SPD klarer Gewinner

Entwicklungen in SH nach der Bundestagswahl: Günther wirbt trotz CDU-Absturz für Jamaika

Günther wirbt trotz CDU-Absturz für Jamaika

Günther wirbt trotz CDU-Absturz für Jamaika

SHZ
Kiel
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Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident Schleswig-Holstein, muss sich im Jahr vor seiner geplanten Wiederwahl Fragen stellen. Foto: Gregor Fischer/shz.de

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Die Wahl wird zur Bruchlandung für die CDU in SH – und das ein Jahr vor der Landtagswahl. Dennoch will Daniel Günther das Modell Jamaika nach Berlin exportieren.

Die Sozialdemokraten sind Gewinner der Bundestagswahl in Schleswig-Holstein, die CDU von Ministerpräsident Daniel Günther musste bei der Wahl am Sonntag herbe Verluste hinnehmen.

Über Konsequenzen der Ergebnisse der Wahl wollen Spitzenvertreter von CDU, SPD und Grünen am Montag beraten. In gut sieben Monaten wählen die Schleswig-Holsteiner am 8. Mai einen neuen Landtag.

Vor allem das Ergebnis der CDU wirft Fragen auf. Die Partei von Ministerpräsident Daniel Günther landete mit 22,0 Prozent nicht nur 12 Prozentpunkte unter dem Ergebnis von 2017. Sie schnitt auch schlechter ab als die Union laut Hochrechnungen im Bund und verlor zudem acht ihrer zehn Direktmandate von vor vier Jahren.

Die SPD gewann acht der elf Direktmandate

In Kiel verteidigte der SPD-Bundestagsabgeordnete Mathias Stein sein Mandat knapp gegen die Grünen-Spitzenkandidatin im Land, Luise Amtsberg. Ex-SPD-Bundesvize Ralf Stegner setzte sich in Pinneberg gegen den CDU-Bundestagsabgeordneten Michael von Abercron durch.

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Die Union errang nur zwei Direktmandate, 2017 waren es noch zehn. Erstmals überhaupt im Norden gewann bei der Bundestagswahl mit Parteichef Robert Habeck ein Grüner ein Direktmandat. Er setzte sich gegen die Bundestagsabgeordnete Petra Nicolaisen durch.

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Zwei der drei Koalitionspartner in Schleswig-Holstein hoffen auf ein Jamaika-Bündnis auf Bundesebene. Im Gegensatz zu CDU und FDP wollte sich die Grünen-Spitze im Norden noch nicht auf den Wunsch nach einem solchen Bündnis festlegen. Bei der Bundestagswahl lag die SPD nach Hochrechnungen vor der CDU/CSU.

Enttäuschter Günther wirbt für Jamaika

Regierungschef Günther sprach sich klar für ein Bündnis von CDU, Grünen und FDP auch im Bund aus. „In Schleswig-Holstein zeigen wir, dass ein Jamaika-Bündnis ein Modell dafür sein kann, indem es wichtige Zukunftsthemen anpackt und Ökonomie und Ökologie erfolgreich miteinander versöhnt.“

Die Union habe am Ende zwar zur SPD aufgeschlossen. „Trotzdem gibt es nichts daran vorbeizureden, dass dieses Ergebnis für uns als Union enttäuschend ist.“ Die mit CDU und Grünen in Kiel regierende FDP warb ebenfalls für eine solche Koalition.

„Unser Land braucht dringend einen Regierungswechsel, um die drängendsten Probleme endlich anzugehen“, erklärte FDP-Landeschef und Sozialminister Heiner Garg. Auch FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki und Fraktionschef Christopher Vogt bekundeten eine Präferenz für Schwarz-Grün-Gelb. „Gleichwohl sind wir gesprächsbereit gegenüber allen demokratischen Parteien“, äußerte Kubicki.

SPD sieht Regierungsauftrag auf ihrer Seite

Für SPD-Landeschefin Serpil Midyatli hat ihre Partei das „politische Comeback des Jahres“ geschafft. Vor zwölf Monaten habe die Union noch 20 Prozentpunkte vor der SPD gelegen, und heute seien beide Kopf an Kopf, sagte die stellvertretende Bundesvorsitzende.

Ex-SPD-Bundesvize Ralf Stegner sprach von einem klaren Regierungsauftrag für seine Partei und Scholz.

Die Grünen-Landesvorsitzende Anna Tranziska forderte: „Deutschland braucht jetzt schnell eine neue Regierung, die sich um die Probleme und ganz besonders um den Klimaschutz kümmert statt weiter vor sich hin zu dödeln“. Die Grünen stünden bereit.

Grünen-Spitzenkandidatin Luise Amtsberg sprach von gemischten Gefühlen. „Natürlich hätten wir uns ein noch besseres Ergebnis gewünscht.“ Zudem zeichnete sich eine Rückkehr des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW) nach vielen Jahrzehnten in den Bundestag ab.

Als fraktionsloser Abgeordneter könnte der Flensburger Stefan Seidler für die von der Fünf-Prozent-Hürde befreite Partei der dänischen Minderheit ins Parlament einziehen. Der SSW war erstmals seit 60 Jahren wieder zur Bundestagswahl angetreten.

Die Wahlbeteiligung war in Schleswig-Holstein mit 81,1 Prozent höher als vor vier Jahren (76,3 Prozent). Bei warmem Wetter bildeten sich teilweise Schlangen vor den Wahllokalen, zum Beispiel in Kronshagen bei Kiel.

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