegen oft dicht beieinander

Leben und Tod liegen oft dicht beieinander

Benjamin Nolte/shz.de
Medelby
Zuletzt aktualisiert um:
Lars Timm und Maike Berg des DRK in Medelby. Foto: Benjamin Nolte

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Täglich sind die Mitarbeiter im Rettungsdienst fordernden und besonderen Situationen ausgesetzt. Im Gespräch mit shz.de erzählen die Notfallsanitäter Lars Timm und Maike Berg des DRK in Medelby ihre persönlichen Erfahrungen.

Lars Timm: Helfer bei einer Geburt an der Tankstelle

Das tolle an der Arbeit im Rettungsdienst ist für mich…

„Ganz klar die Arbeit am und mit den Patienten. Es gibt da unfassbar viele schöne Momente, dankbare Patienten, denen man helfen und sogar manch Leben retten konnte. Mit der richtigen Einstellung, einem empathischen Umgang mit den Patienten kommt man in unserem Beruf sehr weit. Wenn sich Patienten, mitunter auch mal Wochen oder Monate nach einem Einsatz, bei uns zurückmelden und sich bedanken, dass wir ihnen geholfen haben, das ist einfach ein tolles Gefühl. Dann weiß man auch immer wieder, warum man im Rettungsdienst arbeitet. Hier bei uns auf dem Land ist das Beherrschen der plattdeutschen Sprache auch ein großer Vorteil. Gerade zu älteren Patienten bekommt man manchmal wesentlich schneller einen Draht, wenn man anfängt, platt zu schnacken.“

An diese Einsätze erinnere ich mich besonders:

„Besonders schön ist es immer wieder, wenn man bei einer Geburt dabei sein bzw. einem Kind auf die Welt helfen kann. Das kommt durchaus mal vor. Da erinnere ich mich an einen Einsatz hier in Medelby. Wir waren auf dem Weg in die Diako nach Flensburg, mussten dann an der Tankstelle im Ort bei strömenden Regen halten, weil das Baby nicht länger warten wollte. Ein toller Moment, wenn dann alles gut geht, Mutter und Kind wohlauf sind. Leben und Tod liegen im Rettungsdienst oft dicht beieinander. Das erfährt man bereits sehr früh, lernt aber auch damit umzugehen. Einer meiner ersten Einsätze nach der Ausbildung war ein schwerer Verkehrsunfall. Ein Kind lief dabei hinter einem Schulbus über die Straße und wurde frontal von einem Lkw erfasst. Das Kind überlebte zwar, allerdings mit Langzeitfolgen. PSNV-Teams (Psychosoziale Notversorgung) gab es damals noch nicht. Aber bereits in den 1990er Jahren haben wir im Team, auf der Wache und auch mit dem Notarzt viel über solch potentiell belastende Einsätze gesprochen. Das ist auch heute noch das A und O. Nach jedem Einsatz führt man eine Nachbesprechung durch, tauscht sich aus, was gut gelaufen ist und was man noch für Optionen gehabt hätte.“

Meike Berg: Ärgert sich, wenn Patienten wegen eines Schnitts im Finger anrufen

Ich bin im Rettungsdienst tätig, weil…

„Ich helfe total gerne, das war schon immer so. Bereits seit 2004 bin ich hier im Ort in der Feuerwehr aktiv, dadurch dass Feuerwehr und Rettungsdienst im gleichen Gebäude untergebracht sind, gab es immer Berührungspunkte. Das Interesse an der Arbeit im Rettungsdienst wuchs. Durch einen Artikel für unsere Dorfzeitung hatte ich dann die Möglichkeit mal live in die Arbeit auf einem Rettungswagen hineinzuschnuppern. Ich bin insgesamt vier Tage mitgefahren und für mich war dann bereits 2017 klar, dass ich mich beruflich verändern will. Die Kinder waren damals noch zu klein, mit Schichtdienst ließ sich das für mich schwer vereinbaren. Somit arbeitete ich zunächst weiter als selbstständige Werbetechnikerin. 2019 habe ich dann den Entschluss gefasst. Habe mich um eine Ausbildung zur Rettungssanitäterin beworben. Seit 2020 bin ich nun hier in Medelby auf der Rettungswache. Kann zu Fuß zur Arbeit, ideal. Für mich mein Traumberuf.“

An diese Einsätze erinnere ich mich besonders:

„Einen Einsatz werde ich nie vergessen. Wir wurden zu einer laufenden Reanimation gerufen. Gemeinsam mit der Besatzung des Rettungshubschraubers Christoph Europa 5. Wir haben fast eine Stunde reanimiert, konnten den Patienten am Ende aber nicht retten. Als wir dann den Namen erfahren haben und uns den Patienten noch einmal genauer angeschaut haben, war uns klar, wir kennen ihn, das müsste ein Kollege aus dem Rettungsdienst sein. Unser Rettungswagen wurde anschließend sofort aus dem Dienst genommen, das PSNV-Team kümmerte sich um uns, kam direkt zur Wache. Im Rettungsdienst lernt man früh, dass nicht jeder Patient gerettet werden kann, aber dann zu wissen, dass man ihn kennt, macht es schwer. Am Ende stellte sich in dem Fall aber heraus, dass der Name zwar stimmte, aber es doch nicht der Kollege war. 

Was leider auch zunimmt, was mich auch persönlich ärgert, dass sind Einsätze, die eigentlich nichts für den Rettungsdienst sind. Dann werden Ressourcen gebunden, die gerade an anderer Stelle vielleicht viel dringender gebraucht werden. Da erinnere ich mich an einen Einsatz, bei dem wir nur das Stichwort „Daumen“ von der Leitstelle erhielten. Auf der Anfahrt machte man sich schon Gedanken, was alles passiert sein könnte. Schwere Quetschungen bis hin zu einer Amputation. Vor Ort stelle sich dann heraus, dass sich der Patient leicht in den Finger geschnitten hatte, es etwas blutete, er gar nicht ins Krankenhaus will, sondern lediglich den Finger fachgerecht verbunden haben möchte. Da fällt es einem dann schon schwer ruhig zu bleiben. Das war kein Fall für den Rettungsdienst.“

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