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Forscher untersuchen Weltkriegs-Wrack auf giftige Stoffe

Forscher untersuchen Weltkriegs-Wrack auf giftige Stoffe

Forscher untersuchen Weltkriegs-Wrack auf giftige Stoffe

dpa
Bremerhaven
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Das Forschungsschiff «Heincke» liegt in Bremerhaven. Foto: Annica Müllenberg/Deutsches Schifffahrtsmuseum/dpa

Über 120 militärische Wracks liegen allein in der deutschen Nordsee. Welche Gefahr geht von deren Munition und Waffen aus? Forscher haben erstmals Proben von einem Wrack bei Helgoland genommen. Mit einem Ergebnis ist im Herbst zu rechnen.

Welche Giftgefahr geht von Weltkriegswracks in der Nordsee aus? Das wollen Wissenschaftler mithilfe von an einem Wrack genommenen Proben herausfinden. Bei einer viertägigen Forschungsfahrt mit der FS «Heincke», die am Sonntag in Bremerhaven endete, wurden am 1914 versenkten Kreuzer «Mainz» außerdem Miesmuscheln ausgesetzt. Sie sollen in drei Monaten wieder eingesammelt und ebenfalls untersucht werden. «Wir versuchen, Fakten zu schaffen», sagte Philipp Grassel, Unterwasser-Archäologe am Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven.

Die Forscher wollen analysieren, ob die im Wrack liegenden Kampfmittel krebserregende Stoffe wie TNT absondern und ob diese von Organismen aufgenommen werden. Die Sediment- und Wasserproben sowie Organismen, die von der Wrackhülle abgekratzt wurden, sollen im Labor untersucht werden. Später werden auch die Miesmuscheln analysiert. Diese wirken wie Filter und lagern eventuell austretende Stoffe in ihrem Fleisch an, sagte Matthias Brenner, Meeresbiologe am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven. Mit einem Ergebnis rechnen die Forscher erst in einigen Monaten.

Bei einem ähnlichen Projekt vor zwei Jahren in der Ostsee in Gebieten, wo Munition verklappt worden war, hatten Wissenschaftler bereits giftige Ausströmungen entdeckt. «Wir vermuten, dass es in der Nordsee ähnlich ist», sagte Matthias Brenner.

Dazu komme, dass sich auf dem Nordseeboden viel mehr Kriegsgerät als in der Ostsee befinde. In den mindestens 120 militärischen Wracks allein in der deutschen Nordsee lägen auch Waffen, Munition, Öle und Treibstoff. Die «Mainz» sei exemplarisch als Untersuchungsobjekt ausgesucht worden, weil sie noch relativ gut erhalten sei, sagte Grassel: «Außerdem sind vermutlich verschiedene Arten von Munition an Bord.»

Über die Auswirkungen, die die Altlasten aus den Weltkriegen auf die Umwelt haben, ist bisher wenig bekannt. Ein europäisches Forschungsteam unter Leitung des Deutschen Schifffahrtsmuseums sucht daher im Rahmen des «North-Sea-Wrecks»-Projekts nach Antworten. Beteiligt sind neben Deutschland auch Belgien, die Niederlande, Norwegen und Dänemark. In der deutschen Nordsee sollen noch drei weitere Expeditionsfahrten stattfinden, die nächste ist für September geplant.

Die vorläufigen Projektergebnisse werden ab August der Öffentlichkeit in einer Wanderausstellung präsentiert. Nach dem Start im Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven wird die Schau in allen am Projekt beteiligten Ländern zu sehen sein.

Im nächsten Jahr soll in einem neuen Projekt auch die mögliche Gefahr untersucht werden, die von Munitionsverklappungsgebieten in der Nordsee ausgeht, kündigte Matthias Brenner an. Nach offiziellen Schätzungen liegen allein in der deutschen Nordsee rund 1,3 Millionen Tonnen Munition aus Weltkriegszeiten.

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