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Landesverfassungsgericht: Volksinitiative ist unzulässig

Landesverfassungsgericht: Volksinitiative ist unzulässig

Landesverfassungsgericht: Volksinitiative ist unzulässig

dpa
Schleswig (dpa/lno) -
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Ein Windpark zeichnet sich vor dem im Abendlicht leuchtenden Himmel ab. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa/Archivbild

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Eine Volksinitiative will eine Art Vetorecht für Gemeinden bei der Windkraftplanung. Der Landtag hatte die Initiative für unzulässig erklärt. Der Streit ging vor das Landesverfassungsgericht. Das hat nun geurteilt.

Eine Art Vetorecht für Gemeinden beim Bau von Windkraftanlagen im Landesplanungsgesetz ist nicht verfassungskonform. Der entsprechende Gesetzentwurf der Volksinitiative «Für die Durchsetzung des Bürgerwillens bei der Regionalplanung Wind» Initiative verstoße gegen das Rechtsstaatsgebot und damit gegen Artikel 48 Abs.1 Satz2 der Landesverfassung, verkündete das Landesverfassungsgericht am Freitag in Schleswig. Die Initiative sei unzulässig (LVerfG 1/18).

Die Initiative will, dass die Landesplanung keine Windparkflächen in Orten ausweist, wo es dazu ablehnende Voten des Gemeinderates oder entsprechende Bürgerentscheide gibt und anderweitig genügend passende Flächen zur Verfügung stehen. Sie sammelte 20 204 gültige Unterschriften. 20 000 sind erforderlich, damit sich der Landtag mit dem Anliegen einer Volksinitiative befassen muss. Der Landtag hatte 2018 jedoch beschlossen, dass die Volksinitiative unzulässig ist. Laut Artikel 48 Landesverfassung ist die Vorlage eines «mit Gründen versehenen» Gesetzentwurfes zwar zulässig - aber «er darf den Grundsätzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaates nicht widersprechen». Genau dies tut der Gesetzesentwurf der Initiative nach Ansicht des Landtags. Die Initiative hatte daraufhin das oberste schleswig-holsteinische Gericht angerufen. Dies bestätigte nun die Auffassung des Landtages.

Das Rechtsstaatsgebot beinhaltet nach Angaben des Landesverfassungsgerichts das sogenannte Gebot gerechter Abwägungen der von einer öffentlichen Planung berührten privaten und öffentlichen Belange. Es gehe bei einer Planung stets um einen Ausgleich mehr oder weniger zahlreicher, in ihrem Verhältnis zueinander komplexen Interessen. Die von der Volksinitiative vorgeschlagene Regelung verhindere aber, dass überhaupt noch in einen Abwägungsprozess seitens der Landesplanungsbehörde eingetreten werden könne. Dabei sei die Abwägung allein aus der übergeordneten Perspektive der Landesplanung vorzunehmen. Belange von Gemeinden könnten zwar berücksichtig werden, deren Interessen dürften aber nicht ausschlaggebend für die Planung sein. Anderenfalls werde die Funktion der Landesplanung konterkariert.

Neben inhaltlichen Fragen zum Gesetzentwurf drehte es sich in der mündlichen Verhandlung Anfang August auch um die Frage, in welchen Stadium der Volksinitiative eine umfassende inhaltliche Prüfung stattfinden soll. Nach Ansicht der Initiative wird der Bürgerwille durch eine frühe Erklärung der Unzulässigkeit einer Volksinitiative behindert.

Das Landesverfassungsgericht betonte nun, dass die Landesverfassung die Kontrolle von Gesetzesentwürfen, die von Volksinitiativen vorgelegt werden, gerade nicht auf die nachträgliche verfassungsgerichtliche Prüfung beschränke, sondern ausdrücklich die präventive Kontrolle des Landtages vorsieht. Wenn ein Gesetzentwurf einer Volksinitiative gegen das Rechtsstaatsgebot verstoße, dürfe der Landtag «unabhängig von politischen Erwägungen zum Gesetz«» nicht deren Zulässigkeit feststellen.

Landtagspräsident Klaus Schlie (CDU) begrüßte das Urteil, «das die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Landtages bestätigt». Die Entscheidung des Landesverfassungsgerichts untermauere die langjährige parlamentarische Praxis.

Der Bevollmächtigte der Volksinitiative, Wilhelm Mecklenburg, sagte hingegen, das Urteil sei verfassungsrechtlich nicht in Ordnung. Es missachte den Grundsatz von Volksinitiativen für Gesetzgebungsverfahren - dass diese parallel laufen und soweit wie möglich imitieren sollen, wie der Landtag selber verfährt -, indem es den Grundsatz einer umfassenden präventiven Kontrolle für einen Gesetzentwurf konstituiert, bevor dieser das Parlament erreiche. «Es ist eine sehr hohe Hürde, wenn der Landtag, effektiv der wissenschaftliche Dienst des Landtages darüber entscheiden kann, ob hier ein verfassungswidriger Kinken in dem Gesetzentwurf ist und damit ist eine Volksinitiative tot.» Dann habe man damit in einem zentralen Punkt das gesamte Instrument demontiert und diskreditiert.

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