Corona in Nordfriesland

Impfung bei Husumer Hausärzten – die Palette reicht von Frust bis Freude

Impfung bei Husumer Hausärzten – die Palette reicht von Frust bis Freude

Impfung bei Hausärzten – von Frust bis Freude

SHZ
Husum
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AstraZeneca ist bei den Hausärzten in Husum und Umgebung zum Auslaufmodell geworden – es wird fast nur noch Biontech verimpft. Foto: Matthias Bein/dpa

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Der Ansturm auf die Hausarztpraxen in Husum und Umgebung ist zur Freude vieler Mediziner vorbei – doch andere sind gefrustet, weil manche Patienten trotz Termin nicht zur Zweitimpfung kommen.

Rund die Hälfte aller Nordfriesen ist mittlerweile gegen Corona durchgeimpft. Doch der zwischendurch erfolgte Wechsel der Impf-Strategie – die Möglichkeit, in den Impfzentren für die Zweitimpfung das Mittel nach Wunsch zu bekommen und so den Impfwilligen die Kreuzimpfung von AstraZeneca und einem mRNA-Impfstoff wie Biontech oder Moderna zu ermöglichen – hat wie erwartet für Frust bei so manchem Hausarzt gesorgt.

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Wie etwa bei Dr. Nick Merkel, Allgemein- und Kinderarzt in Viöl, der das „Impf-Logistk-Chaos“ beklagt und sagt: „Es macht einfach alles keinen Spaß mehr. Wir haben beschlossen, noch bei denen die Zweitimpfung zu machen, wo wir auch die Erstimpfung gemacht haben, und dann bis auf Weiteres nicht mehr zu impfen.“

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Seit dem Wechsel der Impf-Strategie würden die Leute einfach ins Impfzentrum laufen und sich da mit Biontech impfen lassen. Das sei ihr gutes Recht, aber: „Wir haben doch auch Biontech bestellt. Es wird nicht rückgefragt und wir bleiben darauf sitzen und müssen es wegwerfen.“ Das sei ihm zuwider. „Und das mache ich nicht mehr. Wir impfen noch montags, dienstags und donnerstags. Aber wir müssen oft stundenlang hinterher telefonieren, wo die Patienten bleiben, und versuchen dann, für die, die nicht auftauchen, Ersatz zu bekommen.“ Seine Devise: „Ich schicke jetzt alle ins Impfzentrum, letztendlich steht da Biontech ohne Termin zur Verfügung.“ Falls eine dritte Impfung komme, werde seine Praxis die Kampagne aber natürlich wieder mit aufnehmen.


Bei der Impfung von Kindern sei seine Einstellung klipp und klar: „Wenn Kinder ab zwölf Jahren geimpft werden möchten – auf eigenen Wunsch, mit Einwilligung und im Beisein der Eltern sowie nach ausführlicher Aufklärung –, dann machen wir das natürlich. Ansonsten halten wir uns als Kinderärzte an die Empfehlungen der Ständigen Impf-Kommission (Stiko) und der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrie, die da sagen: Ab 16 Jahren ist es okay und ab zwölf Jahren nur bei Risiko-Patienten.“ Er lehne es ab, „gnadenlos Zwölfjährige zu impfen“.

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Carsten Philipzig, Allgemeinarzt in Husum, hat andere Erfahrungen gemacht: „Dass Zweitimpfungs-Termine nicht wahrgenommen werden, kann ich so nicht bestätigen.“ Er sei auch froh darüber, dass „der Flaschenhals der unzureichenden Impfstoff-Zuteilung überwunden“ sei. „Die Impfstraße in unserer Praxis läuft: Wir können jetzt allen, die wollen, ein Impfangebot machen, nicht mehr nur den eigenen Patienten.“ Aber das Feld sei ziemlich abgegrast, die Leute fragten nicht mehr so aktiv nach. „Jetzt müssen wir die Impf-Muffel erreichen.“


Was die Impfung von Kindern und Jugendlichen angeht, richtet sich Philipzig ebenfalls nach den Empfehlungen der Stiko: „Für Kinder ab zwölf Jahren ist Biontech zugelassen, empfohlen hat die Stiko die Impfung aber ab 16 Jahren.“ Er sei davon überzeugt, dass der Benefit einer Impfung mögliche Nebenwirkungen auch in dieser Altersgruppe übersteige. „Wir impfen daher auch jüngere Menschen – aber das wollen noch gar nicht so viele.“


Viele Ärzte sind glücklich darüber, dass eine gewisse Entspannung eingetreten ist. „Wir sind jetzt fast durch – noch einige wenige Zweitimpfungen bei unseren und einigen Patienten aus Nachbar-Praxen und dann war's das“, sagt Dr. Johannes Carstensen, Allgemeinarzt in Husum. Er habe keine großen Probleme mit der Durchimpfung seiner Patienten gehabt. „Und bei einigen habe ich auch sozusagen den Rand mitgenommen, also Familienmitglieder und Freunde.“ An Impfstoff habe er zum Schluss nur noch Biontech bekommen.


Auch Dr. Frauke Mehret, Allgemeinärztin in Tönning, berichtet, dass die Anzahl der Impfwilligen inzwischen „überschaubar“ geworden sei: „Wir haben nicht mehr viele Anfragen, hauptsächlich stehen noch einige Zweitimpfungen an.“ Wie Merkel verweise auch sie nun auf das Impfzentrum. „Da kann man ja alles, was man möchte, ohne Termin bekommen, und die jüngeren Impfwilligen sind mobil. Alle Patienten mit Priorität sind durchgeimpft.“ Im Impfzentrum laufe das einfacher ab als in ihrer Praxis. „Das ist ja eine To-go-Impfung, während wir aufwändig organisieren müssen.“ Jetzt treffe man eher auf diejenigen, die sich bewusst nicht impfen lassen wollen. „Ich frage jeden Patienten, aber bei manchen gibt es eine gewisse Borniertheit.“

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Wollen Kinder oder Jugendlichen geimpft werden, frage sie zunächst, ob die Eltern schon geimpft sind. „Sonst impfe ich sie nicht.“ Bedenken, jüngere Menschen zu impfen, habe sie nicht: „In anderen Ländern sind ja schon viele geimpft worden. Wer möchte, bekommt bei mir die Impfung – und viele wollen das auch.“

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