STURMFLUT 2023

Mummark: „Hätten wir das gewusst, hätten wir aufgegeben“

Mummark: „Hätten wir das gewusst, hätten wir aufgegeben“

Mummark: „Hätten wir das gewusst, hätten wir aufgegeben“

Mummark/Mommark
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Die Geschäftspartner Carsten Kock und Steven Andersson an der teilweise komplett zerstörten Betonmauer der Außenmole. Foto: Karin Riggelsen

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THEMA STURMFLUT 2023: Carsten Kock und Steven Andersson haben 4,3 Millionen Kronen in den Wiederaufbau und die Reparaturen von Hafen und Restaurant in Mummark gesteckt und lediglich 500.000 Kronen Schadensersatz erhalten. Sie hoffen immer noch auf die Hilfe von Christiansborg.

In den vergangenen zehn Jahren hat Carsten Kock (51) das Hafengelände in Mummark (Mommark) in einen der populärsten Ausflugsorte für Ortsansässige und nicht zuletzt auch Urlauberinnen und Urlauber verwandelt. 

Am 20. Oktober 2023 kam dann der brutale Wake-Up: Die verheerendste Sturmflut seit 100 Jahren verwandelte seinen und Steven Anderssons sonst sehr idyllisch direkt an der Ostsee liegenden Traum in einen schockierenden Trümmerhaufen. Die hohen Wellen zerstörten große Teile des Restaurants und des Hafens. Es entstanden Schäden in Höhe von zehn Millionen Kronen. Bislang hat die Marina aber lediglich 550.000 Kronen Schadensersatz erhalten.

Sie sind klüger geworden

„Ich habe in meinem Leben schon viele große Entscheidungen getroffen. Das war aber wohl die Verkehrteste. Hätten wir gewusst, wie schwer es wird, eine Entschädigung zu bekommen, dann hätten wir alles aufgegeben. Dann würde es heute keinen Hafen in Mummark mehr geben“, meint Carsten Kock.  

Die von den Wassermassen zerstörte Außenmole ist abgesperrt. Foto: Karin Riggelsen

Er und sein Team haben in den vergangenen Monaten vieles repariert und wieder hergerichtet. „Wir haben 4,3 Millionen Kronen von unseren eigenen Mitteln in das Restaurant und die Anlagen gesteckt“, so Carsten Kock. Bei der Sturmflut schwappte im Festsaal 60 bis 70 Zentimeter Salzwasser. Heute sind alle Spuren der Sturmflut beseitigt und alles wieder intakt. 

Nur das Nötigste kostete Millionen

Im Außenbereich wurden nur die dringendsten Reparaturen getätigt, damit auch das Hafengelände wieder von den Gästen und nicht zuletzt auch den Seglerinnen und Seglern genutzt werden kann.

Ich habe in meinem Leben schon viele großen Entscheidungen getroffen. Das war aber wohl die Verkehrteste. Hätten wir gewusst, wie schwer es wird, eine Entschädigung zu bekommen, dann hätten wir alles aufgegeben. Dann würde es heute keinen Hafen in Mummark mehr geben.

Carsten Kock

In der Außenmole klaffen immer noch große Löcher in der hohen Betonmauer. „Wenn noch so ein Sturm kommt, dann sind wir weg“, meint Carsten Kock stirnrunzelnd. Soll die Außenmole sturmflutsicher wieder hergerichtet werden, dann würde das seiner Schätzung nach 3 bis 4 Millionen Kronen kosten. Stege und Molen im Hafen wurden wieder hergerichtet.

Mole war nicht versichert

Die Mole und der Hafenbereich waren nicht versichert. Das hat einen guten Grund: „Das wäre rein finanziell nie rentabel. Das, was wir an Hilfe erhalten hätten, hätten wir in den Jahren zuvor als Prämie eingezahlt.“ Es müssen also andere Lösungen gefunden werden.

Früher konnten die Fußgänger an der Außenmole zum Leuchtturm gehen. Das ist seit Oktober 2023 unmöglich. Foto: Karin Riggelsen

Carsten Kock setzt unter anderem auf die Hilfe von Politikerinnen und Politikern. Wenn ein Unwetter erst bei einem noch höheren Wasserpegel als Naturkatastrophe eingeschätzt wird, würden die geschädigten Häfen auch Gelder von ihren Versicherungsgesellschaften erhalten. Laut Kock entstanden bei dem tosenden Unwetter im Oktober 2023 an der Ostküste Jütlands Schäden in Höhe von 100 Millionen Kronen. 

Bei Naturkatastrophe keine Entschädigung

Für Carsten Kock war die Sturmflut, was die verschiedenen Versicherungen angeht, ein erschreckendes und zum Teil auch unverständliches Erlebnis. Weder die Betriebsausfallversicherung noch die Sturmschädenversicherung deckten die vielen Einbußen, die die Marina einstecken musste. Der Grund: Die Sturmflut wurde von offizieller Seite als Naturkatastrophe eingeschätzt. 

