Schleswig-Holstein & Hamburg

Reisewelle ausgeblieben: Günther verteidigt Einschränkungen

Reisewelle ausgeblieben: Günther verteidigt Einschränkungen

Reisewelle ausgeblieben: Günther verteidigt Einschränkungen

dpa
Hamburg/Kiel (dpa/lno) -
Zuletzt aktualisiert um:
Bunte Ostereier hängen an einem Baum in einem Garten. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa/Symbolbild

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Tausende Tagestouristen an den Stränden und auf den Promenaden Schleswig-Holsteins waren befürchtet worden. Bewahrheitet hat sich das nicht. Bislang ist die Oster-Reisewelle ausgeblieben.

Der befürchtete Oster-Ansturm von Tagestouristen in Schleswig-Holstein ist vorerst ausgeblieben. Entgegen allen Erwartungen blieb die Reisewelle hin zu den Küsten und auf die Inseln im Norden Deutschlands auch am Samstag aus. Bereits am Karfreitag war die Verkehrslage auf Schienen und Straßen in Richtung Nord- und Ostsee ruhig - dieses Bild verfestigte sich am Samstag. Die Autobahnpolizei Scharbeutz sprach von einem «ganz normalen Verkehrsfluss an einem Sonnabend», ohne Staus oder größere Verkehrsbehinderungen.

Trotz des sonnigen Wetters war die Lage an der Lübecker Bucht ebenfalls ruhig. Zwar sei die Polizei mit einigen Streifenwagen zwischen Travemünde und Fehmarn unterwegs gewesen, zu Problemen oder Verstößen gegen Corona-Regeln sei es bis zum Samstagmittag jedoch nicht gekommen.

Auch auf Sylt blieb der große Touristenansturm aus. Nach Angaben der Polizei reisten hingegen einige Zweitwohnungsbesitzer an. «Im Vergleich zu den Osterfeiertagen vor der Pandemie ist das Touristenaufkommen aber eher gering», erklärte ein Sprecher der Leitstelle Nord. Das könne auch daran liegen, dass die Freizeit-Aktivitäten auf der Insel weiterhin eingeschränkt seien, vermutet der Polizeisprecher.

Anders als im Ostsee-Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern, wo Urlaubs- und Tagestourismusfahrten wegen der Corona-Pandemie grundsätzlich untersagt sind, sind die Regeln in Schleswig-Holstein etwas lockerer. So dürfen Tagestouristen von überallher einreisen. Zudem dürfen Eigentümer, die ihre Ferienwohnungen und -häuser nicht selbst nutzen, diese Verwandten oder Freunden unentgeltlich überlassen. Die Urlaubsorte in Schleswig-Holstein hatten deshalb befürchtet, es könnten zu viele Menschen zu Ostern kommen.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) verteidigte unterdessen die jüngsten Verschärfungen der Corona-Auflagen in einigen Kreisen. «Ein Stufenplan bedeutet auch, dass die Maßnahmen bei steigenden Zahlen wieder verschärft werden. Deshalb haben wir in drei Kreisen, in denen die Inzidenz über 100 liegt, die Notbremse gezogen», sagte der CDU-Politiker in einem Interview des «Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags» (Samstag). Er appellierte erneut an die Bürger, Kontakte zu reduzieren, um nach Ostern keine steigenden Corona-Zahlen zu haben. Er warnte: «Zwei Drittel aller Infektionen entstehen bei privaten Treffen.»

Günther nannte die bei der Pandemiebekämpfung inzwischen umstrittene Ministerpräsidentenkonferenz zwingend notwendig. Allerdings sollten die Sitzungen in Präsenz und nicht als Videokonferenz stattfinden, um im geschützten Raum diskutieren zu können - ohne dass gleich vermeintliche Beschlüsse über die Nachrichtenticker laufen. «Die Handys werden abgegeben, und anschließend präsentieren wir gemeinsam die Ergebnisse. Das würde dazu beitragen, Vertrauen zurückzugewinnen», sagte der Ministerpräsident.

Der Infektionsmediziner Helmut Fickenscher geht dagegen davon aus, dass der Bund angesichts der stark steigenden Corona-Zahlen in Deutschland und der Haltung einiger Länder demnächst eingreifen wird. «Für Deutschland insgesamt sehe ich Handlungsbedarf», sagte der Präsident der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten der Deutschen Presse-Agentur. «Die großen Warnrufe sind da nicht so wirklich falsch.» Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte erklärt, sie denke über klarere Vorgaben an die Länder nach.

Schleswig-Holstein habe mit der niedrigsten Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland zwar eine Sonderrolle, sagte Fickenscher. «Wenn aber Entscheidungen bundesweiter Tragweite notwendig sein sollten, wird sich Schleswig-Holstein nicht verschließen können.» Die Sieben-Tage-Inzidenz lag am Karfreitag im Norden nach Angaben des Gesundheitsministeriums bei 72,5. Vor einer Woche hatte die Zahl der Corona-Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen bei 65,5 gelegen. Der bundesweite Durchschnitt betrug laut Robert Koch-Institut am Samstagmorgen 131,0.

Zwei Kreise in Schleswig-Holstein überschritten die Marke von 100 Corona-Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner: Segeberg (132,8) und Pinneberg (118,9). Die Zahl der gemeldeten Corona-Neuinfektionen lag bei 340 (Donnerstag: 358). Am Freitag vergangener Woche waren es 378. Die Zahl der Corona-Toten stieg um einen Fall auf 1439. Im Krankenhaus wurden 183 Corona-Patienten behandelt, 54 von ihnen intensivmedizinisch; 32 wurden beatmet. Etwa 43 200 Menschen sind nach einer Infektion den Angaben zufolge inzwischen genesen.

Das RKI weist darauf hin, dass an den Osterfeiertagen meist weniger Tests gemacht und gemeldet werden. Zudem könne es sein, dass nicht alle Gesundheitsämter und zuständigen Landesbehörden an allen Tagen an das RKI übermitteln.

Mehr lesen