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Informatik wird Pflichtfach im Norden

Informatik wird Pflichtfach im Norden

Informatik wird Pflichtfach im Norden

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Karin Prien (CDU) spricht. Foto: Axel Heimken/dpa/Archivbild

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Mathe, Deutsch, Englisch - und bald auch Informatik. Sie soll im Norden Pflichtfach für Schüler der 7. und 8. Klassen werden. Dafür gibt es nicht nur ungeteilte Zustimmung. Die Finanzministerin reagiert gereizt.

Informatik soll in Schleswig-Holstein vom Schuljahr 2022/2023 an Pflichtfach in der Sekundarstufe I an den Gymnasien und in den Gemeinschaftsschulen werden. Vorgesehen sind für die 7. und 8. Klasse jeweils zwei Stunden in der Woche, wie das Bildungsministerium am Dienstag mitteilte.

«Mit dem Pflichtfach Informatik erreichen wir zukünftig alle Schülerinnen und Schüler ab Jahrgangsstufe 5», sagte Bildungsministerin Karin Prien (CDU). «Ein Grundverständnis davon, was eigentlich hinter Computern und Webanwendungen steckt, ist unerlässlich, um für das Leben gerüstet zu sein.» Um genügend Lehrkräfte zu gewinnen, habe das Bildungsministerium eine Informatik-Weiterbildungsoffensive gestartet. Ab dem 1. August können so zunächst 75 Lehrkräfte qualifiziert werden. Insgesamt sollen in den nächsten drei Jahren bis zu 200 Lehrkräfte für das Fach Informatik gewonnen werden.

Bei Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) löste der Vorstoß ihrer Kabinettskollegin Prien ob der absehbaren Mehrkosten keine Begeisterung aus. Sie war im Vorfeld auch nicht eingebunden. «Ich kann nur immer wieder auf die angespannte Haushaltslage hinweisen», sagte Heinold auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. «Neue Ideen müssen mit Finanzierungsvorschlägen verbunden werden.»

Zurückhaltend reagierte auch der SPD-Bildungspolitiker Martin Habersaat. Auch Ernährungskunde, Verbraucherschutz, Pädagogik, Astronomie, Glück, Verantwortung und Klimawandel seien im Laufe der Jahre als Pflichtfach gefordert worden. Da stelle sich stets die Frage, welches bisherige Fach stattdessen reduziert oder eingestellt werden solle. Natürlich seien Informatik-Inhalte wichtig - wie andere Inhalte aber auch. «Mehr Projekte und mehr Querschnitte hätten ebenfalls eine Antwort auf neue Herausforderungen sein können», sagte Habersaat. «Wir sind gespannt auf die Umsetzung.»

Das Ministerium wolle nach derzeitigem Stand erreichen, dass für die Informatik kein anderes Fach wegfällt oder reduziert wird, sagte Pressesprecher David Ermes. «Ziel ist, ab dem Schuljahr 2022/23 ein zusätzliches Stundenangebot zu machen», erläuterte er. «Natürlich ist dabei die zukünftige Haushaltslage zu beachten und gegebenenfalls muss an anderer Stelle eingespart werden.»

Es sei richtig, bei den Themen Informatik und Digitalisierung auch für jüngere Schüler Fahrt aufzunehmen, sagte der Vorsitzende des Sozialverbandes in Schleswig-Holstein, Alfred Bornhalm. Allerdings seien noch nicht alle Schulen technisch so ausgestattet, um digitalen Unterricht umfassend anzubieten. Auch bestehe großer Nachholbedarf, um Kinder aus wirtschaftlich benachteiligten Familien ausreichend mit Endgeräten auszustatten. «Bei aller Zustimmung für künftige Lehrpläne dürfen wir die Gegenwart nicht aus dem Blick verlieren.»

Informatik als Pflichtfach sei eine Kernforderung der FDP, sagte deren Landtagsfraktionsvize Anita Klahn. Jetzt müssten zügig die passenden Rahmenbedingungen gesetzt werden. «Denn ohne Fachkräfte, die Informatik auch qualifiziert unterrichten können, wird eine Verpflichtung allein keine große Wirkung zeigen.» Kurz- bis mittelfristig würden die Lehrkräfte in den Bereichen Medienkompetenz und digital gestützte Unterrichtsformate mit Schulungen fortgebildet. «Perspektivisch müssen wir die Ausbildung der Lehrkräfte im Bereich Mathematik und Informatik viel stärker als bisher in den Fokus nehmen und attraktiver gestalten.»

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