Haithabu

Frühe Reisen in die Welt der Wikinger

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SHZ
Schleswig
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Museumsleiterin vor Wikingerschiff: Ute Drews mit einem ihrer Lieblingsexponate. Foto: Marcus Dewanger/shz.de

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Die Leidenschaft der Haithabu-Museumsleiterin Ute Drews für das Thema wurde in der Schule geweckt – jetzt geht sie in den Ruhestand.

Die Überraschung war groß, als Ute Drews plötzlich den ersten Beleg ihrer späteren Karriere in den Händen hielt. Im Jahr 2007 fand sie auf dem Dachboden ihrer Eltern ein altes Heimatkunde-Heft aus der vierten Klasse, darin eine Zeichnung der kleinen Ute von der Wikingersiedlung Haithabu. „Ich konnte mich an das Bild nicht mehr erinnern, aber daran, dass mich das Wikinger-Thema schon als Schülerin begeistert hat“, sagt Drews. Aus dieser Begeisterung wurde später eine Profession, das kann man anhand dieses persönlichen – wenn man so will: archäobiografischen – Fundes wohl festhalten.

 

Seit 30 Jahren leitet Drews das Wikinger-Museum Haithabu, dieses Ensemble, dessen Ausstellungsgebäude am Haddebyer Noor an umgedrehte Schiffsrümpfe erinnern und das längst mehr als ein Museum ist. Haithabu ist eine Wikingerwelt, die vom Objekt bis zur Präsentation der Lebensweise vielfältige Einblicke in die Welt der harten Männer und Frauen aus dem Norden zulässt.

Diese Welt wird Ute Drews morgen verlassen, dann übergibt sie das Haus ganz offiziell an ihren Nachfolger Matthias Toplak. „Wir machen eine umfassende Übergabe, es gibt schließlich einiges, was hier gerade in Bewegung ist“, sagt Drews. Sie kommt gerade aus einer Besprechung, einer ihrer letzten als Leiterin des Wikinger-Museums Haithabu. Es ging um einige geplante Änderungen im Eingangsbereich: „Wir wollen dort deutlicher als bisher auf den Welterbe-Status hinweisen“, sagt die Noch-Leiterin und es klingt, als wäre es ein Projekt wie jedes andere, das sie während ihrer Laufbahn betreut hat. Das Ende schwingt nicht mit, wenn sie erzählt. Drews sagt oft „Wir“ und spricht viel über die Zukunft des Museums.

Dabei hat sie auch ganz viel mit der Vergangenheit dieses Hauses zu tun. Ute Drews, die 1955 in Dithmarschen geboren wurde, ist 1987 nach Haithabu gekommen. Damals existierte das Museum knapp zwei Jahre. Das Wikinger-Thema zog damals schon viele Menschen an, dabei wurden ausschließlich archäologische Funde ausgestellt. Heute ist die Dauerausstellung, gerade nach dem Umbau im Jahr 2010, erzählender und zugänglicher geworden, vor allem auch für ein jüngeres Publikum, das die Wikinger meist als populärkulturelles Phänomen kennt. Deshalb ist Ute Drews gerade der Bereich der Bildung und Vermittlung ein Anliegen: „Die Besucher sollen nicht nur rezipieren, sondern auch aktiv werden können.“ Unter anderem in den sieben Nachbauten von Wikingerhäusern, in denen die Besucher Handwerk und Leben von vor 1000 Jahren miterleben und gestalten können.

Aber auch die popkulturellen Auswüchse des Wikinger-Mythos spielen natürlich eine Rolle. „Wir haben eine ordentliche Sammlung von Wikingerhelmen mit Hörnern“, sagt Drews und lacht. Denn die Hörner auf den Helmen sind eine der zahlreichen Legenden, die nichts mit der historischen Realität gemein haben. Drews nimmt das – im Gegensatz zu einigen ihrer Berufskollegen – gelassen: „Ich lese auch jeden Hägar-Comic, den ich in die Hände bekomme, obwohl darin fast alles historisch falsch ist. Aber die Geschichten sind oftmals wahnsinnig amüsant.“ Für die Hägar-Geschichten hat sie bald mehr Zeit, aber auch für die Besuche anderer Museen.

So ganz in den Ruhestand wird die 65-Jährige aber nicht gehen, sie leitet weiterhin die Museumsshops der Landesmuseen. Und natürlich wird sie auch in Haithabu zu Gast sein, ganz privat. „Hier gibt es noch so viele unerzählte Geschichten und unentdeckte Funde, da werden zukünftige Forscherteams und die Museumsleitung ein reiches Betätigungsfeld haben“, sagt Ute Drews und zeigt mit der rechten Hand in Richtung des Noors. Es seien erst eineinhalb Prozent des Hafens und fünf Prozent der Siedlung erforscht. Erstaunliche Zahlen, wenn man bedenkt, welche Vielzahl an archäologischen Funden jetzt schon im Museum ausgestellt ist. Schwerter, Schiffe und Schmuck sind nur die spektakuläre Spitze davon. „Ich kann mich nach wie vor über die Exponate mit ungebrochener Begeisterung in diese vergangene Welt hineinträumen“, sagt Drews.

Das ist wahrscheinlich der größte Schatz, den sie Ende des Monats von ihrem letzten Arbeitstag mit nach Hause nimmt. Dorthin, wo ihr altes Schulheft schon liegt.

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