Wahlkampf in Flensburg

Hitziges Live-Duell vor der Stichwahl: Simone Lange attackiert Fabian Geyer

Hitziges Live-Duell vor der Stichwahl: Simone Lange attackiert Fabian Geyer

Live-Duell: Simone Lange attackiert Fabian Geyer

Ove Jensen/shz.de
Flensburg
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Vor der Debatte gaben sich Simone Lange und Fabian Geyer die Hand – nach der Debatte verabschiedeten sie sich mit einem kurzen Gruß – ohne Handschlag. Foto: Marcus Dewanger

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Kurz vor der Stichwahl traten Simone Lange und Fabian Geyer zum Rede-Duell auf shz.de an. Es wurde eine hochemotionale Debatte mit einer angriffslustigen Oberbürgermeisterin.

Der Wahlkampf um das Oberbürgermeister-Amt in Flensburg geht in die Endphase, und der Ton wird rauer. Sechs Tage vor der Wahl lieferten sich Amtsinhaberin Simone Lange und Herausforderer Fabian Geyer am Montagabend im Livestream auf shz.de einen lebhaften Schlagabtausch, in dem vor allem Lange immer wieder auf Attacke schaltete.

„Ich habe vielleicht den Fehler gemacht, dass ich mich nicht früher gewehrt habe“, sagte sie. „Ich kann ziemlich viel aushalten, aber irgendwann kommt jedes Fass zum Überlaufen.“

Lange zählte auf, was sich in diesem Wahlkampf offenbar über Monate in ihr angestaut hatte. Sie warf Geyer vor, seine Rolle als Geschäftsführer des Arbeitgeberverbands schon seit langer Zeit dafür zu nutzen, Stimmung gegen sie als Oberbürgermeisterin zu machen. „Auf der Internetseite des Arbeitgeberverbands finde ich ausgesprochen gezielte Pressemitteilungen, die immer nur die Stadtverwaltung in ein schlechtes Licht rücken, die nichts mit der Interessenvertretung von Unternehmen zu tun haben.“

Zudem konfrontierte sie Geyer mit einer Aussage aus einem Interview, in dem er kurz nach seiner Nominierung durch CDU, FDP und WiF gesagt hatte, er wolle dem Oberbürgermeisteramt „die Würde wiedergeben“.

Geyer war bemüht, betont sachlich zu reagieren. „Ich soll aus der Reserve gelockt werden, aber das wird nicht passieren“, entgegnete er. Der Satz mit der Würde sei nicht auf eine bestimmte Person gemünzt gewesen. Auch Kritik an der Stadtverwaltung im Namen des Arbeitgeberverbands habe er schon früher zu Zeiten von Simone Langes Vorgänger Simon Faber geübt.

„Es ist mein Job, die Stimme der Wirtschaft zu sein.“ Geyer betonte aber auch, dass er als Privatperson für das Amt des Oberbürgermeisters kandidiere. „Ich bin von niemandem geschickt, ich bin von niemandem bezahlt“ und selbstverständlich werde er als Oberbürgermeister alle Bereiche der Gesellschaft im Blick haben. „Diese Stadt besteht nicht nur aus Wirtschaft, das ist mir schon klar.“

Auch in der Übergangszeit zwischen dem Wahltag und seinem Amtsantritt im Rathaus Mitte Januar werde er seine bisherige Aufgabe beim Arbeitgeberverband von seiner kommenden Aufgabe trennen können. „Ich habe mich akribisch darauf vorbereitet, wie der Übergang gestaltet wird.“ Aus seinem operativen Tätigkeitsfeld werde er „sukzessive rausgehen“ und den Übergang zu einem Nachfolger gestalten.

Ist Geyer schon sicher, dass er die Stichwahl am 2. Oktober gewinnt? Immerhin hatte er im ersten Wahlgang mit 43,5 Prozent einen klaren Vorsprung gegenüber Lange mit 36,2 Prozent. „Ich bin nicht naiv“, sagte Geyer. „Es ist ein Ergebnis, das mich außerordentlich bestärkt hat. Aber ein Selbstläufer ist gar nichts in der Politik.“

Lange erklärte sich ihre Schlappe aus dem ersten Wahlgang einerseits damit, dass sie „kein unbeschriebenes Blatt“ mehr gewesen sei und in sechs Jahren im Amt auch Dinge bewirkt habe, die „nicht jedem so gefallen“. Zudem sei während der Corona-Pandemie das Gespräch mit den Menschen nicht so möglich gewesen wie sonst.

Simone Lange und Fabian Geyer werben um SSW-Wähler

Nun werben beide Stichwahl-Kandidaten um die 16.3 Prozent der Wähler, die ihre Stimme im ersten Wahlgang der SSW-Bewerberin Karin Haug gegeben haben. Lange sagte, sie habe im direkten Gespräch aus der dänischen Minderheit nicht die Kritik an ihrer Amtsführung gehört, die nun öffentlich geäußert wurde.

Geyer betonte, er sehe „viele Schnittmengen“ mit den Vorstellungen des SSW. „Ich buhle nicht um Stimmen, aber ich reiche dem SSW die Hand.“

Auch mit SPD und Grünen, also die Parteien, die hinter Simone Lange stehen, werde er gut zusammenarbeiten können, trotz der Attacken in den letzten Tagen des Wahlkampfes, sagte er.

Ein interessantes Detail war zu hören, als die beiden Bewerber von den Moderatoren Annika Kühl und Julian Heldt aufgefordert wurden, ihre Vision für das Jahr 2030 zu schildern. Simone Lange sprach von verbesserter Wasserqualität in der Förde und reduziertem Autoverkehr dank Ausbau von Bus und Bahn – und sie sprach davon, dass sie 2029 ihr Amt erfolgreich an die neue Oberbürgermeisterin übergeben konnte.

Wird sie also, wenn sie die Wahl am 2. Oktober gewinnt, in sechs Jahre mit dann 51 Jahren zu einer dritten Amtszeit nicht mehr antreten? Auf Nachfrage erklärte sie: „Erstmal hoffe ich, dass ich am Sonntag überhaupt über die Hürde komme, und dann dürfen Sie mich gern nochmal fragen.“

Geyer sprach für 2030 lieber von Zielen als von Visionen. „Ich bin kein Visionär.“ Seine Ziele seien „eine Stadt, in der Verwaltung, Politik und Bevölkerung einander vertrauen, die Daseinsvorsorge und den Lebenswert der Menschen in den Vordergrund stellt.“

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