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Waffenexport nach Kolumbien: BGH prüft Einzug von Firmengeld

Waffenexport nach Kolumbien: BGH prüft Einzug von Firmengeld

Waffenexport nach Kolumbien: BGH prüft Einzug von Firmengeld

dpa
Karlsruhe
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Der Dritte Strafsenat beim Bundesgerichtshof eröffnet die Verhandlung. Foto: Uli Deck/dpa

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Genehmigt waren sie für die USA - doch dann landeten Tausende von Pistolen in Kolumbien. In welcher Höhe kann bei Ausfuhrverstößen Firmengeld eingezogen werden? Das prüft der BGH am Beispiel des Waffenherstellers Sig Sauer.

Eine nicht genehmigte Ausfuhr von Pistolen des Waffenherstellers Sig Sauer nach Kolumbien beschäftigt den Bundesgerichtshof (BGH). Das höchste deutsche Strafgericht soll klären, ob der Staat 11,1 Millionen Euro des angenommenen Gewinns aus dem Deal einziehen darf. Der Waffenhersteller hatte zwischen 2009 und 2011 mehr als 47 000 Pistolen vom Typ SP 2022 an eine Schwesterfirma in die USA geliefert. Davon wurden mehr als 38 000 nach Kolumbien re-exportiert. Genehmigt war allerdings nur die Ausfuhr nach Amerika. Der Fall werfe zahlreiche Rechtsfragen auf, sagte der Vorsitzende Richter Jürgen Schäfer am Donnerstag bei der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe. Der BGH will am 1. Juli (14.00 Uhr) sein Urteil verkünden.

Das Landgericht Kiel hatte im April 2019 Bewährungsstrafen und hohe Geldauflagen gegen drei Angeklagte verhängt. Es sah es als erwiesen an, dass die früheren Geschäftsführer des Standorts Eckernförde ausfuhrverantwortlich waren für das Waffengeschäft.

Dem BGH liegen nun Revisionen von drei Gesellschaften des Unternehmens gegen das Kieler Urteil vor (Az. 3 StR 518/19). Sie wenden sich gegen die Einziehung der 11,1 Millionen Euro - aus Sicht des Gerichts der Gewinn aus den illegalen Waffenlieferungen nach Kolumbien.

Die drei Gesellschaften von Sig Sauer fordern eine Aufhebung des Landgerichtsurteils. Sie sind der Meinung, dass die Ausfuhren auch als Re-Export nach Kolumbien prinzipiell genehmigungsfähig gewesen wären. Sie verwiesen auch darauf, dass ein Teil der Waffen im Bestimmungsland USA blieb.

Aus Sicht des Vertreters der Bundesanwaltschaft müssen die Revisionen hingegen im vollem Umfang verworfen werden. «Es handelte sich durchweg um verbotene Ausfuhren.»

Friedensaktivisten hoffen, dass der BGH das Urteil bestätigt. «Es wäre ein abschreckendes Signal an die Rüstungsindustrie», sagte Holger Rothbauer, Anwalt der «Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel», der 2014 im Namen der Kampagne Anzeige gegen Sig -Sauer-Verantwortliche erstattete. «Die Höhe der Einziehung im Sig-Sauer-Fall ist historisch», meinte er. Das Urteil des Landgerichts habe der Rüstungsindustrie mit der Einziehung des gesamten Verkaufserlöses klar gemacht: «Illegaler Waffenhandel lohnt sich nie.»

Rothbauer verwies auf das Urteil desselben BGH-Senats zu Heckler & Koch am 30. März. Dabei hatte der BGH bestätigt, dass die Einziehung von mehr als drei Millionen Euro für rechtswidrige Waffenexporte nach Mexiko rechtens waren (Az. 3 StR 474/19). Nach Angaben eines SIG-Sauer-Anwaltes unterscheidet sich der aktuelle Fall aber «in allen Punkten» von dem Heckler&Koch-Fall.

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