Kosten, Nutzen, Aussicht

Heiner Gargs Endabrechnung zum Aus der Corona-Impfzentren

Heiner Gargs Endabrechnung zum Aus der Corona-Impfzentren

Heiner Gargs Endabrechnung zum Aus der Corona-Impfzentren

SHZ
Kiel
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„Alle haben in einem beispiellosen Kraftakt effizient, unkompliziert und bürgernah den Betrieb sichergestellt und eine logistische Mammutaufgabe vollbracht“, sagt Gesundheitsminister Heiner Garg. Foto: 90037

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Am Sonntag schließen die Impfzentren im Land – was haben sie gebracht, was haben sie gekostet und was folgt?

Die Ära der Impfzentren in Schleswig-Holstein ist vorbei. Die 28 im Spätherbst 2020 errichteten provisorischen Stationen zur Bekämpfung des Corona-Virus werden morgen Abend endgültig geschlossen.

Insgesamt wurden seit dem 4. Januar 1,8 Millionen Impfungen durchgeführt. Bis einschließlich September sind dabei Kosten von rund 66 Millionen Euro angefallen, die sich Bund und Land teilen. „Nach einer ersten Hochrechnung hat jede Impfung rund 32 Euro gekostet“, teilte Gesundheitsminister Heiner Garg am Freitag mit.

Er bedankte sich bei den 564 Bundeswehrangehörigen, den 1118 Mitarbeitern von Johannitern und Rotem Kreuz, die den Piks verpassten, sowie bei den 1684 Medizinern, die vorwiegend Aufsicht führten. „Alle haben in einem beispiellosen Kraftakt effizient, unkompliziert und bürgernah den Betrieb sichergestellt und eine logistische Mammutaufgabe vollbracht“, lobte Garg.

Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer, in dessen „bundesweit schönstem Impfzentrum mit Panorama-Fördeblick“, dem Schwedenkai, allein 132.000 Impfungen durchgeführt wurden, berichtete von positiver Resonanz der Bürger. Sie äußerten ihre Begeisterung über die freundliche Behandlung in Briefform und Kuchengaben. Ähnliche Lobeshymnen waren auch aus den anderen 27 Zentren im Land zu hören.

Und was kommt nach den Impfzentren?

Laut Garg übernehmen künftig vorrangig die Kassen-, Privat- und Betriebsärzte diese Aufgabe. Sollte über den niedergelassenen Bereich hinaus Bedarf bestehen, wird die Kassenärztliche Vereinigung mit Sitz in Bad Segeberg zusätzliche Strukturen schaffen. „Der Schwerpunkt wird dabei auf mobilen, temporären Impfstellen liegen“, so Garg. Diese werden ab Oktober an verschiedenen Stellen im Land eingerichtet. Über die Standorte kann man sich dann unter www.impfen-sh.de informieren.

In einigen Städten werden schon jetzt Impfangebote vorgehalten. So berichtet Kämpfer, dass in einem städtischen Bus vor der Universität geimpft wird und im Familienzentrum im Problem-Stadtteil Gaarden eine Impfmöglichkeit geschaffen werden soll. „Die Impfzentren werden geschlossen, aber das Impfen geht weiter“, betonte Garg und kündigte an, dass auch die mobilen Impfteams bei Bedarf weiter zum Einsatz kommen.

Schleswig-Holstein: Land der Musterschüler

Die mobilen Teams haben nach ihrem Einsatz in Pflegeheimen Anfang des Jahres zuletzt wesentlich zum Erfolg der Quartiersimpfungen beigetragen. Zum Beispiel in Einkaufszenten, auf Wochenmärkten oder bei Fußballspielen. Insgesamt haben sie 275.000 Impfungen durchgeführt, davon seit Juni an 350 Standorten rund 50.000. Zuzüglich rund 20.000 Impfungen in Schulen. Besonders dort zeigt der koordinierte Einsatz bereits große Erfolge. Mit einer Quote von 55 Prozent Erstgeimpfter unter den Zwölf- bis 17-jährigen Schülern liegt der Norden bundesweit an der Spitze.

Eine Auffrischungsimpfung haben bereits 31.830 Menschen erhalten. Insgesamt sind derzeit knapp 70 Prozent der Schleswig-Holsteiner vollständig geimpft, das ist nach Bremen und dem Saarland die dritthöchste Impfquote in Deutschland. Bei den über 60-Jährigen liegt die Quote bei knapp 90 Prozent.

Ohne Impfzentren wäre es nicht gegangen

Allerdings weist Garg darauf hin, dass in dieser besonders vulnerablen Klientel zwar 90 Prozent geimpft seien, aber immer noch zehn Prozent ungeschützt sind. Übrigens ist der Preis pro Piks im Norden in Höhe von 32 Euro sensationell niedrig.

Zwar sind die Kosten im Vergleich zur Impfung durch den Kassenarzt – er erhält 20 Euro – vergleichsweise hoch, doch um ein vielfaches günstiger als in anderen Bundesländern. So kostete jeder Piks in Hessens Impfzentren 130 Euro. Hamburg meldet Ausgaben von 106 Millionen Euro für 1,16 Millionen Impfungen – das macht einen Einzelpreis von über 90 Euro. Kostentreiber waren überall hohe Gebäudemieten und Arzthonorare von bis zu 175 Euro die Stunde. Der Norden zahlte „nur“ 115 Euro.

Trotzdem sind Experten überzeugt: Ohne die Impfzentren wäre es nicht gegangen. Anfangs habe der Impfstoff noch bei -70 Grad gelagert werden müssen. Das hätten Arztpraxen gar nicht leisten können. Auch hätten es die Impfzentren geschafft, in einer Zeit des Mangels den Impfstoff gerecht zu verteilen. Inzwischen haben sich die Zeiten geändert: Impflinge, nicht Impfstoff sind Mangelware.

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