Energiekrise

Entlastungspaket? Für viele Kappelner nur ein Tropfen auf den heißen Stein

Umfrage zum Entlastungspaket in Kappeln

Umfrage zum Entlastungspaket in Kappeln

Doris Ambrosius/shz.de
Kappeln
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Brigitte Diers und Andreas Dührkohp aus Bremen halten es für angemessen, diejenigen finanziell zu unterstützen, die das wirklich benötigen. Foto: Doris Ambrosius/shz.de

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Kindergeldzuschlag? Energiekostenpauschale? Was halten Sie eigentlich vom Entlastungspaket? Bei einer Umfrage in Kappeln reagierte niemand wirklich euphorisch, stattdessen ist die Skepsis groß.

Viele mögen das Wort Energiekrise gar nicht mehr hören, dabei steht der Winter ja erst noch bevor. Entlastungspaket, Strompreisbremse, Kindergeldzuschlag: Das klingt alles erstmal positiv, aber fühlt es sich auch nach echter Hilfe an? Wir haben uns in der Kappelner Innenstadt umgehört. Was empfinden Bürger wirklich? Bringt das alles überhaupt etwas?

Die Befragung war in zweierlei Hinsicht ernüchternd: Zum einen empfinden etliche die entlastenden Ankündigungen der Bundesregierung als Tropfen auf dem heißen Stein. Und zum anderen: Der meisten der befragten Menschen, die dann auch nicht ihren Namen nennen wollten, haben sich mit der ganzen Thematik noch gar nicht befasst und meinen, dass man außer abzuwarten eh nichts tun könne. „Schauen wir mal, was da kommt“– dieser Satz war oft zu hören.

Urlaub schon im vergangenen Jahr gebucht

Einige wiederum haben eine klare Meinung. Peter Pasewald aus Bergisch Gladbach macht mit seiner Familie derzeit Urlaub in Kappeln, räumt aber gleich ein, dass er dieses Jahr nicht in Urlaub gefahren wäre, wenn er diesen nicht schon im vergangenen Jahr gebucht hätte.

Abzüge bei der Energiekostenpauschale

Zu der 300-Euro-Energiekostenpauschale sagt er: „Also erstmal ist das ja brutto. Und wenn mir dann vielleicht die Hälfte davon übrigbleibt, ist das zwar mehr als nichts, aber keine wirkliche Hilfe im Vergleich zu meinen neuen Kosten.“ Anfang vergangenen Jahres habe er erst von Öl auf Gas umgestellt – „das war doch der Trend hin zum günstigen Gas“, sagt er.

Für ein kleines Reihenendhaus von 100 Quadratmetern zahlten er und seine Familie bisher 120 Euro im Monat, jetzt seien es 300 Euro. „Für Photovoltaik hätte man 40.000 Euro investieren müssen, und die Firmen sind ausgebucht bis übernächstes Jahr“, fasst Pasewald die Situation zusammen.

Teure Fahrt zur Arbeitsstelle

Was ihn bei den Politikern am meisten störe, sei eine Art und Weise, die er so beschreibt: „Wir machen mal was und schauen dann, was passiert.“ Aber, so der Urlauber weiter, es nütze doch niemandem etwas, wenn sich kaum noch einer die Fahrt zur Arbeit leisten könne. „Und die 18 Euro mehr Kindergeld reichen nicht einmal für ein Paket Windeln.“

„Alles Augenwischerei“

Am Ende, so der 41-Jährige weiter, würden alle Hilfen ja ohnehin von den Bürgern selbst bezahlt. „Aus meiner Sicht ist das alles Augenwischerei, und es sieht im Moment so aus, als ginge alles nach unten. Wenn alles platt gemacht wird, dann haben wir gar nichts mehr“, lautet sein Fazit.

Brigitte Diers (64) und Andreas Dührkohp (74) aus Bremen halten nichts davon, einfach alles an alle auszuschütten. „Ich finde es gerecht, die Menschen zu unterstützen, die es wirklich brauchen und sich für das Gemeinwohl einsetzen“, sagt Diers. „Aber ich finde es total ungerecht, dass unser Staat mitunter so ausgenutzt wird, weil wir halt so sozial sind.“

300 Euro für Rentner

Zwei Urlauberpärchen aus Lübeck, die nur ihre Vornamen verraten möchten, freuen sich zwar über die 300 Euro, die sie als Rentner noch bekommen sollen, aber sie halten nichts von diesem, wie sie es nennen, „Gießkannen-Prinzip“. Der 70-jährige Uwe findet: „Das bringt doch gar nichts.“ Stattdessen solle man bei den Empfängern genauer differenzieren.

Urlauber Asmus (77) sagt aber auch: „Können wir wirklich verlangen, dass der Staat alles bezahlt? Wir sollten die Kirche vielleicht mal im Dorf lassen.“ Gleichzeitig störe es ihn sehr, „dass der Staat an den Mehrkosten noch verdient“.

Freude über Strompreisbremse

Die Lübeckerin Waltraut (72) freut sich zwar über die 300 Euro, meint aber, dass es besser wäre, nur die zu unterstützen, die wirklich darauf angewiesen seien. Ihre Freundin Karin (70) findet die Strompreisbremse sehr gut. „Das sollte man bei Gas auch machen“, sagt sie, und Uwe fügt eine ganz andere Idee hinzu: „Man sollte die Gaskraftwerke vielleicht ganz abschalten und dafür den Strompreis drastisch senken.“

Urlauberin Karin fasst schließlich für alle zusammen: „Letztendlich wissen wir alle gar nicht, was wirklich auf uns zukommt.“

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