Schleswig-Holstein & Hamburg

Osterruhe war gemeinsamer Fehler: Kritik am Regierungschef

Osterruhe war gemeinsamer Fehler: Kritik am Regierungschef

Osterruhe war gemeinsamer Fehler: Kritik am Regierungschef

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein. Foto: Frank Molter/dpa/Archivbild

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Erst harter Ostern-Lockdown und dann doch nicht - das Hin und Her der Bundesregierung löst im Landtag Fassungslosigkeit, Erleichterung und Enttäuschung aus. Die Vorgänge ernten Kritik von allen Seiten. Aber auch der Regierungschef bekommt in munterer Debatte sein Fett weg.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat den geplanten und am Mittwoch kassierten Ostern-Lockdown als Fehler bezeichnet und sich zu seiner Mitverantwortung bekannt. Am Ende habe auch er zugestimmt, sagte der CDU-Politiker im Landtag. «Es war eine falsche Entscheidung, die wir getroffen haben und die wir heute korrigiert haben», betonte Günther. «Es ist unsere gemeinsame Verantwortung gewesen, keine alleinige Entscheidung der Bundeskanzlerin.» Günther bekundete Angela Merkel großen Respekt dafür, dass sie die Verantwortung übernommen habe.

Der Bund hatte in der Nacht zum Dienstag in der Konferenz mit den Ministerpräsidenten einen harten fünftägigen Ostern-Lockdown durchgesetzt, das Vorhaben dann aber am Mittwoch nach massiver Kritik gestoppt. Merkel nannte das Ganze ihren Fehler. Es habe zusätzliche Verunsicherung ausgelöst. «Das bedauere ich zutiefst, und dafür bitte ich alle Bürgerinnen und Bürger um Verzeihung.»

Der Plan, kurzfristig Gründonnerstag zum Feiertag zu erklären und am Karsamstag nur Lebensmittelläden zu öffnen, hatte in Kiel Unmut und Unverständnis ausgelöst. «Schwachsinn», raunte ein Kabinettsmitglied in der Lobby. «Zum Glück», hieß es in CDU-Reihen nach Merkels Umkehr in der Hoffnung, zur Bundestagswahl möge alles nicht zu sehr schaden.

«Was zum Thema Ostern verabredet worden ist, stößt auf erhebliche Umsetzungsschwierigkeiten, die vom Bund bis heute nicht geklärt werden konnten», sagte Günther Journalisten vor Merkels Kehrtwende. Er hatte beim Gipfel vergeblich versucht, die Ostern-Debatte zu vertagen.

Günther mahnte eine bessere Vorbereitung der Gipfel an: «Wir müssen das besser machen als bei dieser Konferenz». Günther bekräftigte die Ankündigung, dass die Außengastronomie bei Corona-Inzidenzen unter 100 ab 12. April öffnen soll. Im Land wurden am Dienstagabend 58,4 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen gemeldet - der zweitniedrigste Wert in Deutschland, dessen Schnitt 108,1 betrug.

«Die Bürgerinnen und Bürger können sich darauf verlassen, was wir sagen», sagte Günther. SPD-Fraktionschef Ralf Stegner konterte: «Ihre Ankündigungen sind das Gegenteil von Verlässlichkeit», sagte er unter Hinweis auf Aussagen Günthers zu kontaktarmem Osterurlaub im eigenen Land und einer Öffnung der Außengastronomie zum 22. März. «Die Mischung von Impfdesaster, Testchaos, administrativem Murks, falschen Versprechungen und coronabedingten Bereicherungen durch Abgeordnete - das ist das, was gerade bei Menschen ankommt, das ist ein Giftcocktail für die parlamentarische Demokratie.» Deutschlands Organisationsstärke sei eher Mythos denn Realität.

CDU-Fraktionschef Tobias Koch warf Stegner vor, die SPD sage nicht, was sie wolle. Sie fahre mit Doppelmoral und Zweizüngigkeit eine perfide Strategie. Von verantwortungsvollem Handeln in der Krise sei bei der SPD nicht viel übrig.

Zu Günthers Bedauern wird es den von ihm und vier weiteren Ländern angestrebten Osterurlaub im eigenen Land nicht geben. Dies war an der Kanzlerin und an der Mehrheit der Länder gescheitert. In Lobby und Plenum ging es munter zur Sache. Lukas Kilian (CDU) bescheinigte der Bundesregierung eine «desaströse Pandemiebewältigung». Auch CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier mache keinen guten Job.

Für Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben weist der Beschluss von Bund und Ländern wenig Perspektive. «Das Ergebnis hilft wenig, um die entnervte Bevölkerung an Bord zu halten.» Kalben forderte, über diese Konferenzen grundsätzlich zu diskutieren und die parlamentarische Beteiligung zu verbessern.

FDP-Fraktionschef Christopher Vogt nannte die Impfstoff-Lage eine Katastrophe. Die meisten Menschen glaubten nicht, dass der Bund die Zusage einhalten kann, bis kurz vor der Bundestagswahl am 26. September jedem ein Impfangebot zu machen. Auch wäre es wegen der Infektionsgefahr im privaten Bereich besser, könnten die Menschen an die Küsten fahren als sich zu Hause wechselseitig zu besuchen.

Die Ministerpräsidentenkonferenz habe ein katastrophales Bild abgegeben, sagte SSW-Fraktionschef Lars Harms. Die Bundesregierung habe vollständig versagt. Dass eines der reichsten Länder seine Bevölkerung nicht schnell impfen könne, obwohl hier der beste Impfstoff entwickelt worden sei, könne man niemandem erklären. Die Menschen hätten es satt, mit den Einschränkungen leben zu müssen. «Corona nervt, weil die Bundesregierung nichts in den Griff bekommt.»

«Was für eine Bankrotterklärung von Frau Merkel!», sagte Jörg Nobis von der AfD. Der Osterruhe-Plan sei blanker Aktionismus gewesen. Die Akzeptanz für die Corona-Maßnahmen schmelze wie Schnee in der Sonne. Günther müsse kontaktarmen Urlaub ab sofort erlauben, sagte Nobis.

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