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Karin Beier offenbart in «Kindeswohl» Gewissenskonflikte

Karin Beier offenbart in «Kindeswohl» Gewissenskonflikte

Karin Beier offenbart in «Kindeswohl» Gewissenskonflikte

dpa
Hamburg (dpa/lno) -
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Intendantin Karin Beier spricht während einer Pressekonferenz. Foto: Ulrich Perrey/dpa/Archivbild

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Regisseurin und Intendantin Karin Beier hat am Samstag die deutschsprachige Erstaufführung von «Kindeswohl» nach dem Roman des britischen Autors Ian McEwan im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg als stringentes Kammerspiel inszeniert. Auf einer bis auf eine gigantische Leuchtkasten-Decke, einige schwarze Stühle und Musiker samt ihren Instrumenten leeren Bühne entwickelte das Ensemble eine Geschichte um Leben und Tod, von der Allgemeinheit definiertes Wohl und Selbstbestimmung.

Julia Wieninger überzeugt als Londoner Familienrichterin Fiona Maye, die über den Eilantrag einer Klinik urteilen muss. Paul Behren glänzt als Jugendlicher Adam Henry, der nach dem Willen seiner Eltern trotz lebensbedrohlicher Leukämie-Erkrankung aus religiösen Gründen - die Eltern sind Zeugen Jehovas - keine Bluttransfusion erhalten soll. Doch die Richterin entscheidet für das «Kindeswohl» und der Jugendliche überlebt.

Die Inszenierung zeigt sehr präzise die Verflechtungen der Figuren auf. Der gerettete Adam wendet sich von seinem Glauben ab und umwirbt Fiona, die für ihn mit ihrem aufgeklärten Verstand zu einer quasireligiösen Instanz geworden ist. Die Richterin wiederum, selbst gebeutelt durch eine kriselnde Ehe, erkennt in ihm, seinem Talent und seiner Leidenschaft für Geigenspiel und Poesie das Wunder der Jugend. Letztlich führt der Hochmut der Beteiligten und das Verleugnen von Gefühlen zur Katastrophe.

Beier gelingt eine fast puristische Inszenierung, in der die Schauspieler und ihre musikalischen Talente zur Geltung kommen und eine Vertonung des Gedichts «Der Tod ist groß» von Rainer Maria Rilke für eine berührende metaphysische Ebene sorgt.

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