Datenschützerin klärt auf

Geht den Arbeitgeber mein Impfstatus etwas an?

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Geht den Arbeitgeber mein Impfstatus etwas an?

SHZ
Kiel
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Ein Impfpass mit einer frühen Impfung. Arbeitgebern könnte das laut Datenschützern ein Indiz auf eine Vorerkrankung liefern. Foto: Andreas Arnold/shz.de

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Muss ein Arbeitnehmer antworten, wenn sein Arbeitgeber ihn fragt, ob er geimpft oder genesen ist? Die Antwort von Schleswig-Holsteins oberster Datenschützerin ist eindeutig.

Darf ein Arbeitgeber den Impfstatus seiner Beschäftigten abfragen? Und muss der Arbeitnehmer darauf antworten? Diese Frage wird der obersten Datenschützerin des Landes derzeit immer häufiger gestellt.

Grund ist der Wunsch vieler Betriebe im Norden, wieder alle Mitarbeiter an Bord zu haben. Wenn klar ist, wer geimpft oder genesen ist, lassen sich zum Beispiel die Einsatzmöglichkeiten von Mitarbeitern oder Ansteckungsrisiken besser ein- und abschätzen.

Antwort der Landesdatenschutzbeauftragten ist eindeutig

Die Antwort der Landesdatenschutzbeauftragten Marit Hansen ist jedoch deutlich: „Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber seinen Impfstatus nicht mitteilen. Dafür besteht keine Pflicht aus dem Arbeitsrecht.“

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Grund: Beim Impfstatus handelt es sich um personenbezogene Gesundheitsdaten im Sinne der Datenschutzgrundverordnung, deren Verarbeitung grundsätzlich untersagt ist. Wie Hansen betont, gibt es Ausnahmen für bestimmte Einrichtungen, die das Infektionsschutzgesetz definiert, darunter Krankenhäuser, Arztpraxen, Tageskliniken oder Rettungsdienst

Für eine Erfassung fehlt die gesetzliche Grundlage

Für alle anderen hat Hansens hessischer Kollege, der Rechtswissenschaftler Alexander Roßnagel, bestehende Rechtsgrundlagen vom Arbeitsrecht bis zur Coronavirus-Schutzverordnung auf eine Legitimierung der Impfstatus-Abfrage hin abgeklopft. Er kommt zu dem Schluss, dass „die Verarbeitung des Impfstatus durch den Arbeitgeber bereits am Fehlen einer gesetzlichen Grundlage“ scheitert.

Eine freiwillige Angabe zum Impfstatus ist möglich

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) erklärt: Von der gesetzlich geregelten Masern-Impfpflicht abgesehen, die seit dem 1.März 2020 für die Beschäftigten zum Beispiel in Kitas und Schulen gelte, sei Impfen Privatsache der Beschäftigten.

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Solange es keine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Durchführung der Corona-Impfungen gebe, sei die Verarbeitung von diesbezüglichen Gesundheitsdaten der Beschäftigten nur dann zulässig, wenn die Betroffenen zuvor freiwillig eingewilligt hätten. Freiwillig bedeutete allerdings, dass die Datenpreisgabe an keine Vor- oder Nachteile für den Betroffenen gekoppelt werden dürfe.

Einstufung als Impfgegner: Datenschützerin warnt vor Diskriminierung

Hansen hat Zweifel, das selbst eine Einwilligung die Impfstatus-Verarbeitung legitimiere – da ein Abhängigkeitsverhältnis bestehe. Hansen: „Schon wenn der Arbeitgeber die Frage nach dem Impfstatus stellt, sieht sich der Arbeitnehmer einem Druck ausgesetzt, sich dazu zu äußern.

Hinzu kommt, dass mit dem Vorzeigen des Impfbuchs oder des Impfnachweises auch das Datum der Impfung bekannt wird: Wer früh geimpft wurde, gehört wahrscheinlich zu einer Prioritätsgruppe – und hat womöglich Vorerkrankungen, was er nicht offenbaren muss.“ Auch die Gefahr einer Diskriminierung sieht Hansen: „Ein Arbeitgeber könnte einen Mitarbeiter nach der Abfrage als Impfgegner eingruppieren.“

Eine Betriebsvereinbarung ist eine Lösung

Könnte eine Betriebsvereinbarung die Abfrage auf rechtlich sichere Beine stellen? Auch das hat Hessens Datenschützer Alexander Roßnagel überprüft. Er sagt: „Das ist zulässig.“ Sie entbinde Arbeitgeber und Betriebsräte aber nicht von der Pflicht zur Prüfung, was mit der Abfrage eigentlich erreicht werden solle und ob für diesen Zweck nicht „andere, gleich wirksame und das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer weniger einschränkende Mittel zur Verfügung stehen“.

Auch der Einzelfall darf nicht als Hintertür genutzt werden

Ausnahme Einzelfall: Im Einzelfall kann die Impfstatus-Abfrage auch in nicht-medizinischen Betrieben legitim sein. Hansen erklärt: „Etwa, wenn es darum geht, welcher Mitarbeiter eine notwendige Dienstreise in ein Risikogebiet antritt.“

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Liegt eine solche „qualifizierte Erforderlichkeit“ vor, wird es nach Hansens Kollegen Roßnagel aber zumeist „nur schwer zu begründen sein, warum eine Verarbeitung durch den Arbeitgeber von vornherein erfolgen muss“, da der Nachweis über den Impfstatus auch erst erbracht werden könne, wenn es darauf ankomme. Soll heißen: Aus Einzelfällen darf sich nicht durch die Hintertür ein zentraler Überblick verschafft werden.

Unternehmensverband Nord: „Es sollte gefragt werden dürfen“

Beim Unternehmensverband Nord wünscht man nicht einen weniger rigiden Umgang mit der Thematik im nicht-medizinischen Bereich. Sprecher Sebastian Schulze: „Es sollte zumindest gefragt werden dürfen, um betriebsorganisatorisch den Arbeitsschutz noch besser zu gestalten, zum Beispiel mit der selektiven Rückkehr aus dem Homeoffice.“

Die Frage sei doch, wie ansonsten Kunden geschützt werden sollten und auch die Kollegen, die Auskunft gegeben hätten.

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