OB-Wahl in Flensburg

Kampfgeist bei Lange und Geyer vor der Stichwahl am 2. Oktober

Kampfgeist bei Lange und Geyer vor der Stichwahl am 2. Oktober

Kampfgeist bei Lange und Geyer vor der Stichwahl

Antje Walther/shz.de
Flensburg
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Zieht im ersten Durchgang an Simone Lange vorbei: OB-Kandidat Fabian Geyer neben seiner Ehefrau Anke (2.v.l.) bei der Auszählung in der Bürgerhalle. Foto: Marcus Dewanger/shz.de

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Herausforderer Fabian Geyer setzt sich mit 43,5 Prozent der Stimmen deutlich vor die Amtsinhaberin Simone Lange. Sie bekommt 36,2 Prozent. Ein Blick auf die Gewinner und Verlierer des Abends.

Der erste Sektkorken knallt schon vor 18 Uhr an diesem Wahlsonntag in eine noch unheimlich leere Flensburger Bürgerhalle hinein. „Zu früh“, ruft jemand. Doch es ist nur ein Versehen; niemand hat in die Glaskugel geblickt. Trotzdem werden die vielen, die vor der Auszählung sämtlicher Stimmen eine Stichwahl vorhergesagt haben, Recht behalten. Um 20.01 Uhr ist auch das letzte der 44 Wahlgebiete ausgezählt. 

Amtsinhaberin Simone Lange und Herausforderer Fabian Geyer werden einander am 2. Oktober in der Stichwahl gegenüberstehen.

Die Sozialdemokratin wurde als Kandidatin von ihrer SPD und den Grünen unterstützt, der Parteilose von der CDU und der FDP. Die Journalistin Karin Haug stand als Kandidatin des SSW zur OB-Wahl und bekommt 16,3 Prozent. Sie blickt gut gelaunt auf einen fairen Wahlkampf zurück und bleibt der Kommunalpolitik treu. Eine Wahlempfehlung für die zweite Runde möchte sie allerdings nicht abgeben.

Marc Paysen als Kandidat von „Flensburg wählen!“ wäre an einer Fünf-Prozent-Hürde gescheitert, wenn es sie denn hier gäbe. Er bleibt bei 4 Prozent abgeschlagen. Ein Erfolg, finden zwei alte Hasen der Kommunalpolitik. Während der eine ihm vorwirft, sich vor jeder Aussage gedrückt zu haben, ist der andere erleichtert, dass sich die Prozente für Paysen im einstelligen Bereich bewegen und sieht das als gutes Zeichen für Flensburg. Ein Interview mit Paysen scheitert erneut – er verlangt ironisch einen PCR-Test von der Reporterin mit der Maske.

Überregionale politische Prominenz vor Ort

Neben vielen Kommunalpolitikern ist natürlich der Verwaltungsvorstand und mit Hannes Fuhrig der Stadtpräsident bei der Auszählung am Sonntag im Rathaus dabei. Außerdem zeigt der politische Nachwuchs jedweder Couleur Flagge für seine Kandidaten, darunter Salomo Stainbank, Student und ehemals Juso-Vorsitzender. Ihn bewegen zwei Kernthemen, und zwar queere Politik und der Kampf gegen Rassismus. Oberbürgermeisterin Lange hatte dafür ein offenes Ohr, sagt er und ist zuversichtlich, dass sie, sei es nach einer Stichwahl, im Amt bleibt. Darauf würde dann schon die ebenfalls wichtige Vorbereitung auf die Kommunalwahlen im Mai 2023 folgen, blickt er voraus.

Auch überregionale politische Prominenz ist zugegen im Rathaus, darunter Kay Richert, ehemals Landtagsabgeordneter für die Liberalen in Kiel, und der EU-Parlamentarier Rasmus Andresen. Für eine solch wichtige Wahl kommt der Grüne natürlich nach Hause. Vor dem vorläufigen Ergebnis der Auszählung hatte er schon mit einer „Verlängerung“ gerechnet, also einer Stichwahl. „Ich bin optimistisch“, sagt er, glaubt, dass Simone Lange gute Karten habe, denn:

Simone Lange gibt sich vor der Auszählung entspannt und sagt: „Ich kann nichts mehr machen“, denn die Entscheidung liege nicht mehr in ihrer Hand. Sie freut sich, dass ihre Familie gleich hinzustößt. Als sich abzeichnet, dass sie doch mehr als 7 Prozent hinter dem Herausforderer liegt, schimmert Enttäuschung durch ihr Lächeln. Natürlich hatte sie sich ein anderes Ergebnis erhofft und „will nicht verlieren“.

Die bevorstehende Stichwahl versteht sie nun als Auftrag, will die Zeit für eine Analyse nutzen und Nicht-Wähler mobilisieren. Selbst am letzten Tag im Wahlkampfendspurt sei sie noch vielen Menschen begegnet, die nichts von einer OB-Wahl wussten. Da werde es auch schwer für die Kommunalwahl, fürchtet sie mit Blick auf die Wahlbeteiligung, die beim ersten Durchgang der OB-Wahl immerhin bei 36,9 Prozent lag.

Votum für einen Wechsel?

Pure Zuversicht strahlt Fabian Geyer aus, mit jeder Minute dieses Wahlsonntags mehr. Auch er wird von seiner Familie unterstützt und bereitet sich mindestens gedanklich schon auf das Amt eines Oberbürgermeisters der Stadt Flensburg vor. Das Ergebnis von 43,5 Prozent versteht er als „Votum für einen Wechsel, nicht für ein Weiter-so“, sagt der promovierte Jurist und Geschäftsführer des regionalen Arbeitgeberverbands.

Er wird nicht müde zu betonen, dass er weiterhin auf eine saubere Trennung drängen wird und die Aufgabe als Verwaltungschef eben nicht als politisch begreift. Gleichwohl habe er viel mit der Kommunalpolitik zu tun, erklärt Geyer. Bis zur Stichwahl werde er, so sei das Spiel, natürlich das konstruktive Gespräch suchen. Mit dem SSW gebe es programmatische Schnittmengen, betont der OB-Kandidat und nennt Sympathien für die Hafen-Ost-Überlegungen und Mobilität, Verkehr als Beispielfelder. „Wir genießen das jetzt“, sagt Geyer, aber auch: „Wir heben nicht ab“.

Währenddessen wird es mal wieder laut in der Bürgerhalle, denn das Unterstützer-Team von Simone Lange nimmt die Herausforderung an und skandiert: „Simone, Simone, Simone!“ Das Team Geyer lässt sich nicht lumpen und kontert noch lauter: „Fabian, Fabian, Fabian!“ Das Duell ist eröffnet.

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