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Lykkeskov: „Die Siegermentalität holt man sich im Trainingsmilieu“

„Die Siegermentalität holt man sich im Trainingsmilieu“

„Die Siegermentalität holt man sich im Trainingsmilieu"

Woyens/Vojens
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Kim Lykkeskov
SønderjyskE im Herzen: Kim Lykkeskov. Foto: Karin Riggelsen

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SønderjyskE-Eishockey-Legende Kim Lykkeskov hat sich nach dem Karriere-Ende auf seine neuen Aufgaben als Sportchef gestürzt. Dem Nordschleswiger verrät er, weshalb SønderjyskE für ihn nicht nur Arbeitgeber, sondern Herzensangelegenheit ist.

Am 1. Mai hatte Kim Lykkeskov seinen ersten offziellen Arbeitstag als neuer Sportchef der Eishockey-Mannschaft von SønderjyskE, doch der langjährige Mannschafts-Kapitän der Hellblauen konnte es nicht abwarten und ist schon den gesamten April fast täglich in seinem neuen Büro gewesen. Noch ist es dem 33-Jährigen nicht so recht aufgegangen, dass er nicht mehr Eishockeyspieler ist, sondern eine Funktionärsrolle übernommen hat.

„Ich hatte lange Zeit, mich darauf vorzubereiten, denn schon zu Beginn der Saison wusste ich, dass dies meine letzte als Spieler sein würde. Irgendwann im Laufe der neuen Saison wird sicherlich ein Zeitpunkt kommen, wo ein merkwürdiges Gefühl durch den Körper geistern und mir aufgehen wird, dass ich nicht mehr Spieler bin. Es war schon ein wehmütiger Augenblick, als ich nach dem Playoff-Aus meine letzte Runde auf dem Eis drehte, aber ich habe mich schnell in die Arbeit als Sportchef geworfen“, sagt Kim Lykkeskov über seinen Frühstart als Sportchef.

SønderjyskE ist für ihn nicht nur ein Arbeitgeber, sondern eine Herzensangelegenheit

„Ich kenne das Haus, aber noch nicht alle Arbeitsgänge. Es gab keinen Grund, bis zum 1. Mai zu warten und dann den ersten Monat damit zu vergeuden, alle Arbeitsgänge kennenzulernen. Das konnte ich vorher erledigen.“
SønderjyskE ist für ihn nicht nur ein Arbeitgeber, sondern eine Herzensangelegenheit. Für den 33-Jährigen hat es immer nur einen Klub gegeben. Lykkeskov fing als kleiner Bub für Vojens Ishockey Klub an und gab 2001 sein Debüt für die erste Mannschaft, die mittlerweile den Namen SønderjyskE trägt. Angebote aus dem In- und Ausland hat es einige gegeben, doch die richtigen waren nicht dabei. So sprangen unterm Strich unglaubliche 811 Pflichtspiele, sechs dänische Meistertitel, drei Pokalsiege, eine Bronzemedaille beim Continental Cup und zwei Teilnahmen an der Champions Hockey League für SønderjyskE heraus.

Kim Lykkeskov
Kim Lykkeskov in neuer Rolle am Schreibtisch. Foto: Karin Riggelsen

"Als ich anfing, war ich einfach nur stolz, das Trikot mit dem Gram-Logo drauf überzustreifen"

„Ich denke, man wird mich für meine Loyalität in Erinnerung behalten. Ich finde selbst, dass ich superloyal gewesen bin und voller Stolz auf meine Karriere zurückblicken kann.  Als ich anfing, war ich einfach nur stolz, das Trikot mit dem Gram-Logo drauf überzustreifen. Das war das Größte für mich. Damals habe ich keine Träume gehabt, einmal Kapitän und Nationalspieler zu werden oder mit dem Klub Titel zu holen. Das war kein Thema. Ich habe meinen Teil dazu beigetragen, was SønderjyskE über die Jahre aufgebaut hat. Die Zeiten waren nicht immer so gut. Ich bin selbst mit der Sammelbüchse herumgelaufen“, erinnert sich Lykkeskov an die schweren finanziellen Probleme vom VIK 1998 und 2003 zurück.

Titelgewinne waren damals kein Thema, höchstens in den kühnsten Träumen der Fans und der sportlich Verantwortlichen, die in der Hoffnung, nach dem zwischenzeitlichen Liga-Abstieg wieder an die Meisterjahre 1979, 1980 und 1982 anknüpfen zu können, mehr Geld ausgaben, als da war. Aus einem Klub mit einem Verlierer-Image wurde ein Flaggschiff des dänischen Eishockeys. Auf dem Weg dahin  musste er viele Schläge einstecken.

