Turnen bei Olympischen Spielen
Herzschmerz bei Dausers Abschied von großer Turn-Bühne
Herzschmerz bei Dausers Abschied von großer Turn-Bühne
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Lukas Dauser beendet nicht nur seine olympische Karriere, sondern auch seine internationale. Für ein Happy End reicht es nicht. Ein noch nie geschehener Fehler kostet ihn eine Medaille.
Das Herz schmerzte mehr als der lädierte Oberarm, der Kopf war leer: Turn-Weltmeister Lukas Dauser verlässt die internationale Bühne ohne den ersehnten glanzvollen Olympia-Abgang. Ein Fehler, der ihm zuvor noch nie passiert ist, hat den 31-Jährigen bei den Sommerspielen in Paris die mögliche Medaille gekostet. Mit 13,700 Punkten blieb dem Olympia-Zweiten von Tokio im hochklassigen Barren-Finale nur der enttäuschende siebte Rang.
«Es ist schon bitter», gestand der traurige Unterhachinger in den Katakomben der Arena Bercy. «Auf jeden Fall» schmerze am meisten das Herz. Er sei nicht in seinen Wettkampf-Modus gekommen. «Das ist extrem bitter», wiederholte Dauser, der sich in der Vorbereitung auf Paris verletzt hatte. «Ich hätte mir nach der Geschichte natürlich ein Happy End gewünscht, dass ich einfach eine schöne Übung turne. Schade. Es kann nicht jeder ein Happy End haben, auch wenn ich Geschichten ohne Happy End nicht mag», sagte er. «Relativ viel Leere» habe er im Kopf.
Nachdem er sich einige Stunden gesammelt hatte, verkündete Deutschlands Sportler des Jahres noch in Paris das Ende seiner internationalen Karriere. «International - EMs, WMs, Olympische Spiele - da haben wir den Lukas heute das letzte Mal gesehen», sagte der 31 Jahre alte Unterhachinger im Interview des TV-Senders Eurosport. «In den letzten Wochen und Monaten habe ich die Entscheidung getroffen, dass es für mich mein letzter großer internationaler Wettkampf war», erklärte er anschließend auch im ZDF.
Lob für den Dauereinsatz des Physiotherapeuten
Seine vorolympische Geschichte ist die eines Muskelbündelrisses im rechten Bizeps, den er sich 44 Tage vor seinem Barren-Finale zugezogen hatte. Dass er überhaupt in Paris seine dritten Olympischen Spiele erlebte, hatte Deutschlands Sportler des Jahres 2023 zuletzt immer als ein Wunder bezeichnet. «Großes Lob an Cyrus, dass er das hingekriegt hat. Das ist Wahnsinn», sagte Bundestrainer Valeri Belenki zum Dauereinsatz von Physiotherapeut Cyrus Salehi.
Während ihm sein Arm keine Probleme bereitete, wirkte sich die Blessur auf seine Vorbereitung aus. Weil er seine Übung nicht oft genug trainieren und automatisieren konnte, unterlief ihm ein bis dahin noch nie erlebter Fehler. Beim Element namens Tsolakidis geriet er aus der Balance und schlug mit dem Bein auf den linken Holm. «Der Fehler ist mir noch nie passiert bei dem Element», gab Dauser zu, «nach dem Ding war mir klar, dass es vorbei ist. Der Rest war dann gar nicht so scheiße.»
Vorbereitung grenzte «an den blanken Wahnsinn»
Sein Heimtrainer Hubert Brylok in Halle/Saale hatte in diesem Moment nur einen Gedanken: «Scheiße! Das hat unheimlich weh getan. Der seelische Schmerz war größer als der am Holm. Bei uns beiden.» Akribisch hatten er und sein Schützling auf diesen Final-Tag hingearbeitet und dabei das Handicap der Muskelverletzung überwunden. «Wir wissen, was er in den letzten Wochen investiert hat. Das grenzt schon an den blanken Wahnsinn, wie er sich geschunden hat, gekämpft hat, um wieder ranzukommen. Das war der blanke Wahnsinn», berichtete der Coach.
Wie lange er Dauser noch unter seinen Fittichen haben wird, war unmittelbar nach dem Wettkampf unklar. Sicher hingegen war schon zu diesem Zeitpunkt lediglich, dass der Barren-Weltmeister nicht mehr bei den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles antreten wird. «Vier Jahre werde ich nicht mehr machen», verkündete er. Nach Paris werde er noch die Bundesliga-Saison zu Ende turnen sowie beim Swiss Cup antreten.
Stolz auf die Karriere und künftiger Vater
Noch in der Halle sagte der 31-Jährige, dass er sich bis zum Jahresende entscheiden wolle, ob er die Karriere beendet oder noch mindestens bis zur Heim-Europameisterschaft im kommenden Jahr in Leipzig weiter turnt. «Es ist ein Anreiz, aber mehr auch nicht», sagte er zunächst und fügte an: «Ich habe viel erreicht in meiner Karriere, darauf bin ich jetzt schon sehr stolz. Dass es heute nicht geklappt hat, darüber bin ich sehr enttäuscht.»
Seinen späteren Sinneswandel erklärte er damit, dass er unmittelbar nach dem Wettkampf noch nicht bereit gewesen sei, die Ankündigung über sein internationales Karriereende über die Lippen zu bringen. «Ich weiß nicht warum, vielleicht, weil ich in der Aufregung war, ein bisschen enttäuscht von der Übung», sagte Dauser.
Im September wird Dauser zum ersten Mal Vater. «20. September ist der errechnete Termin. Es wird ein Junge», erzählte er. Einen Namen haben er und seine Frau Viktoria auch schon, aber den wollte er nicht verraten. «Nun warten neue Aufgaben auf mich, auf die ich mich unheimlich freue», sagte er.
Als Dauser zu seiner letztlich verpatzten Übung an den Barren trat, hatte der Chinese Zou Jingyuan seine fabelhafte Darbietung mit 16,200 Punkten gerade beendet und damit wie 2021 in Tokio Gold gewonnen. Silber gewann Illia Kowtun aus der Ukraine mit 15,500 Zählern. Bronze holte sich Team- und Mehrkampf-Olympiasieger Shinnosuke Oka aus Japan mit 15,300 Punkten.