Frank Homrich im Interview

Erfahrungen aus Katastrophengebiet: „Unsere Berge sind die Deiche“

Erfahrungen aus Katastrophengebiet: „Unsere Berge sind die Deiche“

Erfahrung aus Flutgebiet: „Unsere Berge sind die Deiche“

SHZ
Kiel
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Feuerwehren aus Schleswig-Holstein mit 700 Helfern waren in den ersten Tagen in den Flutgebieten im Einsatz. Foto: Bodo Marks/dpa/shz.de

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Der Landesbrandmeister Frank Homrich sieht Schleswig-Holstein für Katastropheneinsatz gut aufgestellt.

Auch Schleswig-Holsteins Feuerwehren haben für Unterstützung in den Hochwassergebieten von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gesorgt. Die Helfer sind mit teils erschütternden Eindrücken zurückgekehrt. Jetzt werden die Erfahrungen aufgearbeitet. Über eine erste Bilanz und über die Perspektiven für das eigene Bundesland sprachen wir mit Landesbrandmeister Frank Homrich.

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Wie ist der Einsatz aus Sicht der hiesigen Wehren gelaufen?

Wir wurden gefragt, was wir leisten können und haben zügig reagiert. Wir haben mit dem ersten Kontingent 700 Helfer mit 200 Fahrzeugen in das Gebiet geschickt. Darunter waren die erste Landesbereitschaft aus Schleswig-Flensburg, die jetzt neu aufgestellt wurde, die zweite aus Rendsburg-Eckernförde und auch die kommunalen Feuerwehrbereitschaften aus Flensburg, Eckernförde, Herzogtum Lauenburg und Storman, dazu Komponenten aus dem Kreis Plön. Itzehoe und der Kreis Pinneberg haben technische Unterstützung zur Verfügung gestellt, sodass wir dort sehr schnell eingreifen konnten. Da, wo es bei uns im Land Probleme gab, werden wir das aufarbeiten – sowohl im Kreis als auch im Land. Das werden ergebnisoffene Gespräche.

Welcher Art waren solche Probleme?

Beispielsweise ging es um zeitliche Abläufe. Aber das werden wir untersuchen.

Was kann Schleswig-Holstein für die Zukunft lernen?

Dadurch, dass wir einen mobilen Führungsstab haben, waren wir sehr gut aufgestellt. Wir konnten die eigenen Einheiten optimal einsetzen. Damit haben wir eine ganze Menge geschafft. Sicherlich gibt es hier und da auch Dinge, bei denen wir gemerkt haben, dass wir nachsteuern müssen.

Gibt es auch dazu Beispiele?

Zum Beispiel brauchen wir noch Fahrzeuge für die Zugführer. Wir haben auch noch Rüstwagen, die teilweise sehr, sehr alt sind. Das sind Dinge, über die wir mit der Politik des Landes, aber auch mit der Verwaltung reden müssen.

Abgesehen von Hilfeleistung für andere – welche Schlüsse können denn für Großeinsätze im eigenen Land gezogen werden?

Glücklicherweise wird es Derartiges wie in Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen hier nicht geben. Zum Beispiel, weil wir hier nicht solche Berge haben. Unsere Berge aber sind die Deiche. Dadurch, dass wir hier im flacheren Land leben und auch nicht diese dichte Besiedelung haben, haben wir Faktoren, die durchaus günstiger sind. Wir sind meiner Meinung nach schon sehr gut aufgestellt. Wir haben sehr effektiv arbeitende kommunale Feuerwehrbereitschaften. Wir haben jetzt 20 Löschfahrzeuge für die Landesbereitschaft bekommen. Es fehlen noch 30, die bestellt sind. Wir müssen aber dranbleiben.

Was meinen Sie damit?

Genau das ist jetzt ein Problem der Politik. Katastrophenschutz muss immer vorgedacht werden. Also: Nicht erst aufmerksam werden, wenn etwas passiert. Es gibt zum Beispiel sehr viele Sachen, die „rumstehen“. Aber wenn sie gebraucht werden, dann müssen sie hundertprozentig einsetzbar sein.

Welche Wünsche gibt es sonst noch an die Politik?

Wünsche gibt es auf jeden Fall. Das sind einmal die schon erwähnten Zugführungsfahrzeuge. Das sind aber auch Fahrzeuge wie Rüstwagen, die die Möglichkeit haben, auch eigene, liegengebliebene Fahrzeuge aus dem Einsatzgebiet herauszuholen. Sie müssen dann auch mit Winden und anderem schwerem Gerät helfen können. Das ist das eine. Das andere: Wir brauchen noch weitere Fahrzeuge. Glücklicherweise haben wir jetzt 30 Netz-Ersatzanlagen mit 100 kVA jeweils für die Tankstelleneinspeisung bekommen, und wir erhalten Endes des Jahres oder Anfang nächsten Jahres noch Netz-Ersatzanlagen mit 250 kVA beispielsweise für Krankenhäuser, Altenheime und ähnliches. Dafür müssen wir Zugfahrzeuge haben.

Und wir haben noch das Thema Waldbrände. Wir haben nicht viel Wald in Schleswig-Holstein. Trotzdem müssen wir zusehen, wie wir uns in der Zukunft aufstellen.

Zusammengefasst...

Wir haben Hochwasserszenarien, wir haben Starkregen, Sturm und ähnliches – da sind wir gut aufgestellt. Für den schnellen Einsatz kriegen wir das hin. Außerdem haben wir fast 50.000 hochmotivierte Feuerwehrleute und 1400 gut ausgerüstete Feuerwehren in Schleswig-Holstein. Damit können wir eine ganze Menge erreichen.

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