Verkehr

Anreize für Urlaub ohne Auto

Anreize für Urlaub ohne Auto

Anreize für Urlaub ohne Auto

SHZ
Kiel
Zuletzt aktualisiert um:
Hop-On-, Hop-Off-Service: Der Bus "Seekieker" umrundet im Stundentakt den Großen Plöner See. Foto: Anne Weise / hfr

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Es dient nicht allein dem Klimaschutz, sondern auch der Tourismus-Akzeptanz der Einheimischen und der Erwartungshaltung von Gästen: Warum sich Touristiker im Norden um „nachhaltige Mobilitätsangebote“ kümmern sollen.

Er fährt im Stundentakt zwischen 9 und 17 Uhr, bedient alle Hotspots, die für Urlauber interessant sind und lässt sich für Inhaber einer Kurkarte sogar ohne Aufpreis nutzen: So funktioniert in Kurzform der „Seekieker“, der derzeit in seiner ersten Saison den Großen Plöner See umrundet. Von solchen Projekten wünschen sich Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) und die Vorsitzende des Tourismusverbands Schleswig-Holstein (TVSH), Stephanie Ladwig, mehr. Auf einem Präsenz-Kongress in Kiel mit über 100 Teilnehmern warben gestern beide für mehr klimafreundliche Mobilität im Tourismus.


Weitere Triebfedern außer dem Umweltargument: „Gäste freuen sich, wenn sie durch nachhaltige Mobilitätsangebote nicht mehr im Stau stehen und ihre Zeit mit Parkplatzsuche verschwenden müssen“, stellt Ladwig heraus. „Auch die Einheimischen profitieren, etwa durch weniger Lärm und Abgase.“ Bezogen auf Urlauber wie Schleswig-Holsteiner beobachtet die TVSH-Vorsitzende gleichermaßen: „Die Menschen werden kritischer, etwa gegenüber Gefahren durch hohes Verkehrsaufkommen in einigen Urlaubsorten.“


Minister Buchholz meint: Gerade „für die Tourismus-Akzeptanz ist es deshalb wichtig, Mobilität ein Stück weit anders zu denken“. Und nicht zuletzt „die Erwartungshaltung der Gäste wandelt sich dahin, dass möglichst nachhaltig mit Ressourcen am Urlaubsort umgegangen wird“. Das reicht schon bis hin zu Briefen, in denen Gäste bei ihm nachfragten, aus welchem Holz denn die neue Seebrücke in einem bestimmten Ort ist. Glücklicherweise sei die Zeit vorbei, „in denen sich in einigen Landkreisen ÖPNV-Politik auf die Frage beschränkt habe, wie sich möglichst billig Schülerverkehre organisieren lassen“.

Zehn Pilotregionen machen sich auf den Weg

Um Aufbruchstimmung zu erzeugen, haben der TVSH und die landeseigene Gesellschaft für Energie und Klimaschutz (EKSH) zehn Pilotregionen dabei unterstützt, touristische Mobilität nachhaltiger zu gestalten. Der „Seekieker“ am Großen Pläner See ist ein Ergebnis davon. Ein anderes ein Konzept mit Strecken- und Fahrplanvorschlägen zu „Bäderbussen“ und Schiff-gebundenen „Wasserhoppern“ für die Tourismushochburgen an der Lübecker Bucht. Das ist ähnliche Zukunftsmusik wie die Idee, die stillgelegte Bahnstrecke zwischen Malente und der Hohwachter Bucht mit einer „Solar-Tram“ wiederzubeleben. Ein viertes Beispiel: ein Bike-Sharing-Angebot für den gesamten Kreis Herzogtum Lauenburg. Damit würde auf einen ländlichen Raum übertragen, was bisher nur in größeren Städten da ist.

Ohne dass die Vermieter mitziehen, geht es nicht

Genau so wichtig wie Verkehrsangebote selbst ist, dass das Gastgewerbe mitzieht. Es müsse die Urlauber schon bei der Buchung „regelrecht darauf stoßen“, dass man am Ferienort kein Auto braucht. Daran appelliert Bente Grimm vom Nordeuropäischen Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Kiel.

Urlauber wollen Infos auf der Homepage der Unterkunft

56 Prozent der Interessenten an einem Schleswig-Holstein-Urlaub haben nämlich in einer Umfrage erklärt: Sie erwarten, dass sie sich auf der Internetseite ihrer Unterkunft über Mobilitätsangebote vor Ort informieren können. Die Websites der lokalen Tourismusorganisationen folgen erst mit größerem Abstand (47 Prozent). „Jemand, der nicht ahnt, wie gut es funktioniert, wird das Auto nicht zu Hause lassen“, predigt Grimm. Wichtig sei, dass der Gast gar nicht erst umständlich von sich aus danach fragen müsse. Bisher steht Schleswig-Holstein mit rund zehn Prozent an drittletzter Stelle der Bundesländer beim Anteil der Urlauber, die per Bahn anreisen. Grimm hält eine Quote wie in Rheinland-Pfalz im vorderen Mittelfeld von um die 20 Prozent für erreichbar.

Leitfaden und digitale Werkzeug-Box

Damit möglichst viele Spieler den Ball aufnehmen, gibt es über die Verbands-Homepage tvsh.de einen Leitfaden und eine digitale Werkzeug-Box zu nachhaltigen Mobilitätsangeboten für Gäste. Die Inspiration gilt einzelnen Vermietern ebenso wie kompletten Ferienorten. Tourismus wie Klimaschutz seien Wachstumsbranchen für Schleswig-Holstein, betont TVSH-Geschäftsführerin Catrin Homp. „Jetzt geht es darum, beide zu verheiraten.“

Mehr lesen