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Senat will Ausgangsbeschränkung in Hamburg aufheben

Senat will Ausgangsbeschränkung in Hamburg aufheben

Senat will Ausgangsbeschränkung in Hamburg aufheben

dpa
Hamburg (dpa/lno) -
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Seit fünf Wochen dürfen Hamburgs Bürger wegen der Corona-Pandemie ihre Wohnungen nachts nicht verlassen. Das soll am Mittwoch ein Ende haben. Bürgermeister Tschentscher kündigte ein Ende der Ausgangsbeschränkung an - sofern die Infektionslage stabil bleibt.

Nach Monaten teils harter Corona-Einschränkungen lockert Hamburgs rot-grüner Senat die Zügel. So sollen die seit fünf Wochen in Hamburg zwischen 21.00 und 5.00 Uhr geltenden nächtlichen Ausgangsbeschränkungen am Mittwoch (12. Mai) fallen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz der Corona-Neuinfektionen an fünf Werktagen unter 100 und die Infektionslage stabil bleibt, wie Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Freitag nach einer Sondersitzung des Senats sagte. Am Freitag lag die Inzidenz mit 92,3 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner in einer Woche den dritten Tag unter diesem Wert.

«Ich bedanke mich sehr herzlich bei allen Bürgerinnen und Bürgern, die das durch ihre Disziplin in dieser schwierigen Lage ermöglicht haben, denn eine Ausgangssperre ist eine starke Einschränkung für unsere Freiheit, aber sie ist eben auch sehr wirksam, und sie war dringend erforderlich», sagte Tschentscher. Seit Einführung der Ausgangsbeschränkung Anfang April sei die Sieben-Tage-Inzidenz von fast 140 auf etwa 78 gefallen, die Zahl der Covid-19-Intensivpatienten von 120 auf 82. «Das zeigt, dass wir die dritte Welle gebrochen haben.»

Nach dem Ende der Mai-Ferien am 17. Mai sollen auch wieder alle Schülerinnen und Schüler im Wechselunterricht an die Schulen zurückkehren. Derzeit dürfen nach Angaben der Schulbehörde nur rund 60 Prozent der 200 000 Schüler der allgemeinbildenden Schulen im Wechselunterricht lernen, rund 40 Prozent lernen ausschließlich zu Hause. Seit Mitte März sind bereits die Grund- und Sonderschüler sowie die Abschlussklassen der weiterführenden Schulen im Wechselunterricht.

Darüber hinaus sollen die Kitas vom erweiterten Notbetrieb in den eingeschränkten Regelbetrieb wechseln. Damit ist dann in jedem Fall eine Betreuung von 20 Stunden an mindestens drei Tagen gewährleistet. Bisher sind die Kitas grundsätzlich geschlossen. Kinder werden nur im Notfall betreut.

Auch soll Sport im Freien mit bis zu zehn Kindern und außerschulische Musik für Kinder und Jugendliche wieder möglich sein, sagte Tschentscher. Zudem soll die generelle Maskenpflicht auf Spielplätzen nur noch gelten, wenn die Mindestabstände nicht eingehalten werden können.

«Damit halten wir auch das ein, was wir immer angekündigt haben, nämlich den Fokus auf die Kleinen und die Jugendlichen zu haben», sagte Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne). Bürgermeister Tschentscher betonte: «Wir wollen dann auch die Gedenkstätten, Museen und Ausstellungshäuser ab dem 17. Mai wieder öffnen.» Voraussetzung seien jedoch strenge Hygiene- und Kontaktregelungen sowie eine Testpflicht.

Sollte das erfolgreich sein, könnten 10 bis 14 Tage später - frühestens am 22. Mai - weitere Lockerungen folgen und der Einzelhandel wieder öffnen - mit einer Testpflicht für die Kundinnen und Kunden sowie Kontaktnachverfolgung. «Wir möchten dann sehr gerne auch die Kontaktbeschränkungen erweitern auf fünf Personen aus zwei Haushalten, kontaktfreien Sport für Erwachsene ermöglichen (...) und Kindergeburtstage (von bis zu zehn Kindern) wieder zulassen.» Auch körpernahe Dienstleistungen sollen dann insgesamt wieder möglich sein.

Weitere zehn bis 14 Tage später - möglichst Anfang Juni - sollen mit einer dritten Öffnungsstufe weitere Lockerungen möglich sein. Das beträfe dann unter anderem die Außengastronomie und Veranstaltungen im Freien. Ganz am Ende, in einem vierten Öffnungsschritt, wären dann die Bereiche Gastronomie, Hotellerie, Beherbergungswesen und touristische Angebote an der Reihe. Tschentscher betonte, man müsse schrittweise vorgehen, «damit wir keinen Rückfall erleiden, sondern uns jetzt sicher aus der Krise herausbewegen».

Die Handelskammer reagierte enttäuscht auf den Lockerungsplan des rot-grünen Senats. «Die aktuelle Infektionsdynamik und das Infektionsschutzgesetz hätten für Hamburg umfangreichere Öffnungen zugelassen», sagte Handelskammer-Präses Norbert Aust. Ähnlich äußerte sich Handwerkskammer-Präsident Hjalmar Stemmann: «Gerade hellte sich die Stimmung wegen der Mut machenden Bundesbeschlüsse etwas auf - und nun dieser Dämpfer.» Der Stufenplan werde den Unternehmen kaum zu vermitteln sein. «Behutsame Öffnungsschritte wären an der Zeit gewesen.»

Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard (SPD) rief unterdessen Beschäftigte im Öffentlichen Nahverkehr und in der Jugendarbeit zur Corona-Schutzimpfung auf. «Wer unsere Busse und Bahnen fährt, hält Hamburg in Bewegung, kann das aber natürlich nicht aus dem Homeoffice.» Mitarbeiter von Jugendfreizeiten seien zur Impfung aufgerufen, um im Sommer wenigstens einige Angebote für Kinder und Jugendliche möglich zu machen. Berechtigt seien auch in relevanter Position Beschäftigte von Apotheken und medizinischen Laboren.

Nach der Astrazeneca-Freigabe für alle Bürger warb Leonhard für das Präparat. «Das ist ein sehr guter Impfstoff. Der hat eine sehr hohe Schutzwirkung. Nutzen Sie den. Sie schützen sich und andere damit. Lassen Sie sich diese Chance nicht entgehen», sagte sie am Donnerstagabend im «Hamburg Journal» des NDR. Zuvor hatten die Gesundheitsminister von Bund und Ländern beschlossen, dass die Hausärzte künftig Astrazeneca ohne Rücksicht auf die gültige Vorrangliste spritzen können.

Seit Ausbruch der Pandemie haben sich nach Angaben der Gesundheitsbehörde nachweislich 73 630 Hamburger mit Sars-CoV-2 infiziert. 65 500 von ihnen gelten dem RKI zufolge als genesen. Bis einschließlich Donnerstag waren in Hamburg nach RKI-Angaben 578 853 Menschen mindestens einmal, 146 013 Einwohner vollständig geimpft. Bei den Impfquoten liegt Hamburg mit 31,3 Prozent der Bevölkerung bei den Erstimpfungen und 7,9 Prozent bei den Zweitimpfungen etwas unter dem bundesweiten Schnitt.

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