Bundestagswahl in SH

CDU schneidet in Schleswig-Holstein schlechter ab als im Bund

CDU schneidet in Schleswig-Holstein schlechter ab als im Bund

CDU schneidet in SH schlechter ab als im Bund

SHZ
Kiel
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Die Nord-CDU um Ministerpräsident Daniel Günther verlor bei der Bundestagswahl in Schleswig-Holstein Hochburgen, die als uneinnehmbar galten. Foto: Marcus Dewanger/shz.de

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Bei der Bundestagswahl musste die Nord-CDU von Ministerpräsident Daniel Günther eine herbe Schlappe hinnehmen. Die SPD wittert hingegen mehr als Morgenluft für die anstehende Landtagswahl im kommenden Jahr.

Lübeck wieder an die SPD verloren, okay. Aber den ländlich geprägten Wahlkreis Flensburg-Schleswig an den Grünen Robert Habeck und das auch als konservativ geltende Rendsburg-Eckernförde an die Sozialdemokraten?

CDU gewinnt nur zwei der elf Wahlkreise in Schleswig-Holstein

Für die CDU von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) ist es im Norden bei der Bundestagswahl noch dicker gekommen als befürchtet. Die nackten Zahlen: Landesweit fiel sie klar mit 22 zu 28 Prozent hinter die SPD zurück. Sie gewann nur noch zwei der elf Wahlkreise statt zehn wie vor vier Jahren. Selbst an der Westküste, in Nordfriesland-Dithmarschen-Nord, lag die SPD bei den Zweitstimmen vorn - bis vor kurzem ziemlich undenkbar.

Weiterlesen: Die Ergebnisse aus den Wahlkreisen in SH in der Übersicht

Kein Rückenwind für die Landtagswahl 2022

Dass sie als führende Regierungspartei im Norden ein noch schlechteres Ergebnis holten als die Union im Bund, schmerzt die Christdemokraten tief. Aber was sagt das Ganze im Blick auf die Landtagswahl am 8. Mai nächsten Jahres? „Landespolitik hat eigene Gesetze“, sagt der Kieler Politikwissenschaftler Wilhelm Knelangen. Bei der Bundestagswahl sei es ja nicht um Jamaika in Kiel gegangen. Klar sei, dass die Wahl keinen Rückenwind für die Nord-CDU bedeutet. Die hiesige Regierungspolitik habe den freien Fall der Union zumindest nicht abbremsen können. „Alles ist offen“, meint der Politologe im Blick auf die Landtagswahl. Er sieht keinen landesspezifischen Grund für das besonders schlechte Abschneiden der Nord-CDU.


Das gilt auch für CDU-Landtagsfraktionschef Tobias Koch. Aus dessen Sicht haben drei Effekte dazu geführt, dass die CDU unter dem Bundesergebnis der Union lag: Die Wirkung des SPD-Kanzlerkandidaten und Hamburger Ex-Bürgermeisters Olaf Scholz in der Metropolregion, die Zugkraft Habecks im Norden des Landes und das Antreten des SSW nach jahrzehntelanger Pause. „Ich kann keine Rückschlüsse auf die Landespolitik ziehen“, sagt Koch, der auch Landesvize der CDU ist. Bei der Landtagswahl werde es ein ganz anderes Ergebnis geben. „Da bin ich mir doch ziemlich sicher.“ Aus Wahlkampf-Stockfehlern der Union im Bund werde man Konsequenzen ziehen.

Stritzl spricht sich für CDU-Generalsekretär aus

Der langjährige CDU-Abgeordnete in Bundestag und Landtag, Thomas Stritzl, sprach sich für einen CDU-Generalsekretär aus – den gibt es bislang nicht. „Das könnte ein möglicher Weg sein, mehr Sichtbarkeit der Partei zu schaffen.“ Letztlich könne diese Entscheidung nur Günther treffen. Klar ist für den beim Kampf um das Kieler Direktmandat den Kandidaten von SPD und Grünen unterlegenen Stritzl: „Der Norden ist für die Union generell schwieriger als der Süden.“


Es gebe traditionell eine größere SPD-Basis als im Bundesschnitt, wie die Regierungskonstellationen in den Nachbarländern Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen zeigten. Mit Blick auf die Landtagswahl forderte er Geschlossenheit: „Wir werden mit unserem beliebten Ministerpräsidenten Daniel Günther auch auf einen starken Ministerpräsidenten-Effekt setzen.“

Weiterlesen: Entwicklungen nach der Wahl: Günther wirbt trotz CDU-Absturz in SH für Jamaika

FDP-Fraktionschef Christopher Vogt rechnet ebenfalls mit einer ganz anderen Wahl im Frühjahr. „Da wird auch der Amtsbonus eine gewisse Rolle spielen.“ Überrascht habe ihn jedoch, dass die Union im Norden nur wenig Wahlkampf gemacht habe. Inhaltliche Plakate des Koalitionspartners habe er gar nicht gesehen.

Die Grünen, mit denen CDU und FDP seit 2017 das Land regieren, holten hier mit 18,3 Prozent und wie die SPD ein besseres Ergebnis als im Bund. Eine Umfrage im Mai hatte sie sogar mit 27 Prozent vor CDU (25) und SPD (21) gesehen. Für den Politologen Knelangen ist aber mit der Bundestagswahl die Möglichkeit, die Grünen könnten sich bei der Landtagswahl mit Günther um den Posten des Ministerpräsidenten duellieren, in die Ferne gerückt.

SPD will Führungsanspruch im Land untermauern

Fast schon auf Wolke sieben schwebend nimmt SPD-Landeschefin Serpil Midyatli die Landtagswahl ins Visier. Die Bundestagswahl beweise, dass Schleswig-Holstein kein konservatives Land sei. Nicht nur SPD, Grüne und SSW hätten hier eine Mehrheit, sondern auch Rot-Grün allein. „Das ist eine fantastische Ausgangslage für die Landtagswahl.“ Die SPD wolle den Schwung mitnehmen, ihren Führungsanspruch untermauern und mit Spitzenkandidat Thomas Losse-Müller wieder den Ministerpräsidenten stellen.

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Zurück zur CDU: CDU-Landesschatzmeister Hans-Jörn Arp betont den Scholz- und den Habeck-Effekt, dazu die Wirkung von FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki – die Liberalen erreichten im Land 12,5 Prozent. Die Wahl habe auch gezeigt, wie wichtig es sei, sich geschlossen hinter einen Spitzenkandidaten zu stellen. Arp verweist darauf, dass es bei Grünen und SPD anders als früher zuletzt keine „Kakophonie“ gegeben habe, also keine Misstöne.

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