Corona-Krise

Fan-Ausschluss befeuert Olympia-Debatte um Tokio-Spiele

Fan-Ausschluss befeuert Olympia-Debatte um Tokio-Spiele

Fan-Ausschluss befeuert Olympia-Debatte um Tokio-Spiele

dpa
Tokio
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Wirbt nach dem Ausschluss ausländischer Zuschauer von den Sommerspielen in Tokio um Verständnis: IOC-Präsident Thomas Bach. Foto: Greg Martin/IOC/dpa

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Der Ausschluss von Zuschauern aus dem Ausland trifft ins Herz der Sommerspiele von Tokio. Für Gastgeber Japan ist die Entscheidung «unvermeidlich». Doch die Diskussion um Olympia in Zeiten der Pandemie wird weitergehen.

Japans Corona-Notbremse mit der Aussperrung von Fans und Athletenfamilien aus dem Ausland zwingt die Olympia-Macher von Tokio in eine neue Debatte um den Sinn der Sommerspiele.

Neben Millionen-Einbußen bei den Ticket- und Tourismuseinnahmen und dem Herzschmerz der Sportler, die ohne ihre Liebsten anreisen sollen, droht den Tokio-Spielen das Schicksal als seelenloses TV-Sportfest. «Uns tut das sehr leid. Wir wissen, dass es ein großes Opfer für jeden ist», sagte IOC-Präsident Thomas Bach zum Beschluss der japanischen Gastgeber.

Eine erneute Verschiebung oder komplette Olympia-Absage wie zuletzt von vielen Japanern in Umfragen gewünscht, kommt für die Organisatoren aber nicht infrage. Japans Ministerpräsident Yoshihide Suga betonte erneut, die Tokio-Spiele sollten «ein Beweis für den Sieg gegen das Coronavirus» werden. «Wir werden Mut und Hoffnung aus Japan in die Welt tragen», sagte der Regierungschef kurz vor der geplanten Aufhebung des Corona-Notstands im Großraum Tokio.

Zunächst aber schickte die Nachricht am Wochenende Schockwellen durch die olympische Welt. «Es ist ein trauriger Tag, auch wenn die Entscheidung, keine Zuschauer international zuzulassen, vernünftig ist», sagte der deutsche Athletensprecher Max Hartung im ZDF-«Sportstudio». «Die Trauer, der Frust und die Enttäuschung, die alle fühlen, deren Pläne ruiniert wurden, ist verständlich», schrieb die Geschäftsführerin des Olympischen Komitees der USA, Sarah Hirshland, in einem offenen Brief.

Organisationschefin Seiko Hashimoto versicherte indes, der Entschluss sei angesichts der weiter besorgniserregenden Corona-Lage in vielen Ländern und der Verbreitung neuer Virus-Varianten «unvermeidlich» gewesen. Ähnlich äußerten sich das Internationale Olympische Komitee, die Paralympics-Macher und der Deutsche Olympische Sportbund.

Ticketkäufer sollen eine Rückerstattung der Kosten für die Eintrittskarten erhalten. Die Zahl der bislang an Ausländer verkauften Tickets bezifferten die Organisatoren auf rund 600.000 für Olympia und 30.000 für die Paralympics.

Aus den Arenen ausgesperrt werden auch ausländische Gäste von Sponsoren. Freiwilligen Helfern aus dem Ausland könnte ebenfalls die Einreise verwehrt bleiben, wie japanische Medien berichteten. Vom Mega-Ereignis als Begegnungsstätte für Menschen aus aller Welt bleibt nicht viel übrig. «Wir fühlen mit ihnen, diese Situation tut mir leid. Ich hoffe, wir können auf ihr Verständnis zählen», rief IOC-Präsident Bach der Athletengemeinde und den Olympia-Fans zu.

Über die konkreten finanziellen Folgen des Verkaufsstopps und der zugesagten Rückerstattungen könne man noch keine Aussage treffen, sagte OK-Geschäftsführer Toshiro Muto. Kosten für bereits gebuchte Flüge und Hotels werden nicht von den Organisatoren übernommen.

Für das geplante Budget ist der Ausfall bei den Ticket-Einnahmen ein harter Schlag. Im Etat waren Einnahmen in Höhe von insgesamt 800 Millionen Dollar (rund 670 Millionen Euro) aus dem Ticketverkauf vorgesehen. Die Ausfälle werden vom japanischen Steuerzahler übernommen werden müssen. Hinzu kommen erhebliche Folgen für das Tourismus-Gewerbe, das auf viel Geld von Olympia-Gästen und die Werbewirkung gehofft hatte.

Noch unklar ist, ob zumindest einige japanische Zuschauer in die olympischen Arenen dürfen. Im Inland sind bisher knapp 4,5 Millionen Tickets abgesetzt worden. Diese Entscheidung soll im April fallen.

Bis dahin dürfte die Diskussion um die Sicherheit der Sommerspiele in Zeiten der Pandemie weitergehen. Nach den jüngsten Corona-Infektionen bei der Hallen-EM der Leichtathleten im polnischen Torun und dem Fecht-Weltcup in Budapest stellt sich die Frage, ob Olympia mit mehr als 11.000 Sportlern sowie hunderten Betreuern, Funktionären, Helfern und Journalisten zu einer neuen Corona-Welle in Japan führen könnte.

Auch wenn das Gastgeber-Land bislang relativ gut durch die Pandemie gekommen ist, halten sich wegen des schleppenden Impftempos in Japan die Ängste vor wieder rasant wachsenden Infektionszahlen. Unsicher ist, ob wie vom IOC erhofft, zumindest die meisten Athleten schon vor der Eröffnung am 23. Juli gegen das Virus geimpft sein werden. «Wir dürfen nicht unvorsichtig werden», mahnte Ministerpräsident Suga. Weitere Einschnitte in Tokios milliardenteure Olympia-Pläne könnten folgen.

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