Schleswig-Holstein & Hamburg

«Auf den Spuren des Kalten Krieges»: Sonderausstellung

«Auf den Spuren des Kalten Krieges»: Sonderausstellung

«Auf den Spuren des Kalten Krieges»: Sonderausstellung

dpa
Molfsee (dpa/lno) -
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Bedrückend, bedrohlich, auch skurril - Eine Sonderausstellung im Freilichtmuseum Molfsee versetzt Besucher in die Zeit des Kalten Krieges. Schleswig-Holstein war während der Ost-West-Konfrontation in einer besonderen Lage.

Ein nachgestellter Atombunker, TV-Sequenzen von Paraden mit Atomraketen in Moskau, David Hasselhoff singt nach dem Fall der Berliner Mauer in Berlin «Looking for Freedom» - an die jahrzehntelange Ost-West-Konfrontation im Kalten Krieg erinnert eine Sonderausstellung im Freilichtmuseum Molfsee bei Kiel. Sie führt den Besuchern eine Zeit vor Augen, in der die Angst vor einem Atomkrieg den Alltag der Menschen überschattete. Aufrüstung, Kuba-Krise, die Kriege in Korea, Vietnam und Afghanistan, der wechselseitige Boykott Olympischer Spiele - über Jahrzehnte prägte Konfrontation das Weltgeschehen. Wie Museumsdirektor Wolfgang Rüther am Donnerstag sagte, haben im ersten Monat rund 2500 Interessierte die Ausstellung besucht.

Jeder sei auf eine andere Weise fasziniert oder erschüttert. Das Ausstellungsthema sei aufgrund der Entwicklungen in jüngerer Zeit heute wieder hochaktuell, sagte Rüther. Die Sonderausstellung «Auf den Spuren des Kalten Krieges» soll noch mindestens bis Sommer nächsten Jahres zu sehen sein.

Mit der Lage der Hansestadt Lübeck und des Kreises Herzogtum Lauenburg an der Grenze zur DDR und der geteilten Ostseeküste war in Schleswig-Holstein die Ost-West-Konfrontation besonders präsent. Das Land hatte deshalb auch eine besonders hohe Bundeswehr-Dichte.

Mit Atombunkern wollte die Bundesrepublik Bürger für den schlimmsten Fall der Fälle schützen. Ein solcher Bunker war Teil der Tiefgarage unter dem Kieler Schlossplatz - die Ausstellung stellt seine Einrichtung nach. In schmalen einfachsten Dreistockbetten sollten die Insassen in drei Schichten schlafen. In einem Regal liegt Toilettenpapier, daneben stehen bunte Trinkflaschen für Kinder. Wasser wäre extrem knapp gewesen in dem Bunker. Dort sollten im Falle eines militärischen Angriffs 2000 Menschen bis zu 14 Tage lang Schutz finden. Und dann?

Sie wären nach einem Atomschlag in eine verstrahlte Außenwelt herausgegangen, sagte der Vorsitzende des Museum-Fördervereins, Utz Schliesky. «Die Ausstellung zeigt die Absurdität und Hilflosigkeit, in der man damals gelebt hat.» Immerhin habe man sich damals gedanklich auf den Ernstfall vorbereitet, während es heute eine grenzenlose Naivität gebe. Für die Sonderausstellung brachte der Förderverein 200 000 Euro auf.

Die Ausstellung spielt Szenarien durch, wie sich das Leben im Bunker nach einem Atomschlag abgespielt haben könnte. Es ist die Premierenausstellung im neuen, architektonisch markanten «Jahr100Haus» des Museums, dessen Bau rund zwölf Millionen Euro gekostet hat.

Eine Zeitleiste vom Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 bis zum Zerfall des Ostblocks 1991 markiert die Entwicklung der atomaren Bedrohung: Die Zahl der Atomwaffen stieg in diesem Zeitraum von zwei auf 48 992. Die Sonderausstellung zeigt auf einer Fläche von 390 Quadratmetern Alltagsgegenstände aus der Zeit des Kalten Krieges bis hin zu Spielkarten mit Panzern und Kriegsspielzeug. Zu sehen ist auch ein Gerät, das die Höhe eines Atompilzes messen sollte.

Die Exposition verweist auch auf Hits aus dieser Zeit, die sich mit der Ost-West-Konfrontation auseinandersetzten, wie Nenas «99 Luftballons», Geier Sturzflugs «Besuchen Sie Europa (Solange es noch steht)» und Udo Lindenbergs «Sonderzug nach Pankow». Auf Karten können Besucher ihre persönlichen Erinnerungen an den Kalten Krieg aufschreiben. Andere können sie nachlesen.

Das Freilichtmuseum, das ansonsten von historischen Gebäuden aus Schleswig-Holstein geprägt ist und 500 Jahre Alltagskultur im Land beleuchtet, empfing im April unter den Corona-Bedingungen insgesamt 5500 Besucher.

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