Auf dem Weg nach Amrum

Kunstsammler vergaß Bilder im Zug nach Dagebüll – wie Maler Dieter Mammel auf den Verlust reagiert

Kunstsammler vergaß Bilder im Zug nach Dagebüll

Kunstsammler vergaß Bilder im Zug nach Dagebüll

SHZ
Dagebüll/Frankfurt/Berlin
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Künstler Dieter Mammel bei der Arbeit in seinem Atelier. Foto: Helen Nicolai/shz.de

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Ostermontag ließ Manfred Großmann Bilder des Malers Dieter Mammel im Zug nach Dagebüll liegen. Danach wurden sie wohl gestohlen. Tagelang traute sich der Kunstsammler nicht, dem Künstler den Verlust zu beichten.

Fünf Wochen ist es jetzt her, dass Manfred Großmann acht Landschaftsbilder, Öl auf Leinwand, im Zug nach Dagebüll hat liegen lassen. Der Kunstsammler aus Frankfurt/Main hatte die Arbeiten des zeitgenössischen Malers Dieter Mammel am Ostermontag seiner Tochter bringen wollen, die auf Amrum lebt. Erst auf der Fähre hatte der 80-Jährige den Verlust bemerkt.

Belohnung brachte nichts

Bis heute gibt es keine Spur von den Bildern im Format 45 mal 30 Zentimeter, die sich in einer Tragetasche befanden. Auch eine Belohnung in Höhe von 500 Euro konnte einen möglichen Finder nicht dazu bewegen, die Kunstwerke, die zusammen den Zyklus „Landschaftsstücke“ bilden, abzugeben. Im schlimmsten Fall wurden sie achtlos weggeworfen, im zweitschlimmsten versucht jemand, sie auf einem Flohmarkt an den Mann bringen.

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Tagelang brachte es der Frankfurter nicht fertig, dem befreundeten Künstler, der ebenfalls in der Banken-Metropole sowie in Berlin lebt und arbeitet, den Verlust zu beichten. „Diese Bilder sind besonders für Dieter Mammel sehr wichtig, weil sie einen bedeutenden Entwicklungsschritt seiner Kunst repräsentieren“, so der kunstsinnige Jurist.


„Es waren Dieter Mammels erste konkrete Bilder.“ Er habe nach der intellektuellen Phase der Abstraktion die Bilder, die er aus Kindheit und Jugend im Urlaub im Kopf hatte – Berge und Seen – als Gegenstand von Malerei entdeckt, so Großmann. „Es waren die ersten Bilder, bei denen ich figurativ gearbeitet habe“, beschreibt es der Künstler selbst im Gespräch mit shz.de.

In der Kunstwelt geschätzte Arbeiten

Die Arbeiten, die 1999 entstanden, waren schon in der Goldstrom Gallery in New York und in Kyoto, Japan, zu sehen, ehe sie in die Sammlung Großmann kamen. Manfred Großmann hatte sie gekauft und trug dafür Sorge, dass sie immer zusammen blieben. Ihr genauer Wert ist schwer einzuschätzen, dürfte aber locker bei mehreren tausend Euro liegen, wohl im fünfstelligen Bereich.


Dafür, dass sich Manfred Großmann mit der Beichte einige Tage Zeit ließ, hat Dieter Mammel Verständnis. „Er hat mich verschont“, sagt der 57-Jährige. Die Verzweiflung des Kunstsammlers könne er nachvollziehen. „Er macht sich unglaubliche Vorwürfe. Aber jeder kennt solche Situationen“, sagt der Maler. Er habe selbst schon einmal eine Rolle mit Arbeiten im Zug vergessen.

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Der Verlust sei schmerzhaft, ja, zumal das Malen auch einen romantischen Aspekt habe: „Man malt sich etwas, das man nicht hat.“ Auf der anderen Seite könnte der Vorfall den Künstler auch inspirieren. „Mit Verlust muss man ständig leben“, sagt Dieter Mammel. „Ich werde darauf reagieren. Künstlerisch.“ Jedenfalls dann, wenn die acht Bilder „unwiederbringlich weg sind“.

Womöglich ein Trost für den Unglücksraben. Der macht sich diese Gedanken: „Hoffentlich tauchen alle gemeinsam wieder auf. Zugegeben, eine schwache Hoffnung“, so Manfred Großmann.

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