„Ich habe mal mit der  U13 oder U14 mit 1:51 in Esbjerg verloren. Wir waren aber ein guter Jahrgang und haben VIK den ersten dänischen Meistertitel in der Jugend seit 24 Jahren beschert, als wir in Herning die  U16 DM für uns entschieden. Wir wollten gewinnen, und die Siegermentalität haben wir mit hoch genommen – es war nicht mehr okay, ,nur‘ 2:5 gegen Herning zu verlieren“, so Lykkeskov, der aber die große Mentalitätsänderung mit dem Amtsantritt von Mario Simioni im September 2005 spürte: „Mario hat in Sachen Mentalität die Wende vorangetrieben. Die Fitness war bis dahin nicht okay. Wir konnten danach alle drei Drittel Schlittschuh laufen und nicht nur anderthalb Drittel lang, und die verbesserte Fitness hat auch für eine größere mentale Stärke gesorgt. Zudem sind Typen wie Brad Rooney hinzugekommen, und es wurde vom Nebenmann die richtige Einstellung abverlangt.“

Kim Lykkeskov
Kim Lykkeskov beim Torjubel gegen den ewigen Goldrivalen aus Herning. Foto: Karin Riggelsen

"Früher sind wir nur um Fuglesøen gerannt – heute wird ganz anders trainiert“

Harte Arbeit ist über 16 Jahre das Markenzeichen von Kim Lykkeskov auf dem Eis gewesen, und das wird auch in seiner neuen Rolle nicht anders sein. „Die Siegermentalität holt man sich im Trainingsmilieu. Was nützt es, teure Spieler zu kaufen, wenn es kein gutes Trainingsmilieu gibt und die Fitness nicht stimmt? Der Grundstein wird im Trainingsmilieu gelegt, und deswegen haben wir auch Ole Christiansen (Ex-Eishockey-Nationalspieler, Anm. d. Red.) von Santé Fitness das Sommertraining übernehmen lassen. Früher sind wir nur um Fuglesøen gerannt – heute wird ganz anders trainiert“, so der Sportchef, der bei der Auswahl der Talente, die in in den SønderjyskE-Kader geholt werden, großen Fokus auf die Arbeitsmoral haben wird: „Harte Arbeit ist nicht alles. Man muss auch schon Eishockey spielen können, aber mit harter Arbeit kommt man schon weit. Was in den Spielern steckt, sieht man erst, wenn einem der Wind ins Gesicht bläst. Hart arbeitende Spieler sind es gewohnt, Wände einzureißen und können damit leichter umgehen. Ich war auch nie das große Talent, sondern habe mich durchbeißen müssen.“

Den größten Sprung machte er im Sommer 2007, als er als erster einheimischer Spieler in der SønderjyskE-Geschichte einen Vollprofi-Vertrag unterschrieb. „Ich habe damals einen großen Schritt gemacht, und das habe ich Mario Simioni zu verdanken. Ich hatte in Dean Fedorchuk mein Vorbild. Er war mein Mentor. Er war ein unglaublicher Torjäger, dessen Spielweise ich zu kopieren versuchte: Puck in die Zone schießen und hinterherjagen. Mario hatte aber Entwicklungsmöglichkeiten gesehen. Er hat mir die Erlaubnis gegeben, das Spiel zu lesen und den Puck am Schlägerblatt zu halten. Ich konnte  nun zwei zusätzliche Stunden am Tag üben“, erzählt Lykkeskov.

Die Extraschichten beim Morgentraining mit den Ausländern trugen gleich Früchte. Am Ende der Saison 2007/08 durfte er an seiner ersten Weltmeisterschaft teilnehmen, und das ausgerechnet im Mutterland des Eishockey-Sports.

Kim Lykkeskov
Viermal fuhr Kim Lykkeskov mit Dänemark zur Weltmeisterschaft. Foto: Karin Riggelsen

Stolz auf die Rolle in der Nationalmannschaft

„Ich war gerade zum besten dänischen Spieler der Liga gewählt worden und durfte zur WM nach Kanada, der Eishockey-Nation Nummer eins. Das war ein Höhepunkt. Ich weiß aber, dass ich wohl das letzte WM-Ticket bekommen habe. Die Wahl stand zwischen mir und Michael Smidt, der  den Schwarzen Peter zog und alleine die Flugreise von Kanada nach Hause antreten musste. Das wird nicht lustig gewesen sein“, meint Lykkeskov, der sich glücklich schätzt, die WM in Kanada gespielt zu haben, und nicht damit gerechnet hatte, dass dieses Erlebnis noch übertroffen werden sollte: „Die WM 2010 in Deutschland steht am klarsten in Erinnerung. Wir sind ins Viertelfinale eingezogen und sind erst von den Schweden gestoppt worden. Die dänische Eishockey-Nationalmannschaft wird wohl nie einen großen Titel gewinnen, aber das fühlte sich wie ein Titelgewinn an. Das war hundertprozentig der absolute Höhepunkt mit der Nationalmannschaft. Das war eine fantastische Reise, wo das Gemeinschaftsgefühl ausgeprägt war. Wir hatten auch in der vierten Reihe das Gefühl, dass wir eine wichtige Rolle hatten, um den besten Spielern die Entlastung zu geben.“

An vier Weltmeisterschaften durfte er teilnehmen, die WM 2012 in Schweden war die letzte.
„Es hätten vielleicht eine oder zwei Weltmeisterschaften mehr sein können. 2011 hatte ich abgesagt, aber ich bin alles in allem einfach superstolz, dass ich eine Rolle in der Nationalmannschaft bekam“, sagt Kim Lykkeskov.

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