Weihnachtsfest gerettet

Elmschenhagen: Bankmitarbeiterin bewahrt Seniorin vor Enkeltrick-Betrug

Elmschenhagen: Bankmitarbeiterin bewahrt Seniorin vor Enkeltrick-Betrug

Bankmitarbeiterin bewahrt Seniorin vor Enkeltrick-Betrug

SHZ
Elmschenhagen
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Hilde P. aus dem Kieler Stadtteil Elmschenhagen wäre beinahe zum Opfer der Enkeltrick-Mafia geworden. Foto: Eckard Gehm/shz.de

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Die Kundenberaterin der Förde-Sparkasse schaltete blitzschnell, als Hilde P. 15.000 Euro abheben wollte und dabei berichtete, sie dürfe niemandem davon erzählen. Die Geschichte eines verhinderten Enkeltrick-Betrugs.

Fast wäre sie auf den Anrufer hereingefallen und hätte ihr Erspartes verloren: Rentnerin Hilde P. (87) stand bereits am Schalter, um 15.000 Euro abzuheben – doch eine Mitarbeiterin der Förde-Sparkasse erkannte, dass hier Betrüger am Werk sind und rief die Polizei.

Gibt es ein schöneres Weihnachtsgeschenk? Die Kripo, die Sparkasse und natürlich Hilde P. freuen sich, dass der schäbige Trick kurz vor seiner Vollendung noch verhindert werden konnten.

„Stimme klang genau so wie der Sohn meiner besten Freundin“

Hilde P. sitzt neben dem kleinen Weihnachtsbaum in ihrer Wohnung im Kieler Stadtteil Elmschenhagen. Das Telefon in der Hand erzählt sie, was passiert ist: „Es klingelte gegen Mittag. Die Stimme des Anrufers klang wirklich genau so, wie der Sohn meiner besten Freundin, der oft für uns einkauft.“ Deshalb habe sie gesagt: „Torsten, dass ist ja nett, dass du anrufst.“

Der Anrufer habe geantwortet: „Ja, Hilde, ich freue mich auch, dass ich dich erreiche. Ich würde gerne etwas mit dir besprechen.“

Betrüger agieren von polnischen Callcentern aus

Natürlich war es nicht Torsten am Telefon. Sondern ein Mitglied der sogenannten Enkeltrick-Mafia, die laut Ermittlern überwiegend von polnischen Callcentern aus agiert. Die Täter geben sich als Enkel aus, als Verwandte oder wie im Fall von Hilde P. als Angehörige von Freunden. Sie gaukeln vor, in Not zu sein und dringend Bargeld zu benötigen, zum Beispiel als Zuschuss für erfundene Wohnungskäufe, die schnell abgewickelt werden müssten.

Täter lassen Taxi vorfahren, dass die Seniorin zur Bank bringt

Auch der vermeintliche Torsten bat um Geld. Hilde P. erzählt: „Er sagte, er komme an diesem Tag nicht an sein Konto, wenn ich ihm etwas leihen würde, bekäme ich es morgen zurück.“ Die Seniorin fragte den Anrufer, was er brauche. Die Antwort: 60.000 Euro. „Ich erklärte, ich könne ihm nicht mehr als 15.000 Euro geben“, erzählt Hilde P. und fügt hinzu: „Ich sollte dann sofort zur Sparkasse, er habe ein Taxi gerufen, dass schon vor der Tür warte.“

Auf der Fahrt zur Bank kamen der Seniorin Zweifel. „Ich sollte das Telefon zuhause nicht auflegen, durfte die Mutter von Torsten nicht anrufen und auch nicht meine Tochter. Ich sagte mir, das kann ja gar nicht sein.“

Sparkassen-Mitarbeiterin stoppt den Betrug

In der Filiale kümmerte sich Gunhild Klaus (63) um die Seniorin. Die Kundenberaterin sagt: „Frau P. war sehr aufgeregt, erzählte, dass sie Geld abheben soll und niemandem davon erzählen dürfe. Da war sofort klar, dass wir reagieren müssen.“ Die Sparkassen-Mitarbeiterin ließ Hilde P. ganz in Ruhe von dem Anrufer erzählen, riet der Seniorin dann, ihre Tochter zu kontaktieren. „Ich selbst habe die Polizei alarmiert.“

Streifenpolizisten fuhren Hilde P. nach Hause, gleichzeitig machten sich Kripobeamten mit falschen Geldscheinen zu ihr auf den Weg. Ziel: Die Abholer bei der Übergabe fassen. Hilde P. erzählt: „Die Beamten haben mich gefragt, ob ich mit der Polizei zusammenarbeiten möchte. Das habe ich getan.“ Sie nahm den Hörer wieder in die Hand. Die Betrüger fragten, warum es solange gedauert habe. Hilde P. erklärte, die Sparkasse sei noch geschlossen gewesen.

Mit falschen Geldscheinen sollten die Abholer gefasst werden

„Dann sollte ich die Seriennummer einzelner Scheine vorlesen, es wurde gefragt, ob ich Hunderter oder Zweihunderter habe.“ Anschließend forderte der falsche Torsten: „Nun zähle mir das Geld doch mal vor.“ Hilde P. begann, verzählte sich, musste noch einmal von vorne anfangen. „Dann sagte der Anrufer plötzlich: ,Dann lassen wir dass‘. Er hat wohl bemerkt, dass ich nicht mehr alleine war.“

Der Enkeltrick wurde 1999 in Hamburg erfunden

Erfunden worden sein soll der Enkeltrick schon 1999 in Hamburg und zwar von dem polnischen Staatsangehörigen Arkadius „Hoss“ Lakatosz und seinen Brüdern. Sie durchforsteten systematisch Telefonbücher nach eher altmodischen Namen und meldeten sich mit den Worten „Rate mal, wer hier ist?“ Der Trick und seine Variationen funktionieren noch heute, ein Netzwerk polnischstämmiger Roma-Clans mit Tausenden Mitgliedern hat sich darauf spezialisiert.

Kripo: Senioren sollten sich aus Telefonbuch streichen lassen

Kriminalhauptkommissar Björn Ole Söth vom Seniorenschutzdezernat der Kieler Kripo sagt: „Optimal schützen können sich ältere Menschen, wenn sie sich aus dem Telefonbuch streichen lassen. Da sie ja alle meist kleine Büchlein mit Nummern von Angehörigen, Freunden und Bekannten haben, müssen sie nicht im Telefonbuch stehen.“

Die Kripo hat Hilde P. bei der Streichung geholfen – und ihr auch gleich eine neue Nummer besorgt.

 

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