„Das war für mich einfach unglaublich enttäuschend. Ich wurde – wie man sagt – „mädchen-sauer“, so Kock. Trotz der fehlenden Unterstützung hat der Marina-Besitzer seinen Humor nicht verloren. Immer wieder kommt ein kecker Kommentar von ihm.

Vorsichtsmaßnahme keine gute Lösung

Ernüchternd ist unter anderem auch die Tatsache, dass die bei der Sturmflut zur Sicherheit des Festsaals aufgestellten zwölf großen Sandcontainer für die Marina mit 125.000 Kronen zu Buche schlugen. Die Container wurden aber von den Wassermassen in die Fensterpartien des Saals gepresst. Die Fenster wurden zerschmettert, und das kalte Wasser spülte in die Räume.

Steven Andersson und Carsten Kock im wieder gänzlich intakten Festsaal. Foto: Karin Riggelsen

Nicht einmal die Kosten für die Container wollte die Versicherung übernehmen. Hätte die Marina vor den Saal nur notdürftig ein paar Sandsäcke gelegt, dann hätte die Versicherung die Kosten für umfangreichen Saalschäden übernommen. Kock und Andersson mussten einsehen, dass sie sich selbst einen Bärendienst erwiesen hatten.

Es war heftig, als alles zerstört wurde. Wir ackern hier jeden Tag, kommen dann heim, schalten den Fernseher ein und hören von den Millionen oder Milliarden, die in die Ukraine geschafft werden. Aber wir erhalten nur einen ganz kleinen Betrag.

Carsten Kock

Wenn der Wasserstand wieder einmal mit 1,70 Metern über den normalen Wasserstand steigt – im Oktober 2023 erreichte der Pegel ein Plus von 2,10 Metern – dann würde der Hafen in Mummark schwer beschädigt werden. 

2024 800 Segler weniger

Die Marina wurde im April wieder für das Segelvolk geöffnet. Viele der Seglerinnen und Segler hielten sich aber trotzdem fern, weil sie vermuteten, dass sie mit ihrem Boot in Mummark nicht anlegen können. „Es dreht sich 2024 um 800 weniger Segelgäste. Normalerweise liegen wir bei 3.000 Booten. Diesmal kamen wir nur auf 2.200“, so Kock. Auch beim Camping wurden Einbußen verzeichnet. Nur das Restaurant konnte sein Niveau halten. Um der gebeutelten Kasse wieder auf die Sprünge zu helfen, wird das Restaurant in diesem Winter geöffnet bleiben.

Auf der Terrasse können die Gäste wieder getrost eine Pause einlegen. Foto: Karin Riggelsen

Die Badebrücke des lokalen Badeklubs war sturmversichert. Aber auch die Mitglieder erhielten ein Nein von ihrer Versicherung. 

Sie fühlen sich nicht fair behandelt

Carsten Kock und Steven Andersson haben in den zwölf vergangenen Monaten viele Ohrfeigen erhalten. Sie geben aber nicht auf. 

„Es war heftig, als alles zerstört wurde. Wir ackern hier jeden Tag, kommen dann heim, schalten den Fernseher ein und hören von den Millionen oder Milliarden, die in die Ukraine geschafft werden. Aber wir erhalten nur einen ganz kleinen Betrag“, so Carsten Kock. Er und Steven Andersson fühlen sich vergessen und beiseitegeschoben. Sie bekommen nichts, weil die Außenmole nicht versichert war. 

Es hätte noch schlimmer kommen können

Laut einem Masterplan könnten in Mummark ein größerer Industriehafen und auch weitere 160 bis 170 neue Segelbootplätze eingerichtet werden. „Dann könnten die Fischer aus Sonderburg ja zu uns kommen. Aber dann müsste die Kommune einen Teil finanzieren. Und darauf sind sie im Augenblick ja noch überhaupt nicht eingestellt“, so Kock. Im Masterplan wurden auch Plätze für Hausboote und Servicegebäude geschaffen. Das Projekt wird mit 130 bis 150 Millionen beziffert. 

Die Sturmflut hat Carsten Kock und Steven Andersson also Nerven und auch viel Geld gekostet. Aber es hätte noch schlimmer kommen können: „Niemand wurde verletzt. Zerstört wurde nur Material, und das kann ersetzt werden.“ Er weiß, dass die Häfen in Deutschland mit den gleichen finanziellen Problemen zu kämpfen haben. 

 

Beim Besuch der Presse in der Mommark Marina stürmte es und die Wellen zischten an Land. Ein Fotograf fotografierte das Szenario von der Badebrücke aus. Foto: Karin Riggelsen

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